Weihnachtsgeld:Geschenk vom Boss

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Geschenke für alle: In Bremen demonstriert die Gewerkschaft Verdi unter anderem fürs Weihnachtsgeld. (Foto: dpa)

Warum dürfen sich sich manche Arbeitnehmer über ein 13. Monatsgehalt freuen - und andere nicht? Wer hat garantiert Anspruch auf die Zulage? Und welche Ausreden von zahlungsunwilligen Chefs gelten nicht? Fragen und Antworten zum Weihnachtsgeld.

Von Berrit Gräber

Unterm Baum sind eben doch nicht alle gleich. Während viele Angestellte ein volles Monatsgehalt als Weihnachtsgeld erhalten, kriegen andere keinen Cent vom Chef. Freuen können sich zum Beispiel Millionen Beschäftigte bei Banken, Versicherungen oder im öffentlichen Dienst. Wegen höherer Tarifabschlüsse fällt dort auch das tariflich fixierte Weihnachtsgeld um bis zu 3,2 Prozent üppiger aus, wie das WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung ermittelt hat. Bankangestellte haben so etwa 70 Euro mehr in der Tasche, Gemeindemitarbeiter 63 Euro.

Andere Belegschaften gehen dagegen komplett leer aus wie etwa Gebäudereiniger oder Bauarbeiter in Ostdeutschland. Dazwischen stehen viele Hunderttausend Arbeitnehmer, die jetzt noch um ihre Extra-Überweisung bangen. Viele Betriebe, vor allem mittlere und kleine, behalten es sich seit der Finanzkrise 2008 vor, Jahr für Jahr kurzfristig neu über eine freiwillige Sonderzahlung im Advent zu entscheiden.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Weihnachtsgeld.

Wer hat überhaupt Anspruch?

Einen gesetzlichen Anspruch auf die sogenannte Weihnachts-Gratifikation gibt es nicht. Sie ist grundsätzlich eine freiwillige Leistung. Ob der Chef zahlen muss oder nicht, hängt in erster Linie vom Arbeitsvertrag, von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen ab.

Wer hat die Zahlung ganz bestimmt auf dem Konto?

In Wirtschaftszweigen mit Tarifvertrag sind Arbeitnehmer meist auch beim Weihnachtsgeld auf der sicheren Seite, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Reinhard Bispinck. Die Extra-Leistung ist je nach Branche als fester Prozentsatz vom Monatseinkommen festgeschrieben. Die Chancen sind dennoch ungleich verteilt. Im Westen bekommen 58 Prozent, im Osten nur 39 Prozent der Beschäftigten Weihnachtsgeld - und dann auch noch weniger als ihre Kollegen in den alten Ländern.

Wie steht's beim freiwilligen Weihnachtsgeld?

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts darf der Chef entscheiden, ob und in welcher Höhe er einen Bonus spendiert. (Aktenzeichen: 10 AZR 606/07) Heißt es im Arbeitsvertrag, das Extra sei eine "freiwillige, stets widerrufliche Leistung", muss der Arbeitgeber ohne Wenn und Aber zahlen. Zahlt der Chef jedoch freiwillig "ohne jeden Rechtsanspruch", muss das Personal Streichungen hinnehmen. Bei dieser Formulierung ist der Arbeitgeber auch nicht verpflichtet, etwa am 1. Dezember anzukündigen, ob er dieses Jahr einen extra Bonus auszahlt oder nicht.

Welche Bedeutung hat die Formulierung des Vertrages?

Die Rechtsprechung hat sich geändert. Seit gut zehn Jahren unterliegen Arbeitsverträge der Prüfung von allgemeinen Geschäftsbedingungen, erklärt Katrin Scheicht, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin im Münchner Büro der Kanzlei Norton Rose Fulbright. Jetzt prüften die Gerichte also auch, ob die Klauseln transparent sind und wie die Arbeitnehmer die Verträge verstehen könnten. Das hat den Gestaltungsspielraum der Unternehmen stark eingeschränkt. Und mit jedem weiteren Urteil der Arbeitsgerichte wird er noch kleiner, meint die Expertin.

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Wie reagieren die Unternehmen auf die neue Rechtsprechung?

Viele Firmen prüfen nun, ob ihre Verträge ihnen noch die Flexibilität beim Weihnachtsgeld bieten, die sie wünschen. Sie könnten ihren Mitarbeitern also bald neue Verträge anbieten.

Was gilt ohne Vereinbarung?

Hat das Unternehmen mindestens schon seit drei Jahren hintereinander freiwillig Weihnachtsgeld gezahlt, kann sich die Belegschaft auch im aktuellen Jahr darauf freuen, wie Michael Henn, Präsident des Verbands deutscher Arbeitrechtsanwälte (VdAA), erklärt. Dann bindet das Gewohnheitsrecht den Chef. Fiel das Weihnachtsgeld im vergangenen Jahr aus, ist die Gewohnheit für 2013 noch nicht automatisch erloschen. Der Bonus kann dann sogar eingeklagt werden. Kein Gewohnheitsrecht besteht, wenn die Firma zwar Jahr für Jahr zahlte, die Summen aber unterschiedlich hoch ausfielen. (Aktenzeichen 10 AZR 516/95)

Kann der Chef das Geld zurückfordern?

Normalerweise nicht. Wer Anfang 2014 seine Firma verlassen will, muss nicht um die Zahlung aus 2013 bangen. Ausnahme: Rückzahlungspflichten wurden vertraglich vereinbart. Ein 13. Monatsgehalt muss nicht zurückgezahlt werden.

Wie sieht es bei Krankheit aus?

Bei Lohnfortzahlung wird Weihnachtsgeld in der Regel ausgezahlt. Bei längerer Krankheit gibt es dagegen oft Ärger. Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz muss der Beschäftigte dann mit Kürzung oder Streichung rechnen (Aktenzeichen 6 Sa 723/09) .

© SZ vom 29.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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