Weihnachtsfeier im Büro:Papa schmeißt 'ne Party

Kolumne #endlichfreitag

Ho ho ho - oh no: Mancher bereut die Weihnachtsfeier schon, bevor sie überhaupt stattgefunden hat.

(Foto: SZ.de/Katharina Bitzl)

Weihnachtsfeiern sind schon lange nicht mehr das, was Lustreisen für die Versicherungsbranche waren. Der vom Chef bezahlte Exzess ist zur Veranstaltung auf Selbstzahler-Basis geworden.

Von Johanna Bruckner

Job-Kolumne #endlichfreitag

Endlich Freitag. Hochgefühl! Ein letzter Gedanke an die verpatzte Präsentation am Montag, ein Erschauern im Rückblick auf das Get-together am Mittwochabend, schnell noch ein Papierkügelchen in Richtung des Kollegen im Polohemd geschnippt: Was Arbeitnehmer im Büro erleben und warum es immer wieder schön ist, wenn die Arbeitswoche rum ist - darum geht es in der Kolumne #endlichfreitag.

Wie an Silvester steht auch vor jeder Weihnachtsfeier die Frage: "Und, was machen wir dieses Jahr?" In demokratischen Büros folgt dann ein nervenzehrender Antwortfindungsprozess. Egal ob die Entscheidung per Mail-Ping-Pong oder Shared-Document-Monster herbeigezwungen wird - am Ende ist mindestens einer beleidigt. Dabei weiß man aus Erfahrung, dass die Party den Ärger selten wert ist: Bestenfalls endet sie mit einem Kater, im schlechtesten Fall mit Enttäuschung. Und einem Kater.

Gut, in größeren Firmen übernimmt die Geschäftsführung die Suche nach Ort und Unterhaltung. Soll heißen: Meist weibliche Assistenzen müssen in der Vorvorweihnachtszeit diverse Lokalitäten durchtelefonieren. Um dann nach der 23. Absage ("Da rufen Sie jetzt an!? Wir waren schon im April voll.") doch wieder beim Griechen um die Ecke anzufragen ("Ihr seid wie immer unsere erste Wahl.").

"Aber", werden jetzt jene einwerfen, die sich noch im quasikindlichen Stadium der freudigen Erwartung auf den Anlass befinden, "dafür gibt es doch einen Festschmaus, Freigetränke - und überhaupt, wann sitzt man schon mal so nett mit den lieben Kollegen zusammen?" Nun ja, der Reihe nach.

Einmal das Billigste, bitte

Die Weihnachtsfeier ist vielerorts schon lange nicht mehr das, was Lustreisen für die Versicherungsbranche waren. Der vom Chef bezahlte Exzess ist zu einer Veranstaltung auf Selbstzahler-Basis geworden. Maximal ein Getränk geht auf Firmenrechnung - doch ein Blick ins Gesicht des Vorgesetzten genügt, damit es besser nicht der Longdrink für neun Euro ist.

An seinem Fassbier nippend schaut sich der Angestellte also im Lokal um. Sieht die trostlose Deko, bestehend aus einem mit Glitzer bestäubten Weihnachtsstern und Fake-Schnee-Ornamenten am Fenster; sieht die nicht minder trostlosen Gesichter der Kollegen, von denen der eine oder andere unauffällig in der Hosentasche kramt. Wohl in der Hoffnung, dort Kleingeld für ein zweites Bier zu finden, das den knurrenden Magen füllt. Denn eines ist nicht in Sicht: ein üppiges Büfett.

Angeblich ist die Finanzkrise Schuld an der Scrooge'schen Knauserigkeit (der Geizhalz in Charles Dickens' Weihnachtsgeschichte). Das mag manchmal sogar stimmen, manchmal ist sie auch ein Synonym für: Andere Dinge waren uns dieses Jahr wichtiger, jetzt ist das Budget ausgeschöpft, sorryyy.

Die Chefs kommen aus ihren Eckbüro-Enklaven

Wäre es da nicht tatsächlich besser, das Ganze einfach sein zu lassen? Und als Belohnung etwas einzuführen, von dem die Belegschaft wirklich etwas hat? Der amerikanische Dienstleister AnyPerk zum Beispiel spendiert seinen Angestellten für gute Leistungen Selbstporträts - als Fantasy-Helden. Wie viel mehr tut so ein Wonderwoman-Comic für die Motivation als ein Becher Glühwein!

"Nein!", werden jetzt wiederum Optimisten und Karriereberater rufen. Schließlich hat so eine Weihnachtsfeier nicht zuletzt einen sozialen Sinn: Sie soll zum Betriebsfrieden beitragen. Die Chefs kommen aus ihren Eckbüro-Enklaven und mischen sich unter das Großraumbüro-Volk. Sie sprechen lobende Worte, klopfen auf Schultern und erkundigen sich nach der Familie. Und natürlich verlassen sie das Harmonie-Happening als letzte, zumindest wenn es nach Manager-Beraterin Linda Becker geht.

"Der Chef ist bei einer Weihnachtsfeier der Gastgeber. Darum sollte er auch bis zum Ende bleiben - wenigstens bis zum Ende des offiziellen Teils", rät sie in einem Interview mit Zeit online. Ach ja, auch ganz wichtig, der Alkoholkonsum sollte sich "sowohl bei Vorgesetzten wie bei Mitarbeitern im verträglichen Rahmen halten".

Vor Einlass: Alkoholkontrolle

Um das mal zu übersetzen: Das ist, als würde Papa in seinem Hobbykeller 'ne Party für seinen 16-jährigen Sohn schmeißen. Unter zwei Bedingungen: Er ist die ganze Zeit dabei und konfisziert jedes Fläschchen "Kleiner Feigling".

Da lobt man sich fast Chefetagen, die gar nicht erst die Illusion von Stimmung erzeugen, sondern ihre Weihnachtsfeier gleich auf den frühen Nachmittag legen. Auf Hochglanzplakaten wird zum Umtrunk im Foyer geladen, zur besten Arbeitszeit zwischen 14 und 16 Uhr. Das Programm dazu passend - Kindergeburtstag für Erwachsene: Es gibt selbstgemachte Waffeln und alkoholfreien Punsch aus Zehn-Liter-Kanistern.

Da würde sogar mancher Achtjährige sagen: "Können wir nicht lieber zu McDonald's gehen?"

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