Weibliche Führungskräfte:Frauen, härter als Beton

"Das ist kein Kaffeekränzchen": Die Nachfrage nach Frauen in Führungs- und Aufsichtsfunktionen steigt ständig. Doch vielen fehlt das entscheidende Etwas.

Dagmar Deckstein

Inzwischen wurde es auch der Regierungskommission für gute Unternehmensführung zu bunt - oder vielmehr zu eintönig. Wenn es nach dem zwölfköpfigen Gremium unter Führung von Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller geht, müssen sich die Unternehmen der deutschen Wirtschaft künftig sehr gute Begründungen einfallen lassen, wenn sich in ihren Aufsichtsgremien ganz überwiegend Männer finden. "Ich will und kann einfach nicht akzeptieren, dass ein Land wie Deutschland es nicht schafft, einen angemessenen Anteil von Frauen in Aufsichtsräten zu haben", zürnte Müller.

Frauen in Führungspositionen

Headhunter haben angeblich Schwierigkeiten, qualifizierte Frauen zu finden. Doch die sind immer häufiger gefragt.

(Foto: Foto: Getty)

Druck aus dem Ausland

Zwar sitzt auch in der Kommission Deutscher Corporate Governance Kodex gerade mal eine einzige Frau - Daniela Weber-Rey, Partnerin der Sozietät Clifford Chance und Mitglied des Verwaltungsrats von BNP Paribas. Aber das Gremium hat beschlossen, dass Aufsichtsräte künftig in einer Entsprechungserklärung darlegen müssen, welchen Anteil von Frauen sie für angemessen halten und bis wann sie das erreichen wollen.

Es wird also etwas enger werden für die Macho-Zirkel in den Kontrollgremien. Druck kommt nicht nur von Anteilseignern, sondern auch aus dem Ausland. Norwegen und die Niederlande haben eine gesetzliche Frauenquote von 40 beziehungsweise 30 Prozent festgelegt, Frankreich steht kurz davor. Davon ist Deutschland noch meilenweit entfernt. Wie die Universität Karlsruhe berechnet hat, sind von den 3758 Aufsichtsräten in den 600 wichtigsten börsennotierten Unternehmen nur gut acht Prozent Frauen, die hauptsächlich aufs Konto der Arbeitnehmerbank gehen. Auf Seiten der Anteilseigner finden sich gerade einmal vier Prozent weiblichen Geschlechts.

Zu wenig weibliche Vorbilder

Einer, der sich für die Sache der Frauen vehement einsetzt, ist der Frankfurter Personalberater Heiner Thorborg. Er ermuntert mit seiner Initiative "Generation CEO" weibliche Führungskräfte, den Weg ins Topmanagement anzutreten. Thorborg unterstützt sie dabei mit Coaching- und Netzwerkangeboten. "Die Türen für Frauen sind heute weit geöffnet", sagt Thorborg, "die Suchaufträge der Firmen sprechen Bände."

Das Problem, vor dem er und seine Mit-Headhunter stehen, ist aber immer das gleiche: "Wir haben einfach noch nicht genügend Frauen." So gut ausgebildet und qualifiziert Frauen inzwischen seien, sie neigten nun mal häufiger dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, sich nicht fit genug für eine Führungsposition einzuschätzen und, was Thorborg für eines der größten Mankos hält: "Es gibt einfach noch zu wenig weibliche Vorbilder."

Frauenförderung als Minderheitenschutz

Gleichwohl hält der Headhunter nicht unbedingt viel von der Initiative der Kommission für gute Unternehmensführung. "Wenn ich schon höre, dass mehr Frauen und mehr Ausländer für die Aufsichtsgremien gewonnen werden sollen, dann frage ich mich, warum nicht gleich noch Behinderte mit auf die Liste aufgenommen werden." Das erinnere doch sehr an Frauenförderung im Zeichen des Minderheitenschutzes.

Dabei gehe es um viel mehr, nämlich um das Aufmischen der mit weißen Männern besetzten Gremien: "Homogen männlich besetzte Topmanagement-Gruppen entwickeln oft einen Korpsgeist, der in weniger elitären Zirkeln Betriebsblindheit genannt wird", so Thorborg, der sich klar für eine gesetzliche Quote ausspricht.

Männerdiskriminierung

Auch Thorborgs Kollege Andreas Föller, Personalberater in München, hat immer häufiger Aufträge für die Suche nach Frauen auf der Agenda. "Es gibt aber nach wie vor Aufsichtsräte, die reserviert sind, bei denen das Engagement über Lippenbekenntnisse nicht hinausgeht", hat er festgestellt. Das neueste Geschütz, das aus solchen Ecken gegen gesetzliche oder freiwillige Quoten in Stellung gebracht wird, sei das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG, berichtet Föller. "Man überlegt schon, ob solche Regelungen nicht auf Männerdiskriminierung hinauslaufen."

Der Weg bis zur Gleichberechtigung ist weit, weiß auch Monika Schulz-Strelow, Präsidentin des Vereins "Frauen in die Aufsichtsräte", der im Jahr 2005 von Frauen in Führungspositionen ins Leben gerufen wurde. Die Unternehmensberaterin sagt: "Die Decke, die wir durchstoßen müssen, ist härter als Beton." Den Beton zu erweichen vermögen mancherorts offenbar nicht einmal jene Studien, die belegen, dass Unternehmen mit mehr Frauen in Spitzenpositionen höhere Gewinne und nachhaltigere Erfolge erzielen.

"Das ist kein Kaffeekränzchen"

Zum Beweis erzählt Schulz-Strelow gerne von einem Abend im Oktober 2007, als Müllers Vorgänger in der Regierungskommission, Gerhard Cromme, vor dem Deutschen Juristinnenbund flachste: "Als ich meiner Tochter sagte, dass ich hier sprechen muss, sagte sie: Vati, da musst du durch." Lachen wollte niemand. Als Cromme dann den Wissenschaftlerinnen, Ministerinnen und Managerinnen erklärte, wie ein Aufsichtsrat funktioniert - "das ist kein Kaffeekränzchen", verließen einige den Saal.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: