Ob in Berlin, München oder Köln - wer bei einer Arbeitsagentur anruft, landet zunächst einmal in einer Warteschleife. Eine weibliche Stimme vom Tonband sagt: "Willkommen in Ihrer Agentur für Arbeit". Danach darf der Anrufer die "2" auf seiner Tastatur drücken, "wenn Sie Fragen rund um das Thema Arbeitslosengeld II haben, auch bekannt unter Hartz IV". Beim Kindergeld ist die "5" dran, bei allen anderen Angelegenheiten die "8".
Telefonische Anfragen kanalisiert die Bundesagentur für Arbeit bundesweit über einheitliche Hotline-Nummern, damit die Vermittler in ihren Büros - ungestört durch Anrufe von außen - mit Arbeitslosen sprechen können. Dieses System steht nun auf der Kippe. Das Leipziger Verwaltungsgericht hat entschieden, dass das Jobcenter Leipzig die Durchwahlnummern seiner Sachbearbeiter herausgeben muss.
Es geht dabei um eine ganz grundsätzliche Entscheidung, welche die zukünftige Arbeitsweise vieler Behörden des Landes beeinflussen könnte: Dürfen Ämter die persönlichen Dienstnummern ihrer Mitarbeiter geheim halten oder widerspricht dies dem Informationsfreiheitsgesetz? Dieses gibt den Bürgern ein Recht auf amtliche Informationen, soweit nicht Sicherheitsgründe oder der Datenschutz entgegenstehen.
"Abfertigung der Betroffenen in einem Callcenter"
Im Fall des Jobcenters meinten die Leipziger Richter, die Durchwahlnummern der Bearbeiter würden nicht unter den persönlichen Datenschutz fallen. Auch habe der Informationsanspruch der Bürger Vorrang vor der inneren Organisation des Jobcenters.
Der Leipziger Rechtsanwalt Dirk Feiertag, der das Urteil erstritt, hält diese Entscheidung für überfällig. Eine schnelle Hilfe für Arbeitslose werde "durch die Abfertigung der Betroffenen in einem Callcenter systematisch verhindert", sagt er. Auch Martin Künkler von der Koordinierungsstelle der gewerkschaftlichen Arbeitslosengruppen hält den Richterspruch für richtig. "Es ist ein Ärgernis, dass es für Arbeitslose nicht möglich ist, ihren Vermittler direkt anzurufen, um bestimmte Probleme schnell zu klären."
Die Bundesagentur sieht dies ganz anders. BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt twitterte: Das Urteil sei "nicht praxistauglich". Die Behörde weist darauf hin, dass die insgesamt 76 Callcenter für Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger jährlich gut 30 Millionen Anrufe erhielten. Mehr als 80 Prozent der Anfragen ließen sich sofort klären. Jeder Jobsuchende könne über die Hotline einen persönlichen Gesprächstermin mit seinem Vermittler buchen, der nur so Zeit und Ruhe hätte, mit dem Arbeitslosen zu reden.
Das Jobcenter Leipzig wird daher in Berufung gehen. Vor dem Oberverwaltungsgericht geht es dann um nichts weniger als einen Grundpfeiler der Hartz-Reformen.