Weiterbildung:Auf Nummer sicher

Techniker und Meister verbessern ihre Chancen als Fachkraft für Arbeitssicherheit.

Christine Demmer

Arbeitssicherheit wird in Deutschland großgeschrieben. Trotzdem wissen viele nicht: Alle Unternehmen, selbst Betriebe mit einem einzigen Mitarbeiter, müssen der Gewerbeaufsicht die Bestellung einer staatlich geprüften Fachkraft für Arbeitssicherheit nachweisen. Große Firmen haben dafür hauptamtlich tätige Ingenieure, in mittleren schultern das fachkundige Techniker und Meister im Nebenberuf, kleine Betriebe buchen stundenweise die Sicherheitsexperten eines überbetrieblichen Dienstleisters wie zum Beispiel TÜV oder Dekra.

Frank Watzl

Der Umgang mit Risiken ist sein Geschäft: Frank Watzl

(Foto: Foto: privat)

Zumindest tun sie das, wenn sie klug sind. Denn wenn der Gastank erst explodiert oder der unsachgemäß aufgestellte Tischkopierer einen Fußknochen zertrümmert hat und dann auch noch der Erste-Hilfe-Kasten aus der Vorkriegszeit stammt, steht der Betriebsleiter mit einem Bein im Gefängnis und mit dem anderen im Schuldturm.

Den Umgang mit Risiken hat Frank Watzl zu seiner Profession gemacht. Als gelernter Fotograf führte ihn die berufliche Motivsuche eines Tages in ein Theaterzelt, wo er sich fortan um die Technik kümmerte. Er arbeitete als Theatermeister beim Frankfurter Künstlerhaus Mousonturm, baute dann beim "Space Center" in Bremen den Brandschutz auf und schaute sicherheitstechnisch auch ein paar Monate lang bei der Messe Berlin nach dem Rechten. Als sein letztes Projekt im Mai 2005 auslief und das Risiko der Arbeitslosigkeit zum Greifen nahe war, erkundigte sich Watzl nach einer sinnvollen beruflichen Fortbildung.

Als Projektleiter Brandschutz hatte er mitbekommen, wie reibungslos und weithin akzeptiert Sicherheitsexperten mit unterschiedlichen Berufshintergründen auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten können. "Damals dachte ich mir: Die wissen auf ihrem Gebiet mehr als andere, haben Zugang zu jedem im Betrieb, werden von den Chefs zu Rate gezogen und können in Sachen Sicherheit und Gesundheit präventiv viel bewegen", sagt Watzl. "Solche Leute muss es überall geben, wo Menschen arbeiten."

Die gibt es auch. "Ingenieure, Techniker und Meister mit mindestens zweijähriger Berufspraxis sind unsere Zielgruppe für die Fortbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit", erklärt Reinhard Zipperer vom Institut Arbeit und Gesundheit in Dresden (BGAG). "Unter bestimmten Voraussetzungen lassen wir auch berufserfahrene Praktiker zu. Besonders für Arbeitslose ist das eine echte Chance, denn die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist eine am Arbeitsmarkt sehr gesuchte Zusatzqualifikation."

Das bestätigt Ingo Schmidt vom TÜV Süd in Mühlacker: "Es ist eine absolut lohnenswerte Fortbildung, die Leute kommen auf jeden Fall unter. Auch wir suchen neben Ingenieuren zunehmend Sicherheitstechniker für den wachsenden Betreuungsbedarf unsere Kunden."

Träger des Dresdner Instituts ist die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung. Sie ist nur einer von vielen Anbietern dieser Weiterbildung in Deutschland. Doch wo andere Teilnehmer 18 Monate lang abends berufsbegleitend die Schulbank drücken müssen, geht das bei Reinhard Zipperer und seinen Kollegen ausgesprochen flott: 14 Wochen Vollzeitunterricht, zwischendrin ein fünfwöchiges Praktikum, Prüfungsvorbereitung, Klausur bestehen - fertig ist die Fachkraft für Arbeitssicherheit.

Gefahrenpotential erkennen

Wer denkt, der Arbeitssicherheitsexperte lege selbst Hand an bei Reparaturen, Messungen und Prüfungen, der irrt. Sein Gebiet ist die Planung und Entwicklung von Lösungen. Allein können Fachkräfte für Arbeitssicherheit längst nicht alle Hebel in Bewegung setzen. "Sie haben eine beratende und unterstützende Funktion beim Arbeitsschutz und achten darauf, dass die gesetzlichen Regelungen im Betrieb umgesetzt werden", sagt Zipperer. Als gelernter Pädagoge versteht er zu motivieren.

Im Juni 2005 nahm Frank Watzl in Dresden Quartier. Kost, Logis, Heimreisen nach Berlin und die Fortbildungsgebühr übernahm die Arbeitsagentur. Zuvor hatte er der Behörde unmissverständlich klargemacht, dass er den Kurs auf jeden Fall belegen wolle und "dass ich es schön fände, wenn sie sich daran beteiligen würde." Möglicherweise konsultierten die Vermittler Lehrgangsleiter Zipperer - "40 bis 50 Prozent der zuvor erwerbslosen Teilnehmer finden anschließend einen Arbeitsplatz" -, vielleicht auch nicht, jedenfalls hielt sich das Risiko für die Staatskasse in Grenzen. Im Oktober bestand Watzl die Prüfung, im Januar 2006 bekam er einen Arbeitsvertrag bei einer Firma für Mess- und Regelungstechnik in Heidelberg.

Der lief, weil befristet, unlängst aus. Nun bewirbt sich Watzl bei überbetrieblich tätigen Sicherheitsdienstleistern und möchte, risikotechnisch nachvollziehbar, seinen Broterwerb lieber von der Zufriedenheit vieler Einzelkunden abhängig machen. Der 44-Jährige hat gelernt, Gefahrenpotentiale zu erkennen und nach Möglichkeit zu eliminieren.

Trotz seiner praktischen Erfahrung habe er in der Fortbildung sehr viel Neues gelernt, sagt Watzl. "Weniger über technische Einzelheiten als über die Art und Weise, wie die verschiedenen Funktionsträger im Betrieb dazu beitragen können, die größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten: die Geschäftsleitung, der Betriebsrat, die Mitarbeiter, externe Spezialisten." Sein Ziel ist es nun, "die Interaktion zwischen diesen Gruppen zu stärken und darüber gute Ergebnisse zu erreichen." Genauer: unerwünschte Ergebnisse zu vermeiden.

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