Engagement in einem exotischen Umfeld fasziniert immer mehr Menschen: Mehr als 10.000 deutsche Freiwillige wurden im vergangenen Jahr an Projekte im Ausland vermittelt, fast 800 mehr als 2009. Das geht aus der statistischen Erhebung des Arbeitskreises "Lernen und Helfen in Übersee" hervor, für die mehr als 150 Träger internationaler Freiwilligendienste befragt wurden.
Die meisten Volunteers - so nennen sich die Freiwilligen - gehen für ein ganzes Jahr ins Ausland, und sie sind sehr jung. Bei den gesetzlich geregelten Freiwilligendiensten, zu denen unter anderem das Freiwillige Soziale oder Ökologische Jahr im Ausland oder der neue Internationale Jugendfreiwilligendienst gehören, liegt der Altersdurchschnitt bei 20 Jahren.
Für Abiturienten und Studenten ist es am leichtesten, ein Auslandsjahr im Dienst einer guten Sache zu organisieren. Sie können bei der Finanzierung auf Förderprogramme mehrerer Bundesministerien, der Europäischen Union, der Kirchen und anderer Organisationen zurückgreifen. Allein das Programm Weltwärts, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2008 aufgelegt wurde, fördert jedes Jahr etwa 3000 Volunteers unter 28 Jahren.
Für Berufstätige ist Freiwilligenarbeit im Ausland teurer, vor allem aber haben sie weniger Zeit. Deshalb gibt es inzwischen auch zahlreiche Angebote, die es möglich machen, für vier bis sechs Wochen in sozialen oder ökologischen Projekten in aller Welt mitzuarbeiten: Man kann in Namibia Zebra-Fohlen pflegen, in Ecuador Mangroven pflanzen oder ein Öko-Dorf in der Negev-Wüste bauen, Waisenkinder in Nepal betreuen oder in indischen Behindertenheimen arbeiten.
Solche Kurzzeit-Einsätze werden zum großen Teil nicht statistisch erfasst, die Zahl der Vermittler wächst aber seit Jahren. Neben gemeinnützigen Organisationen wie etwa dem staatlich anerkannten deutschen Träger Sobia e.V., der Freiwillige für Kurzeinsätze an Workcamps in Afrika, Asien und Südamerika vermittelt, tummeln sich auf diesem Markt auch gewinnorientierte Reiseagenturen. Zum Teil bieten sie absurd anmutende Projekte an: So sollen Freiwillige Dorfbewohner in Sambia oder Benin über Aids-Prävention aufklären, ohne diese Kulturen zu kennen.
Stärkere Eindrücke als im Urlaub
Jens Kreuter, Leiter des Arbeitsstabes Freiwilligendienste beim Bundesfamilienministerium, beurteilt den Nutzen von Kurzzeiteinsätzen - soweit sie nicht der unmittelbaren Nothilfe dienen - generell eher skeptisch: "Standard bei den großen Programmen ist ein Jahr, damit die Freiwilligen Zeit haben, mit Sprache und Kultur vertraut zu werden und sich einzuarbeiten." Wichtigstes Ziel der Programme sei übrigens nicht die Hilfe an sich, sondern die Chance für die Freiwilligen, Erfahrungen zu sammeln.
Auch wenige Wochen Freiwilligenarbeit lassen immerhin stärkere Eindrücke zurück als ein Urlaub. Jens Kreuter empfiehlt, sich gründlich über den Träger des jeweiligen Projektes zu informieren. "Bei den staatlich geförderten Trägern sind auf jeden Fall Qualitätsstandards etwa in der Vor- und Nachbereitung des Einsatzes erfüllt und die Teilnehmer sind versichert."
Von Beschwerden über kommerzielle Volunteering-Angebote habe er aber auch noch nie gehört: "Kennzeichnend für die Szene ist hohes Engagement, auch bei den Trägern."