Umwege im Lebenslauf:Zurück auf Los

Ein Assistenzarzt hat das Medizinstudium hinter sich - und will plötzlich etwas völlig Neues studieren. Ruiniert das seinen Lebenslauf für Bewerbungen? Beraterin Uta Glaubitz antwortet.

SZ-Leser Stefan D., 28, fragt:

Umleitung

Umwege im Lebenslauf sind bei Personalern nicht gerne gesehen - oder doch?

(Foto: ddp)

Ich habe mein Medizinstudium abgeschlossen. Seither arbeite ich als Assistenzarzt, bin aber sehr unzufrieden.

Ich überlege, ob ich den Beruf wechseln und noch etwas anderes studieren soll. Mich würde etwas Technisches reizen, zum Beispiel Fahrzeugtechnik oder Medizintechnik. Wie ist Ihre Meinung dazu: Wird man als Berufswechsler bei Bewerbungen gleich zum Außenseiter oder ist ein Wechsel "erlaubt"?

Uta Glaubitz antwortet:

Lieber Stefan D., normalerweise würde es reichen zu antworten: "Nein, Sie werden nicht zum Außenseiter." Und: "Ja, Wechseln ist erlaubt." Schließlich sind viele erfolgreiche Menschen Berufswechsler: Da gibt es den Vorstand, der früher Gymnasiallehrer war, und den Unternehmensberater, der seine Karriere als Rechtsanwalt begonnen hat. Solche Beispiele zeigen, dass Engagement für die meisten Karrieren wichtiger ist als ein homogener Lebenslauf. Wenn man selbst überzeugt ist von dem, was man tut, dann kann man auch andere von sich überzeugen.

Ich würde generell davon abraten, den eigenen Lebenslauf danach auszurichten, was Arbeitgeber angeblich gerne sehen und was nicht. Wer nur den Ansprüchen anderer hinterherläuft, wirkt unglaubwürdig und schwach. Das macht in keiner Branche einen guten Eindruck. Wenn Sie nicht selbstbewusst zu dem stehen, was Sie möchten, werden sich die meisten Arbeitgeber fragen: "Der weiß nicht, was er will. Wie soll so einer in meiner Firma etwas erreichen?"

Ein Studium ist keine Selbstfindung

Wenn Sie nicht Arzt sein wollen, beenden Sie Ihre Karriere als Mediziner. Nur aus Bequemlichkeit im Job zu bleiben, ist nicht gut für Ihre Patienten und auch nicht gut für Sie und Ihre Kollegen.

Überlegen Sie stattdessen, was besser zu Ihnen passen würde: Wenn Sie lieber Motoren entwickeln wollen, dann studieren Sie Maschinenbau, Schwerpunkt Motorentechnik. Wenn Sie lieber Autos bauen wollen, studieren Sie Maschinenbau, Schwerpunkt Fahrzeugbau. Klug wäre es dann, zum Beispiel in die Unfall- und Crashtest-Forschung zu gehen. Dort könnten Sie Ihr medizinisches Wissen einbringen. Wenn Sie aber lieber Dialysegeräte, Mikroskope und Prothesen entwickeln möchten, dann ist ein Aufbaustudium oder ein zusätzlicher Bachelor in Medizintechnik eine hervorragende Qualifikation. Vielleicht schreiben Sie Ihre Abschlussarbeit gleich in Zusammenarbeit mit einem Medizintechnikhersteller. Das wäre die beste Voraussetzung, um später dort einen Job zu bekommen.

Ob Sie dabei in der Lage sind, sich ein Ziel zu setzen, Schritte dorthin festzulegen und das Ganze auch erfolgreich umzusetzen - das interessiert einen Arbeitgeber mehr als die Frage, ob ein Bewerber sich als Lebenslauf-Musterknabe präsentiert. Ein zusätzlicher Vorteil: Sie können sich gleich die Selbstdeklarationen im Lebenslauf ("Ich bin zielorientiert, strukturiert und planvoll") sparen. Ein Arbeitgeber sieht schon an den aufeinander aufbauenden Ausbildungsbausteinen, dass Sie zielorientiert vorgehen.

Ein letzter Tipp: Bevor Sie sich für ein zusätzliches Studium entscheiden, bitte unbedingt festlegen, was Sie beruflich machen wollen. Ein Studium ist nicht angeleitete Selbstfindung oder Beschäftigungstherapie, sondern Mittel zum Zweck. Sie sollen lernen, wie Sie später Ihre Aufgaben im Beruf gut lösen. Ein Studium ohne Ziel dagegen sieht eher danach aus, als würden Sie lieber studieren als arbeiten. Und das macht in jedem Fall einen schlechten Eindruck.

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