Verhandlungstipps:Gehaltsstrategien für Einstieg, Aufstieg und Wechsel

Die lästige Aufgabe, nach einer Gehaltserhöhung zu fragen, zieht sich durchs gesamte Arbeitsleben. Jede Phase birgt eigene Chancen und Risiken. Was Sie wann beachten sollten.

Von Sarah K. Schmidt

Darüber spricht man nicht: Das Gehalt ist in Deutschland noch immer ein Thema, über das die meisten Stillschweigen bewahren. "Ein kulturelles Phänomen im Land der Dichter und Denker", sagt Friedemann Nerdinger, Professor für Wirtschafts- und Organisationspsychologie an der Uni Rostock. "Das bedeutet aber keineswegs, dass das Gehalt für Deutsche eine geringe Bedeutung hätte." Schließlich werde über den Lohn immer auch Anerkennung ausgedrückt. "Das Wichtigste ist, dass ich meine Arbeit gern mache", so der Organisationspsychologe. Doch auch wer Spaß im Job habe, sollte sich für eine faire Bezahlung einsetzen. "Ein Gehalt, das als zu niedrig empfunden wird, demotiviert enorm", erläutert der Arbeitsexperte.

So lästig und unangenehm sie vielen Arbeitnehmern auch erscheint, die Aufgabe, sich für eine angemessene Bezahlung einzusetzen, zieht sich durch das gesamte Arbeitsleben. Dabei steht ein Berufseinsteiger, der frisch aus der Ausbildung oder von der Uni kommt, vor anderen Herausforderungen als der Erfahrene, der das Unternehmen wechselt. Die besten Strategien für die verschiedenen Phasen des Berufslebens.

Der Berufseinstieg - das Gehaltsniveau festlegen

Wer sich auf die erste Stelle bewirbt, steht naturgemäß vor den größten Schwierigkeiten, wenn es um das Thema Gehalt geht. Gerade für junge Akademiker ist es häufig gar nicht so einfach, den eigenen Marktwert zu ermitteln. Zudem fehlt die Erfahrung mit entsprechenden Verhandlungsgesprächen. Wer unbedingt eine Job-Zusage ergattern möchte, zögert, den potenziellen Arbeitgeber mit allzu forschen Forderungen zu verschrecken. Ein zu niedriges Einstiegsgehalt ist jedoch auch schlecht - wer nicht gut verhandelt, braucht oft Jahre, um auf ein adäquates Niveau zu kommen. Wie Sie als Berufseinsteiger das Beste für sich herausholen.

  • "Viele Bewerber denken nicht daran, dass es im Vorstellungsgespräch auch gilt, das zukünftige Gehalt zu verhandeln", beobachten die Bewerbungsexperten Jürgen Hesse und Hans Christian Schrader immer wieder. Wer von einem Unternehmen zum Gespräch eingeladen wurde, sollte nicht nur die eigenen Kompetenzen gut präsentieren können, sondern auch konkrete Gehaltsvorstellungen mitbringen.
  • Was für jeden Arbeitnehmer gilt, der in ein Gehaltsgespräch geht, ist für Berufseinsteiger essentiell: eine gute Vorbereitung. "Berufseinsteiger sollten sich über marktübliche Einstiegsgehälter informieren", sagt Karriereberaterin Heike Friedrichsen, die das Buch "Die erfolgreiche Gehaltsverhandlung" geschrieben hat. Eine erste Orientierung geben spezielle Gehälter-Übersichten für Einsteiger, wie zum Beispiel der Absolventen-Lohnspiegel der Hans-Böckler-Stiftung. Ideal ist, wenn Sie Kommilitonen oder Bekannte fragen können, die bereits in derselben Branche, womöglich im selben Unternehmen ins Berufsleben gestartet sind.
  • Wird in der Stellenausschreibung explizit nach den Gehaltsvorstellungen gefragt, dann sollten Sie das auf keinen Fall ignorieren und am Ende Ihrer Bewerbung einen dezenten Hinweis einfügen - zum Beispiel: "Meine Gehaltsvorstellung liegt bei 45.000 Euro brutto im Jahr." Denn auch seine Forderungen sagen etwas über den Job-Aspiranten aus: "Personaler wollen sehen, dass ein Bewerber seinen Wert für das Unternehmen kennt und diesen realistisch einschätzen kann", sagt Ratgeber-Autorin Friedrichsen.
  • Im Bewerbungsgespräch sollten Berufseinsteiger dann aber abwarten, bis der potenzielle Arbeitgeber das Thema Geld anspricht, raten die Bewerbungsprofis Hesse und Schrader. Sonst kann leicht der Eindruck entstehen, dies sei das Hauptinteresse. Ihr Gegenüber kommt partout nicht aufs Finanzielle zu sprechen? Dann warten Sie auf das obligatorische "Haben Sie noch Fragen?" und erkundigen sich dann nach dem Gehaltsrahmen.
  • Oft ist der Spielraum auf Unternehmensseite nicht so groß - viele Firmen haben klare Regelungen, welches Gehalt Einsteiger bekommen. Wer dennoch mehr Geld will, müsse Außergewöhnliches zu bieten haben, so Friedrichsen. Haben Sie besondere Sprachkenntnisse, eine Zusatzausbildung oder passt das Thema Ihrer Abschlussarbeit perfekt zum Unternehmen? Mit solchen "Extras" lässt sich vielleicht doch noch etwas mehr heraushandeln.
  • In der konkreten Verhandlung sollten Sie Selbstbewusstsein zeigen. "Wer im Bewerbungsgespräch gut verhandelt, dem wird unterstellt, dass er das später auch für das Unternehmen tut", so Friedrichsen. Liegt das finale Angebot im unteren Bereich dessen, was Sie sich vorgestellt haben, dann rät die Gehaltsexpertin dazu, eine Neuanpassung nach der Probezeit zu vereinbaren.

Im Unternehmen - kontinuierlich dranbleiben

Tipps für treue Arbeitnehmer

Auch wer über mehrere Jahre im selben Unternehmen bleibt, muss immer wieder über seine Bezahlung verhandeln. Wer aufsteigt oder die Position wechselt, für den ist das Gespräch beim Chef obligatorisch. Doch auch, wer sich auf ein und derselben Stelle kontinuierlich weiterentwickelt, sollte regelmäßig bei seinem Vorgesetzten vorbeischauen, um über eine Gehaltserhöhung zu sprechen.

  • Wer befördert wird, hat die besten Argumente für eine Gehaltserhöhung: hervorragende Leistung und einen erweiterten Verantwortungsbereich. Beides sollte sich unbedingt auch in der Bezahlung niederschlagen. 30 Prozent mehr pro Hierarchieebene ist ein gängiger Richtwert.
  • Besondere Vorsicht ist dann geboten, wenn Sie "fast aus Versehen" in die neue Position hineinrutschen, warnt Job-Beraterin Cornelia Topf, Autorin von zahlreichen Ratgebern zu Kommunikation und Karriere. "Gerade Frauen übernehmen wie selbstverständlich die Stellvertretung des Abteilungsleiters oder die Führung eines Teams, ohne je einen Cent mehr zu verlangen."
  • Wer auf seiner aktuellen Position bleibt, dem rät Karriere-Coach Topf, sich dennoch regelmäßig beim Chef blicken zu lassen. "Es muss gar nicht immer konkret ums Gehalt gehen. Wer sich regelmäßig nach Meetings noch einen Moment mit dem Vorgesetzten unterhält, hat beim Gehalt langfristig bessere Karten." Der Trick: Die eigene Person und die Arbeit sind dem Chef präsenter.
  • Sie sind eigentlich mit Ihrem Gehalt zufrieden? "Gehen Sie trotzdem zu Ihrem Chef", sagt Topf. Verhandeln Sie "auf Vorrat" und warten Sie nicht, bis Sie sich tatsächlich unterbezahlt fühlen. "Jedes Gehaltsgespräch ist eine Chance und sei es, dass Sie Routine bekommen", so die Kommunikationsexpertin.
  • Sie kehren nach einer Auszeit in den Beruf zurück, weil Sie sich zwischenzeitlich um den Nachwuchs oder pflegebedürftige Angehörige gekümmert oder ein Sabbatical genommen haben? Berufspausen werden von vielen Arbeitgebern immer noch als Karrierehindernis betrachtet. Die Rückkehr ist daher eher nicht der richtige Moment für eine Gehaltserhöhung. Seien Sie sich aber darüber im Klaren, dass Sie in der Auszeit durchaus wertvolle Erfahrungen gesammelt haben können, die auch dem Unternehmen zugute kommen.

Der Arbeitgeberwechsel - zum Gehaltssprung ansetzen

Tipps für Jobwechsler

Der Wechsel des Arbeitgebers ist eine gute Chance für einen Gehaltssprung, denn Ihr Verhandlungspartner weiß nicht, wie viel Geld Sie bisher bekommen haben. Zehn bis 20 Prozent sind hier möglich. Wer außerdem eine Hierarchieebene aufsteigt, kann noch deutlich mehr zulegen. Erfahrene Arbeitnehmer kennen zudem ihren Marktwert besser und haben im Idealfall ihre aktuelle Stelle sicher - also weniger Druck als ein Neueinsteiger. Doch auch beim Unternehmenswechsel gibt es einige Fallen, die man umgehen sollte.

  • Wie hoch ist Ihr Einkommen aktuell? "Nicht selten versucht der potenzielle neue Chef, durch direktes Erfragen die aktuellen Jahresbezüge des Bewerbers in Erfahrung zu bringen", sagen die Bewerbungsexperten Hesse und Schrader. So möchte der Arbeitgeber abklopfen, welcher Gehaltssprung für den Bewerber eine Verbesserung wäre. Wer bisher eher schlecht verdient hat, ist leichter mit weniger Geld zufrieden zu stellen. Hesse und Schrader raten in ihrem Ratgeber "Die 100 wichtigsten Tipps für die Gehaltsverhandlung" dazu, das Jahresgehalt "etwas großzügiger auf- oder abzurunden". "Sie können auch auf weitere Vergünstigungen, Sozialleistungen oder Extras hinweisen oder diese überschlagartig mit einrechnen, um den Jahreseinkommensbetrag schön rund zu präsentieren."
  • Wer es partout vermeiden will, über sein aktuelles Gehalt zu sprechen, kann sich auch mit dem Hinweis aus der Affäre ziehen, man habe seinem Ex-Arbeitgeber hierzu Stillschweigen zugesichert. So zeigen Sie Ihrem bisherigen Chef gegenüber Loyalität - bei Personalern durchaus gern gesehen. Gehaltsberaterin Heike Friedrichsen rät außerdem zu vagen Aussagen wie "Ich verdiene an die ... Euro jährlich."
  • Das "Risiko des Jobwechsels" sollten Sie auf keinen Fall als Grund für mehr Gehalt anführen, warnt Friedrichsen. "Das tragen Sie allein - mit allen Konsequenzen", so die Expertin. Außerdem wollen neue Arbeitgeber immer als Chance und nicht als Risiko verstanden werden.
  • Probleme beim alten Arbeitgeber, eine günstigere Lage zum Wohnort: Es kann gute Gründe geben, sich auf eine Stelle zu bewerben, die weniger Gehalt als der bisherige Job in Aussicht stellt. Ein freiwilliger Gehaltsverzicht kommt den meisten Arbeitgebern jedoch verdächtig vor. Die Verhandlungsprofis Hesse und Schrader raten für diesen Fall, das Gehalt "nicht sofort und nicht im Detail zu offenbaren" - und eine gute Erklärung für die Bereitschaft zum finanziellen Rückschritt parat zu haben. Wie zum Beispiel "die tollen Möglichkeiten zur fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung", die Ihnen aktuell wichtiger sind als ein überdurchschnittliches Gehalt.
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