Weibliche Karrieren:"Frauen geben zu früh auf"

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Zu wenig Ehrgeiz, zu wenig Selbstbewusstsein - Frauen schrecken immer noch vor Führungspositionen zurück. Wirtschaftswissenschaftler Thomas Spengler erklärt, mit welchen Klischees wir aufräumen müssen.

Ulrike Schäfer

Damit sich mehr Frauen um Führungspositionen bewerben, bedarf es nicht nur besserer äußerer Rahmenbedingungen. Auch an der inneren Einstellung muss noch weiter gefeilt werden, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Spengler.

Viele Frauen scheuen davor zurück, sich durchzubeißen, behauptet Wirtschaftswissenschaftler Thomas Spengler. (Foto: Foto: dpa)

SZ: Frauen sind in Führungspositionen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Werden sich aus dem Fachkräftemangel neue Chancen für sie ergeben?

Thomas Spengler: Er wird zu einer Verbesserung führen - wie lange sie anhält, ist allerdings fraglich. In der Historie wurden Frauen oft als Reservearmee missbraucht.

SZ: Warum lassen sich Frauen einfach so verdrängen?

Spengler: Sie geben zu früh auf. Frauen sehen oft keine Chance gegenzuhalten. Vielfach haben sie auch zu wenig Selbstbewusstsein. Hinzu kommt, dass sie im Management in der Minderzahl sind und dadurch unter besonderer Beobachtung stehen - das sorgt für zusätzliche Verunsicherung.

SZ: Viele Frauen scheuen davor zurück, sich durchzubeißen und Macht zu übernehmen, weil der Begriff negativ besetzt ist. Wie kann man das ändern?

Spengler: Indem soziale Kompetenz bereits in der Schule vermittelt wird. Die Menschen, egal welchen Geschlechts, müssen mit Themen wie Konflikt und Kommunikation und eben auch Macht umgehen lernen. Ich bin immer wieder verblüfft, auf welche Defizite ich da bei meinen Studenten treffe.

SZ: Könnte es auch an fehlenden weiblichen Rollenvorbildern liegen?

Spengler: Wir haben doch wunderbare "role models" in der Politik. Auch Mentorinnenprogramme haben einiges bewegt.

SZ: Vor allem auf Seiten der männlichen Entscheider gibt es noch viele Vorurteile gegen Frauen in Führungspositionen. Wo kann man hier ansetzen?

Spengler: Das Klischee hält sich hartnäckig, dass Frauen zu schwach oder zu zickig für Führungspositionen seien. Zudem wird oft behauptet, Frauen müssten ihre nicht vorhandene Männlichkeit durch übertriebene Härte kompensieren. Diese Stereotypen müssen wir aufgeben. Dazu müssen wir die männlichen Entscheider in diesem Thema ausbilden.

SZ: Je höher das Einkommen der Frau, desto stärker ihr Wille aufzusteigen - das hat eine Studie gezeigt. Wäre es da nicht ganz einfach, Frauen zu motivieren, indem man ihnen endlich das gleiche Gehalt zahlt wie ihren männlichen Kollegen?

Spengler: An Monokausalitäten glaube ich nicht. Das Problem, über das wir reden, ist so komplex, dass es einfache Wahrheiten nicht gibt. Natürlich kann es ein Frustfaktor sein, wenn Frauen weniger verdienen als Männer - es kann aber auch ein Ansporn sein, sich gegen diese Widrigkeiten durchzusetzen.

SZ: Viele Frauen wollen sich nicht zwischen Job und Familie entscheiden. Kann man einen Manager-Job auch in Teilzeit stemmen?

Spengler: Kaum. Die Anforderungen an Führungskräfte nehmen stetig zu. Eine 70-Stunden-Woche ist da nichts Ungewöhnliches. Es wäre eine gute Sache, wenn sich Unternehmen gezielt Modelle für dual career couples überlegen würden, beispielsweise einen Führungskräfte-Arbeitsplatz für ein Ehepaar.

SZ: Frauen tun sich ab einer bestimmten Position schwer, spezielle Förderangebote anzunehmen, um nicht hilfsbedürftig zu erscheinen. Mit Recht?

Spengler: Das ist falscher Stolz am falschen Platz. Noch besser wäre es, wenn wir das ganze Mann-Frau-Denken aufgeben würden. Es ist doch bestürzend, dass im Handwörterbuch des Personalwesens unter dem Stichwort "Besondere Arbeitnehmergruppen" immer noch Frauen genannt werden. Solange das in unseren Köpfen drin ist, erreichen wir nichts.

© SZ vom 24.05.2008/sam - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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