Wie Universitäten Plagiatsvorwürfe prüfen:Mal streng, mal vertraulich

Guttenberg wurde in seiner Doktorarbeit von der Uni Bayreuth "bewusste Täuschung" nachgewiesen, bei Chatzimarkakis wurde diese Frage gar nicht erst gestellt. Universitäten prüfen Fälschungsvorwürfe gegen Politiker sehr unterschiedlich - manches wird gar nicht untersucht.

Roland Preuß

Jorgo Chatzimarkakis dürfte glimpflich davonkommen. Die Universität Bonn entzog ihm vergangene Woche zwar den Doktortitel, der Europaabgeordnete hatte zahlreiche fremde Texte wissenschaftlich unsauber übernommen. Doch die entscheidende Frage, ob Chatzimarkakis bewusst getäuscht hat, ließ seine Fakultät offen. Und so konnte der FDP-Politiker erleichtert verkünden, die Uni habe ihm ja keine "Täuschungsabsicht" vorgeworfen. Er steht nur als Schlamper da, nicht als Betrüger.

Jorgo Chatzimarkakis

Jorgo Chatzimarkakis wird sein Doktorgrad ohne nähere Begründung entzogen - bei Guttenberg war das anders.

(Foto: dapd)

Wer einen Blick in die Promotionsordnung der Hochschule wirft, muss darüber staunen. Dort heißt es, ein Doktortitel dürfe nachträglich nur dann entzogen werden, wenn sich "der Doktorand einer Täuschung schuldig gemacht hat". Dies müsste die Uni also ausdrücklich feststellen. Doch das tat sie nicht. Der Titel sei nicht nach der Promotionsordnung, sondern aufgrund des Verwaltungsverfahrensgesetzes entzogen worden, wonach falsche Verwaltungsakte zurückgenommen werden können, sagt der Juraprofessor Wolfgang Löwer, der an dem Verfahren beteiligt war.

Eine nähere Begründung ist dann nicht nötig. So war zunächst auch die Uni Bayreuth im Fall Karl-Theodor zu Guttenberg vorgegangen. Die Promotionsordnung verkommt so zu bedeutungslosem Zierwerk. Auch dass Chatzimarkakis eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, wissenschaftlich sauber gearbeitet zu haben, spielt keine Rolle. Eigentlich ist es strafbar, eine falsche Versicherung abzugeben. Doch weil nicht geregelt worden sei, an welche Behörde sich die Erklärung richte, sei sie "unwirksam", sagt Löwer.

Der Fall Chatzimarkakis zeigt, wie unterschiedlich die Universitäten die Plagiatsfälle von Politikern aufarbeiten: Mal wird der Titel einfach wegen unsauberen Zitierens entzogen wie im Fall Chatzimarkakis und seiner FDP-Kollegin im Europaparlament, Silvana Koch-Mehrin. Ihr hatte die Uni Heidelberg den Doktor wegen Plagiaten aberkannt, wogegen Koch-Mehrin mittlerweile Widerspruch eingelegt hat. Mal wird genauer geprüft wie im Fall Guttenberg. Bei ihm stellte die Universität Bayreuth im Nachhinein fest, er habe bewusst getäuscht. Warum ist der CSUler also strenger behandelt worden als die FDP-Politiker?

Guttenbergs Bumerang

Guttenberg hatte öffentlich gesagt, dass er an der Aufklärung der Plagiatsvorwürfe mitwirken wolle. Deshalb konnte er der Universität schwerlich verbieten, die Angelegenheit genauer zu untersuchen. Der öffentliche Druck auf ihn und die Universität war gewaltig. "Das Verfahren wäre nicht möglich gewesen, wenn er nicht zugestimmt hätte", sagt Löwer, der auch an dieser Prüfung beteiligt war. Guttenbergs Entscheidung sollte sich als Bumerang erweisen.

Auch der niedersächsische Kultusminister Bernd Althusmann muss mit einer gründlichen Prüfung rechnen. Dem CDU-Politiker wird vorgeworfen, in seiner Doktorarbeit unsauber zitiert zu haben, allerdings weit weniger dreist als Guttenberg. Ähnlich wie der Ex-Verteidigungsminister hat er angekündigt, transparent mit den Vorwürfen umzugehen. Sollte sich seine Universität Potsdam für ein Verfahren entscheiden, so müsste sie ihrer Satzung entsprechend prüfen, ob Althusmann absichtlich getäuscht hat. Das Ergebnis kann sie veröffentlichen.

Nicht scharf auf eine Veröffentlichung

Ganz anders die Universität Bonn: Sie wird Chatzimarkakis kommende Woche lediglich einen Bescheid mit einer Begründung des Titelentzugs senden, veröffentlicht wird er nur, wenn der Politiker das selbst wünscht. Doch der scheint nicht sehr scharf darauf zu sein: "Die Uni tut's nicht, warum sollte ich das tun?", sagte Chatzimarkakis der Süddeutschen Zeitung. Endgültig entscheiden wolle er jedoch erst, wenn er den Brief gelesen habe.

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