Wettbewerbsverbot:Darf ich zur Konkurrenz wechseln?

Dem Arbeitgeber muss man treu sein. Führungskräfte dürfen oft auch nach Vertragsende nicht zur Konkurrenz wechseln.

Im laufenden Arbeitsverhältnis muss man dem Arbeitgeber treu sein und darf ihm keine Konkurrenz machen. Für manche Angestellte gilt das auch nach Vertragsende.

(Foto: Jessy Asmus)
  • Angestellte, die unterschrieben haben, nicht zur Konkurrenz zu wechseln, können davon zurücktreten, wenn eine Entschädigung ausbleibt.
  • Darüber gestritten hatten ein Mann und sein ehemaliger Arbeitgeber, der das vereinbarte Geld wochenlang nicht zahlte.
  • Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden: Der Mann bekommt nur einen Teil der vereinbarten Entschädigung - weil er seinen Ärger auf die falsche Art äußerte.

Von Larissa Holzki

Kein Wunder, dass der Mann sauer war. Sein Arbeitgeber hatte der Führungskraft verboten, innerhalb von drei Monaten nach seiner Kündigung zu einem Konkurrenten zu wechseln. Vertraglich sauber - der Mann sollte in dieser Zeit die Hälfte seines bisherigen Lohnes bekommen. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot nennt sich diese Klausel, die oft mit leitenden Mitarbeitern vereinbart wird, damit sie bei einem Wechsel nicht wissen, was der alte Arbeitgeber gerade plant. Doch: Der Arbeitgeber zahlte nicht.

Dazu muss man wissen: Aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot kommt man nur einvernehmlich heraus. Zahlt der Arbeitgeber nicht, kann der ehemalige Angestellte seine Entschädigung einklagen. Wird der Arbeitnehmer entgegen der Abmachung im Geschäftsfeld des Altarbeitgebers tätig, kann dieser das im Eilverfahren unterbinden. "Außerdem kann er ihn auf Schadenersatz verklagen", sagt die Anwältin Alexandra Henkel. Nimmt er beispielsweise einen Stammkunden des alten Unternehmens mit, riskiert er die Einkünfte aus diesem Geschäft.

Nach einem Monat ohne Bezahlung forderte der Mann seinen ehemaligen Arbeitgeber auf, ihm binnen vier Tagen sein Geld zu überweisen. Eine weitere Woche verstrich, der Mann wurde trotzig - so zumindest beschreibt er es heute: Ich möchte Ihnen mitteilen, "dass ich mich ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden fühle", mailte er dem Ex-Arbeitgeber daraufhin.

Sage nichts, was du nicht auch so meinst

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts steht nun fest: Die Reaktion mag verständlich sein, sie war aber dumm. Denn wenn eine der Parteien den Vertrag bricht - im Falle des Arbeitgebers also nicht zahlt -, muss auch der andere sich nicht daran halten und kann von der Vereinbarung zurücktreten. Als eben solchen Rücktritt wertete das höchste deutsche Arbeitsgericht die Mail. Statt der vereinbarten Summe von insgesamt 10 120,80 Euro brutto (für drei Monate) stehen dem Kläger damit nur gut 4200 Euro für fünf Wochen zu, obwohl er nicht direkt einen neuen Job bei der Konkurrenz antrat. In erster Instanz war ihm noch die gesamte Summe zugesprochen worden.

"Für das Gericht ist nur der Wortlaut entscheidend, weil der Erklärungsempfänger nicht in den Kopf des Absenders hineinschauen kann", sagt Arbeitsrechtlerin Henkel zu dem Urteil. Was man nicht so meint, sollte man dem Chef oder der Chefin also auch nicht so sagen oder schreiben.

Dem aktuellen Chef darf niemand Konkurrenz machen

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot schließen Unternehmen in der Regel mit Angestellten, die strategische Entscheidungen treffen. Aber auch in der Beratungsbranche, bei Personalern, im Vertrieb und im Einkauf sind sie üblich. "Nur wenn jemand in seiner Position so viel Wissen über Interna und Partner erlangt, dass es Geld wert ist, ihn vom Markt zu sperren, macht so eine Klausel Sinn", sagt Alexandra Henkel. Das Verbot kann maximal für zwei Jahre ausgesprochen werden und für die Unternehmen teuer werden.

Die 50 Prozent des Lohnes, die dem unglücklichen Abteilungsleiter zugesprochen wurden, sind nur das Minimum, das dem Arbeitnehmer gesetzlich zusteht. "Das ist die Entschädigung dafür, dass derjenige in dieser Zeit nicht in der Branche tätig wird, in der er sich am besten auskennt", sagt Henkel. Im Regelfall sei das für Angestellte gar nicht so schlecht. Denn bei einem hohen Einkommen lässt es sich vorübergehend - üblich sind sechs Monate - mit der Hälfte gut leben. Und generell ist das Arbeiten auch nicht verboten: "Wer in einer anderen Branche arbeitet und dort weniger verdient, bekommt die Karenzentschädigung grundsätzlich auch", sagt Henkel. Erst bei insgesamt 110 Prozent der bisherigen Bezüge wird gekürzt.

Wer plant, sich als Geschäftsführer Wissen und Kontakte anzueignen, die er anschließend in ein eigenes Unternehmen einbringen kann, sollte seine Pläne aber überdenken, wenn er so eine Vertragsklausel entdeckt, rät die Juristin: Kühlen Beziehungen in der Karenzzeit zu sehr ab? Wie schnelllebig ist die Branche, in der ich tätig bin? Möglicherweise kann das nachvertragliche Wettbewerbsverbot diese gängige Karrierestrategie bei Führungskräften zunichtemachen.

Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt auch ohne Klausel

Solange Arbeitnehmer bei einem Unternehmen beschäftigt sind, gilt das Wettbewerbsverbot auch ohne Klausel und für sämtliche Arbeitnehmer. Das heißt: Angestellte dürfen nicht zeitgleich für eine konkurrierende Firma arbeiten oder selbständig in dem Geschäftsfeld ihres Arbeitgebers tätig werden. "Allein dass ein Unternehmen Sie bezahlt, verpflichtet Sie, ihm treu zu sein", sagt Henkel.

Zwar haben Arbeitgeber in manchen Fällen keinen Grund, eine Nebentätigkeit zu verbieten, absprechen sollte man diese aber immer: "Wer Freitag und Samstag bei Rewe kassiert und von Montag bis Mittwoch Regale bei Edeka einräumt, sollte das auf jeden Fall mit den Arbeitgebern klären", rät die Juristin. Das stehe in vielen Arbeitsverträgen auch ausdrücklich drin. Wer gegen das Wettbewerbsrecht verstößt, kann abgemahnt oder gar fristlos entlassen werden. Auch hier gilt, dass der Arbeitnehmer zum Schadenersatz verpflichtet werden kann.

Juristisch umstritten ist die Situation, wenn ein Arbeitsverhältnis endet. Viele Angestellte versuchen dann, möglichst viele Informationen und Kontakte mitzunehmen. "Die reine Vorbereitung einer selbständigen Tätigkeit ist nicht verboten", sagt Arbeitsrechtlerin Henkel. Ein angestellter Steuerberater dürfe deshalb seinen Status auf Karriereportalen schon in "Freiberufler" oder "selbständig" ändern, wenn er nicht aktiv Werbung für die eigene Selbständigkeit macht. So hat es das Landgericht Köln entschieden. Was aber nicht geht: dem alten Betrieb noch während der Arbeitszeit und am dortigen Arbeitsplatz Geschäftspartner abzuwerben.

Unmittelbar mit Ende des Arbeitsvertrags dürfen Angestellte ohne nachvertragliches Wettbewerbsverbot allerdings sofort loslegen. Der juristisch saubere Umweg zu alten und neuen Kunden: "Ehemalige Geschäftspartner, deren Kontaktdaten im Netz frei verfügbar sind, dürfen Sie ab dem ersten Tag als Unternehmer anrufen und an die gute Zusammenarbeit erinnern", sagt Henkel.

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