Süddeutsche Zeitung

US-Modekette Hollister:Mitarbeiter dürfen wieder alleine aufs Klo

Das stille Örtchen war in der Frankfurter Hollister-Filiale zeitweise ziemlich voll. Denn jeder Mitarbeiter musste sich beim Gang zur Toilette von einem Mitglied des Wachpersonals begleiten lassen. Jetzt hat die US-Modekette die Klo-Kontrollen eingestellt - allerdings nicht überall.

Die Mode ähnelt sich (jung, klassisch-sportiv, amerikanisch), die Zielgruppenansprache ebenfalls (junge, gutaussehende Models sollen eine junge, gutaussehende Klientel zum Kauf überreden) - und auch in Sachen fragwürdige Geschäftspraktiken scheinen Abercrombie & Fitch und Hollister einiges gemeinsam zu haben. So ließ Mike Jeffries, Chef des amerikanischen Mutterkonzerns A & F, vor nicht allzu langer Zeit verlauten, welche Kundschaft er in seinen Läden und Klamotten bevorzugt - nämlich ausschließlich attraktive. "Ganz ehrlich, wir wollen die coolen Kids. Viele Menschen haben in unserer Kleidung nichts zu suchen." Nun gerät auch das Tochterunternehmen Hollister in die Negativ-Schlagzeilen, weil es seine deutschen Angestellten überwachen lässt - in besonders intimen Momenten.

Unter anderem in einer Filiale des US-Textilunternehmens in Frankfurt durften die Mitarbeiter nur in Begleitung von Wachleuten die Waschräume aufsuchen. Die Firmenleitung begründete diese Maßnahme damit, dass zuvor Toilettentüren beschädigt worden seien. Zumindest in der Bankenmetropole hat es mit der Klo-Begleitung nun aber ein Ende: Auf Druck des dortigen Betriebsrates stellte Hollister die Kontrollen ein. Das teilten die Anwälte des Arbeitnehmergremiums mit.

Das Arbeitsgericht Frankfurt bestätigte, dass ein für Dienstag angesetzter Gerichtstermin aufgehoben worden sei. Der Betriebsrat hatte eine einstweilige Verfügung gegen die Kontrollen beantragt. Eine endgültige Betriebsvereinbarung steht aber noch aus. Die Einigung gilt deshalb nur für die Frankfurter Filiale - auch wenn der Gewerkschaft Verdi zufolge die Arbeitsbedingungen in anderen Shops der Modekette in Deutschland ähnlich seien.

Furcht vor beruflichen Konsequenzen verhindert Betriebsräte

Eine weitere Arbeitnehmervertretung gibt es Verdi zufolge bisher nur in Ludwigshafen. Viele, oft befristet Beschäftigte hätten Angst, dass ihr Vertrag nicht verlängert wird, wenn sie sich im Betriebsrat engagierten. Der Mutterkonzern Abercrombie & Fitch war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Erst im April hatten sich Unternehmen und Betriebsrat im Streit um flächendeckende Kontrollen von Taschen und Jacken der Frankfurter Hollister-Mitarbeiter vorläufig geeinigt. Bis zum Abschluss einer endgültigen Betriebsvereinbarung werden die Mitarbeiter dort nach einem "Würfelprinzip" kontrolliert: Wer eine Vier würfelt, wird überprüft. Eine endgültige Einigung steht noch aus, mit einem Spruch der Einigungsstelle wird voraussichtlich im September gerechnet.

Außen hui, innen pfui - das trifft auf kaum ein Unternehmen so zu wie auf die A & F-Gruppe. So sind die Hollister-Filialen aufgemacht wie Surf-Shops, laute Musik soll für Party-Atmosphäre sorgen, über die Lüftungsanlagen werden Duftstoffe in die Verkaufsräume geblasen. Zum Himmel stinkt es bei Hollister trotzdem.

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