Süddeutsche Zeitung

Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz:"Leistung lohnt sich nicht"

In Deutschland haben alle die gleichen Aufstiegschancen? Wer sich anstrengt, schafft es, denn Leistung wird belohnt? Eine deutliche Mehrheit der Deutschen winkt bei diesen Aussagen ab. Einer aktuellen Umfrage zufolge glaubt nur eine Minderheit daran, dass es auf dem Arbeitsmarkt gerecht zugeht.

Zwei von drei Deutschen glauben einer Umfrage zufolge, dass sich Leistung nicht lohnt. Dieses Ergebnis einer aktuellen Studie veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung in Gütersloh. Nur etwa ein Drittel der Befragten ist demnach der Ansicht, dass alle Bürger die gleichen Aufstiegschancen haben.

Das Meinungsforschungsinstitut Infas hatte im Auftrag der Stiftung etwa 1000 Menschen befragt. Eine Mehrheit von ihnen gab an, die Unsicherheiten auf dem Arbeitsmarkt hätten für Arbeitnehmer im vergangenen Jahrzehnt zugenommen (75 Prozent). Nur eine Minderheit der Befragten glaube zudem an Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt, hieß es in einer Mitteilung der Stiftung.

Um mehr Gerechtigkeit zu schaffen, sollten einer großen Mehrheit der Befragten zufolge Männer und Frauen gleich bezahlt werden (87 Prozent). Auch Leiharbeiter und Stammbeschäftigte (82 Prozent) sollten nach Meinung vieler gleichviel Lohn oder Gehalt erhalten.

Annähernd vier von fünf Befragten (77 Prozent) sind zudem der Ansicht, dass "Handarbeit" genauso honoriert werden sollte wie "Denkarbeit". Zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) sind zudem der Ansicht, dass das Gehalt mit Dauer der Betriebszugehörigkeit steigen sollte, und zwar ohne wenn und aber.

Am Arbeitsplatz ist den Deutschen der Umfrage zufolge ein gutes Betriebsklima besonders wichtig (74 Prozent) - sogar wichtiger als eine leistungsgerechte Bezahlung (35 Prozent), ein sicherer Arbeitsplatz (11 Prozent) und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (8 Prozent).

Ein Gehalt pro Familie sollte reichen

Was Arbeit und Familie angeht, scheinen die Vorstellungen vieler Deutscher recht traditionell geprägt zu sein: Mehr als zwei Drittel der Befragten erklärten, "dass ein Gehalt ausreichen sollte, um eine Familie zu ernähren", hieß es in der Mitteilung der Stiftung.

Auch was Regelungen der Arbeitslosenversicherung angeht, ist das Votum der Befragten recht eindeutig. Drei Viertel der Befragten wollen, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils zur Hälfte die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung tragen. 86 Prozent finden, dass ältere Versicherte länger Arbeitslosengeld erhalten sollten, weil sie es schwerer haben, einen neuen Job zu finden.

80 Prozent sagten zudem, Leistungen der Arbeitslosenversicherung sollten umso länger gezahlt werden, je länger mal eingezahlt habe. Mit der längeren Einzahlung habe man auch höhere Ansprüche erworben. Nur 37 Prozent stimmten hingegen der Aussage zu, dass die Arbeitslosenversicherungs-Leistungen für alle gleich lang gezahlt werden sollten, egal, wie lange man vorher eingezahlt habe - schließlich handele es sich um eine Versicherung und nicht um ein Sparkonto.

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