Urteil zu vermeintlichem Arbeitsunfall:Après-Ski vor Gericht

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Eine Skiabfahrt diene allein dem Freizeitvergnügen, befand jetzt das Bayerische Landessozialgericht. (Symbolbild) (Foto: dpa)

Bei einem Firmen-Event auf der Piste erleidet ein Kaufmann einen Kreuzbandriss. Ein Dienstunfall, sagt er. Ein Privatvergnügen, sagt das Landessozialgericht. Denn Geschäftliches lasse sich nicht beim Skifahren besprechen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, kann im Geschäftsleben mitunter tückisch sein: So musste ein Geschäftsmann erfahren, dass seine Ski-Verletzung, die er bei einem Firmen-Event in Österreich erlitten hatte, kein Arbeitsunfall ist. Die gesetzliche Unfallversicherung müsse in diesem Fall nicht für die Kosten aufkommen, stellte das Bayerische Landessozialgericht nun in einem Urteil fest: Während einer Skiabfahrt fänden nämlich geschäftliche Besprechungen nicht statt.

Geklagt hatte ein Kaufmann, Geschäftsführer einer Werbefirma aus dem Münchner Umland. Ihn hatte eine Volksbank zu einer Informationsveranstaltung eingeladen: Geschäftskunden sollten hier Hintergrundwissen über aktuelle Finanzthemen vermittelt bekommen, Kontakte zu potenziellen Kunden knüpfen, Netzwerke ausbauen - und all das zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls im schönen Skigebiet Saalbach-Hinterglemm. Bei einer Abfahrt mit anschließendem Mittagessen in einem Almgasthof war der Geschäftsführer dann verunglückt: Kreuzbandriss am rechten Bein.

In dem Gerichtsverfahren wartete er mit einem Zeugen auf, der bekunden konnte, dass sie beide bei diesem geplanten Geschäftsessen konkrete Projekte und Verträge besprechen wollten. Eigentlich fahre er gar nicht gern Ski, sagte der klagende Kaufmann vor Gericht. Trotzdem habe er unbedingt an der Abfahrt teilnehmen müssen: "Wenn ein Gemeinschaftsgefühl mit den Kunden entstehen soll, geht es nicht, dass ich einem Teil der Veranstaltung fernbleibe." Als gelernter Werkzeug- und Maschinenschlosser habe er sich nur mit großem Engagement in eine Führungsposition in der Werbebranche hocharbeiten können. "Für mich ist daher auch diese Skiabfahrt rein betrieblich veranlasst gewesen."

Skifahren als betriebliche Tätigkeit?

Die Unfallversicherung wollte das nicht akzeptieren, denn zu dem Unfall sei es in der privaten Mittagspause gekommen. Dem widersprach der klagende Kaufmann. Bei diesem Event habe der "Networking-Gedanke" im Vordergrund gestanden. "Deshalb ist es nicht möglich, das Veranstaltungsprogramm in betriebliche und private Tätigkeiten aufzuteilen." Das Skifahren habe somit der betrieblichen Tätigkeit gedient.

Die Sozialrichter erklärten, dass bei freiwillig versicherten Personen, die wie der Werbekaufmann selbstständig tätig seien, nur all das versichert sei, was objektiv dem Unternehmenszweck diene. Deshalb drehe sich in diesem Fall alles um die Frage, ob die zum Unfall führende Skiabfahrt für sich betrachtet im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit lag. Und das Gericht gab auch gleich die Antwort: "Von außen erkennbar diente die Skiabfahrt allein dem Freizeitvergnügen." Weil sie sich nämlich schon aufgrund der erschwerten Kommunikation nicht für geschäftliche Besprechungen eigne. Deshalb habe man sich dazu auch anschließend beim Mittagessen zusammensetzen wollen.

Die Richter des 17. Senats wollten den Sturz aber auch nicht etwa als Wegeunfall durchgehen lassen. Denn vom Tagungshotel führe der Weg mit einer Gondelbahn zu der Almgaststätte hinauf, ohne dass hierfür eine Skitour notwendig gewesen wäre. "Die Skiabfahrt war deshalb auch ein nicht erforderlicher Umweg oder Abweg", argumentierte das Gericht. Doch selbst bei teilweiser oder völliger Streckenidentität bliebe das Skifahren nach Meinung des Senats ein reines Privatvergnügen.

Das Urteil (Az.: L 17 U 484/10) ist rechtskräftig, die Revision hat der Senat ausdrücklich nicht zugelassen.

© SZ vom 07.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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