Doch Kreativität kennt keine festen Arbeitszeiten. Menschen entwickeln nicht auf Knopfdruck zwischen neun Uhr morgens und fünf Uhr abends gute Gedanken. Ideen kommen ohne Zeitplan. Die neuen Arbeitsmittel - Smartphone, Laptop und iPad - vereinfachen diese Wissensarbeit enorm: Schnell mal eben um Mitternacht eine Idee ins iPad notiert oder eine kurze E-Mail dem Kollegen ins Smartphone gesendet. Jeder einzelne Handgriff ist schnell erledigt. Doch in der Summe stehen heutzutage viele Arbeitnehmer bis spät in die Nacht auf Rufbereitschaft. Erst kürzlich meldete das Statistische Bundesamt in Wiesbaden, dass Nacht- und Wochenendarbeit in Deutschland deutlich zugenommen haben.
Das alleine macht noch nicht krank. Es greift zu kurz, den digitalen Kommunikationsmitteln und flexibleren Arbeitszeiten einfach die Schuld dafür zu geben, dass die Fehlzeiten in den Firmen wegen Burn-outs seit Jahren steigen. Denn es sind ja nicht nur die digitalen Wissensarbeiter, die ausbrennen. Es trifft die alleinerziehende Mutter ebenso wie den 30-jährigen Kreativarbeiter. Oft sind es Idealisten, Menschen, die viel von sich erwarten. Menschen in Berufen mit hoher sozialer Verantwortung und geringer gesellschaftlicher Anerkennung werden öfter seelisch krank als andere, melden die Betriebskrankenkassen schon seit Längerem.
Krankenschwestern, Sozialarbeiter, Erzieherinnen und Seelsorger sind hochgefährdet - Berufe, in denen auch der Fachkräftemangel viele zur Mehrarbeit zwingt. Sie arbeiten dann oft bis zum Umfallen, engagieren sich extrem und erleben schließlich den gesundheitlichen Superstörfall: Burn-out. Oft gehen Überarbeitung und Frust am Arbeitsplatz diesem Zusammenbruch voraus.
Die Arbeitswelt verändert sich drastisch. Sie hat die Schwelle ins digitale Zeitalter überschritten und damit an Schnelligkeit zugelegt. Mit knappen Produktionsfaktoren soll man nicht verschwenderisch umgehen - nur so darf das Effizienz-Prinzip auf Menschen übertragen werden. Nicht verschwenderisch mit Mitarbeitern umzugehen bedeutet, auf ihre Gesundheit zu achten. Mitarbeitergespräche können der erste Schritt sein. Gesundheitsmanagement und flexible Arbeitszeitmodelle ein zweiter. Gesunde Mitarbeiter sind glücklicher und produktiver.
Vor allem liegt es an jedem selbst. Menschen sind für sich verantwortlich. So wie der Manager, der allmählich ausbrannte und die Notbremse zog. Er lernte, in der Arbeit Grenzen zu ziehen - und die eigene Begrenztheit zu respektieren.