Volksentscheid zur Grundschulzeit:Hamburg hat gesprochen - Schulreform abgelehnt

Schlappe für den schwarz-grünen Senat: Mit dem Gesetzentwurf zur sechsstufigen Grundschule haben Hamburgs Bürger das größte Reformprojekt ihrer Regierung abgelehnt.

Doppelter Schock für die schwarz-grüne Koalition in Hamburg: Erst kündigte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) seinen Rücktritt an, jetzt ist auch das wichtigste Projekt der Stadtregierung gescheitert. Beim Volksentscheid in Hamburg gewannen die Gegner der Einführung der sechsjährigen Primarschule. Die von Schwarz-Grün bereits beschlossene Schulart wird es nun nicht geben.

Landeswahlleiter Willi Beiß sagte am Sonntagabend, 276.304 Bürger hätten für den Erhalt der vierjährigen Grundschulen gestimmt. Damit ist den Gegnern der Reform, die sich in der Initiative "Wir wollen lernen" zusammengeschlossen haben, der Sieg nicht mehr zu nehmen. Der Senatsantrag, mit dem die Primarschule eingeführt werden sollte, erhielt nur etwa 218.000 Stimmen. Ein wichtiger Teil der schwarz-grünen Schulreform ist damit gescheitert.

Die Wahlbeteiligung lag bei 39 Prozent. Sie war insgesamt zwar eher gering, dafür aber in den reformfeindlichen bürgerlichen Vierteln überdurchschnittlich hoch.

Rund 64.600 Menschen besuchten nach Angaben des Landeswahlamtes die gut 200 Wahllokale in der Hansestadt. Etwa 427.000 Hamburger stimmten per Briefwahl über die Einführung der Primarschule ab.

Nur noch zwei Typen weiterführender Schulen

Hamburgs Bürgermeister von Beust und Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) zeigten sich nach der Niederlage enttäuscht. "Das Ergebnis ist bitter für alle, die ihre Hoffnungen in das längere gemeinsame Lernen gesetzt haben. Wir sind sehr enttäuscht, dass wir nicht genügend Menschen von der Primarschule überzeugen konnten", ließen beide mitteilen.

Der Sprecher der Initiative "Wir wollen lernen", Walter Scheuerl, zeigte sich dagegen hoch zufrieden mit dem Ausgang des Volksentscheids. "Das macht uns schon ein bisschen stolz, dass wir heute ein so deutliches Ergebnis eingefahren haben", sagte er. Er hoffe, dass sich die Parteien nun an den versprochenen zehnjährigen Schulfrieden halten. "Wir haben nicht nur das Parlament besiegt, sondern wir haben auch gesiegt trotz einer geballten PR-Maschinerie, die die Parteien und die Gewerkschaften und der Senat auf Kosten des Steuerzahlers zuweilen gegen uns aufgefahren haben", sagte Scheuerl.

Auch die Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wertete die Ablehnung der Schulreform in Hamburg als positives Signal. "Es ist eine gute Nachricht für das Gymnasium. Es ist eine gute Nachricht für das Selbstbewusstsein der Bürger", sagte Schavan am Montag im ARD-Morgenmagazin. Die Bürger seien es satt, dass ständig an den Schulstrukturen herumgedoktert werde. Vor allen Dingen sei in Hamburg der Eindruck erweckt worden, das Gymnasium sei Schuld an den Schwachstellen im deutschen Bildungssystem. "Das war falsch und deswegen ist es so ausgegangen", sagte Schavan.

Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende betonte, sie respektiere zwar die Kulturhoheit der Länder, die im Grundgesetz verankert sei. Die Konsequenz daraus dürfe aber nicht ein Flickenteppich in der Schulpolitik sein. "Die Länder müssen sich auf die Eckdaten des Bildungssystems verständigen. Eltern wollen mobil sein. In einer globalen Welt ist das niemandem zu erklären", sagte die Ministerin. "Die Schule ist Sache der Länder und deshalb müssen sie sich verständigen. Es kann nicht jeder machen was er will. Föderalismus heißt auch, Mobilität zu ermöglichen und für Vergleichbarkeit zu sorgen."

Der größte Teil von Hamburgs umfassendster Schulreform seit dem Zweiten Weltkrieg wird aber trotz des Ergebnisses des Volksentscheids in Kraft treten. So wird es vom kommenden Schuljahr an nur noch zwei Typen weiterführender Schulen geben: Stadtteilschulen und Gymnasien. Beide Schulformen bieten alle Abschlüsse bis zum Abitur an, wobei die Hochschulreife an den Gymnasien nach zwölf Schuljahren, an den Stadtteilschulen nach 13 Jahren erreicht wird.

Das für die Politik bindende Ergebnis des Volksentscheides bedeutet eine Niederlage für das größte Reformprojekt der schwarz-grünen Regierungskoalition. Doch auch SPD und Linke hatten zuletzt um Zustimmung zu der Schulreform geworben. Hamburgs Bürgermeister von Beust hatte am Nachmittag bekanntgegeben, dass er zum 25. August zurücktritt. Er wollte dies aber nicht als Konsequenz aus einer Niederlage beim Volksentscheid verstanden wissen.

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