Urteil:Bundespolizistinnen dürfen kleiner sein als 1,63 Meter

Bundespolizei patroulliert in Köln

Groß genug: zwei Bundespolizisten.

(Foto: Oliver Berg/dpa)
  • Eine studierte Juristin strebt in den höherern Polizeivollzugsdienst - und wird abgewiesen, weil sie mit 1,58 Metern nicht die geforderte Minimalkörpergröße erreicht.
  • Das Verwaltungsgericht Schleswig hat erklärt, die Einstellungspraxis der Behörde widerspreche dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.
  • Da die Bundespolizei auf eine Berufung gegen das Urteil verzichtet hat, ist es nun rechtskräftig.

Einstellungspolitik der Bundespolizei

Wer für Recht und Ordnung einstehen will, der soll auch ordentlich aussehen. So oder so ähnlich lautete lange Zeit das Credo der Bundespolizei, wo erst im vergangenen Jahr eine Bewerberin wegen eines großflächigen Tattoos auf dem Unterarm angelehnt wurde. Die Dame zog zwar gegen die Entscheidung vor Gericht, unterlag jedoch. In der Urteilsbegründung formulierte das Darmstädter Verwaltungsgericht:

Sichtbare Tätowierungen könnten das Misstrauen des Bürgers schüren, weil sie als Zeichen eines gesteigerten Erlebnisdrangs verstanden werden könnten. Solche Tätowierungen würden eine überzogene Individualität zum Ausdruck bringen, die die Toleranz anderer übermäßig beanspruche.

Das klingt nun ein wenig konservativ, aber die Verantwortlichen haben danach offenbar ihre Einstellungpraxis bezüglich überzogener Individualisten überdacht. So meldete Spiegel Online im Dezember 2014, die Behörde wolle es künftig "beim Auftreten ihrer Beamten lockerer zugehen lassen". Sichtbare Tätowierungen und Dreitagebärte blieben zwar verboten, dafür seien dezente Piercings nun erlaubt. Was ein paar Bartstoppeln mit der Qualifikation eines Polizeibeamten zu tun haben, erklärte die Bundespolizei in dem Zusammenhang nicht.

Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Wenn es um die Körpergröße geht, verstand man bei der Bundespolizei weiterhin keinen Spaß. Männer müssen mindestens 1,65 Meter groß sein, Frauen 1,63. Minimum, darunter geht es nicht. Außerdem dürfen Vertreter beider Geschlechter auch nicht größer als 1,95 Meter sein, das aber nur am Rande. Begründet wurde die Regelung mit den speziellen körperlichen Anforderungen, die der Job bei der Bundespolizei mit sich bringt.

Dagegen klagte nun eine, für den höheren Polizeivollzugsdienst um exakt fünf Zentimeter zu kleine und daher abgewiesene Volljuristin - und gewann. "Die Kammer hat nicht feststellen können, dass die für Männer und Frauen unterschiedlichen Mindestkörperlängen, die prozentual in stark unterschiedlichem Maß Männer und Frauen vom Zugang zum höheren Dienst der Bundespolizei abhalten, durch belegte Gründe gerechtfertigt sind", heißt es in der Urteilsbegründung.

Da die Bundespolizei keine Berufung gegen das bereits Ende März gesprochene Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig eingelegt hat, ist es nun rechtkräftig. Nach Ansicht der Richter verstieß die Ablehnung der Frau gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Der 1,58 Meter großen Klägerin wurde eine Entschädigung von 3800 Euro zugesprochen.

"Die Körpergröße einer Person kann keine Aussage über die Geeignetheit eines Bewerbers oder einer Bewerberin treffen", erklärte die Rechtsanwältin Frauke Zylka aus Thüringen, zugleich Klägerin. Dies bleibe ein willkürliches Kriterium. Aus dem Urteil müssten außer der Bundespolizei auch die Länderpolizeien Konsequenzen ziehen und hierzu ihre Vorgaben für Größenvorgaben kritisch hinterfragen.

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