Weiterbildung:Drum prüfe, wer sich lange bindet

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Kündigt ein Mitarbeiter vor Ablauf der festgeschriebenen Frist, droht ein Konflikt mit dem Vorgesetzten.

(Foto: Westend61/imago)

Sie wollen sich fortbilden? Viele Arbeitgeber bezuschussen Weiterbildungen gern. Sie erwarten aber etwas dafür.

Von Christine Demmer

Zwei Jahre nach Berufseinstieg möchte der Mitarbeiter seinen Bachelor mit dem Master krönen. 36 Monate dauert das berufsbegleitende Studium, kosten wird es circa 5 000 Euro. Auf Antrag gewährt der Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe von 50 Prozent. Er knüpft daran aber die Bedingung, dass der Mitarbeiter nach Abschluss des Studiums noch drei Jahre im Unternehmen bleibt. Ist eine solche Vereinbarung rechtlich zulässig?

"Im Grunde ja", sagt Katrin Süßbrich, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Luther in Köln. "Wenn der Arbeitgeber einen Mitarbeiter für eine Weiterbildung von der Arbeit freistellt und sich an den Kosten beteiligt, dann darf er im Gegenzug den Beschäftigten für eine gewisse Zeit an sich binden." Die zulässige Höchstdauer dieser Bleibefrist hängt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter anderem von der Dauer der Weiterbildung ab.

"Bei kurzen Fortbildungen von bis zu einem Monat darf der Arbeitnehmer höchstens ein halbes Jahr gebunden werden", erklärt Süßbrich. "Bei zwei Monaten ist es schon bis zu ein Jahr, bei Lehrgängen von sechs bis zwölf Monaten sind es längstens drei Jahre und bei noch längeren Weiterbildungen, wie sie in der Regel für ein Hochschulstudium veranschlagt werden, darf die Bindefrist auch fünf Jahre betragen. Das ist die Höchstgrenze." Allerdings sei diese Staffelung nur eine Faustformel, gibt die Anwältin zu bedenken. "Am Ende ist es immer eine Einzelfallentscheidung, bei der insbesondere das Gesamtbild von Dauer, Art und Aufwand der Weiterbildung sowie die Höhe des Arbeitgeberzuschusses betrachtet werden."

Einer der Hauptfaktoren bei der Entscheidung über die Teilnahme an einer berufsbegleitenden Weiterbildung ist die Finanzierung. Der Löwenanteil der Kosten für ein Bachelor- oder Masterstudium entfällt auf die Studiengebühren. Deren Spannbreite ist gewaltig und bewegt sich etwa zwischen 10 000 und 50 000 Euro. Da nebenberuflich studierende Arbeitnehmer während der Weiterbildung einiges lernen, was sie unter Umständen schon jetzt im Beruf anwenden können, liegt es auf der Hand, ihren Arbeitgeber um eine Kostenbeteiligung zu bitten. Nur selten allerdings werden die Studiengebühren komplett übernommen. In der Regel gewähren Arbeitgeber ihren Angestellten neben zeitlicher Freistellung von der Arbeit einen Zuschuss von 20 bis 50 Prozent.

Es gibt weitaus mehr förderungswillige Arbeitgeber, als man glaubt. Nicht nur große Konzerne, sondern auch Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüfer und Anwaltskanzleien haben erkannt, dass man mit einer Beteiligung an den Fortbildungskosten die in knapper Anzahl vorhandenen Spitzenkräfte motivieren und an sich binden kann.

"Das Unternehmen will natürlich auch profitieren"

Torsten Schneider, Personalleiter und Mitglied im Präsidium des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) rät, die Wünsche von Mitarbeitern nach Unterstützung bei der Weiterbildung wohlwollend zu prüfen: "Das sendet klare Signale dahingehend, dass Weiterbildung geschätzt wird, und dass man bereit ist, in die Fortbildung seiner Mitarbeiter zu investieren." Doch müsse deutlich werden, dass bezahltes Lernen kein Selbstzweck sei. "Das Unternehmen will natürlich auch davon profitieren", sagt Schneider, "und das ist auch sein gutes Recht." In der Regel wird jedes Unternehmen eine Beteiligung an Weiterbildungskosten an den Abschluss einer Vereinbarung knüpfen. Jedes, selbst der Drei-Mann-Handwerksbetrieb.

Was nach guter und einfacher Win-win-Lösung aussieht, landet freilich immer wieder vor Gericht. Häufig wollen fortgebildete Mitarbeiter die zugesagte Bindefrist nicht einhalten und trotzdem den Zuschuss des Arbeitgebers nicht zurückzahlen. "Ob sie damit vor Gericht durchkommen, hängt im Wesentlichen von der Formulierung der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab", sagt Katrin Süßbrich. "Der Arbeitgeber muss in der Vereinbarung präzisieren, unter welchen Umständen der Arbeitnehmer gehen darf, ohne dass eine Rückzahlungspflicht ausgelöst wird." Schließlich stehe im Hintergrund immer das Grundrecht der freien Berufswahl und Berufsausübung. Das dürfe durch die Bleibeverpflichtung nicht unzumutbar eingeschränkt werden. Das Bundesarbeitsgericht hat in diversen Urteilen hervorgehoben, wie wichtig die Formulierung der entsprechenden Vereinbarung sei. Auch Torsten Schneider warnt vor "einer Menge steuerrechtlicher und arbeitsrechtlicher Fallstricke", die sich allerdings gut beherrschen ließen.

Doch was ist, wenn der Arbeitgeber selbst seinem Mitarbeiter innerhalb der Bindefrist den Stuhl vor die Tür setzt? Geht das? "Ja", sagt Katrin Süßbrich. "Auch der Arbeitgeber behält sein Kündigungsrecht. Ob damit aber eine Verpflichtung des Arbeitnehmers auf Rückzahlung der Fortbildungskosten verbunden ist, kommt auf den Hintergrund der Kündigung an. Wenn der Arbeitgeber etwa aus betriebsbedingten Gründen kündigt, muss der Mitarbeiter die erhaltene Förderung nicht zurückzahlen. Anders ist es hingegen, wenn verhaltensbedingte Gründe ins Feld geführt werden. Dann muss der Arbeitnehmer den Zuschuss zu seiner Weiterbildung bei entsprechender vertraglicher Regelung zurückzahlen.

Eines sollten Arbeitgeber nicht unüberlegt tun, warnt Torsten Schneider: "Dass Unternehmen auf die Einforderung ihrer Rückzahlungsrechte verzichten, weil sie in der Öffentlichkeit nicht als knausrig dastehen wollen." Auch so etwas spreche sich nämlich herum. "Und dann könnten sich Mitarbeiter, die sich an die Fördervereinbarung halten, benachteiligt fühlen."

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