Umschulung von Arbeitslosen zu Erziehern:Länder scheitern an von der Leyens Idee

Mehr als 6000 Arbeitslose würden gerne Erzieher werden. Doch nur ein Bruchteil von ihnen hat bisher mit der Umschulung angefangen - in den Ländern fehlen die Voraussetzungen für das Programm von Arbeitsministerin von der Leyen. Die Gründe dafür sind vielschichtig, und die Zeit drängt.

Thomas Öchsner, Berlin

Am Anfang stand die Zahl 5000. Sie stammt von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), beziehungsweise der Bundesagentur für Arbeit (BA). 5000 Arbeitslose wollte die BA zu Erzieherinnen und Erziehern umschulen oder weiterqualifizieren, weil viele Kindergärten und Kitas verzweifelt Fachkräfte suchen. Doch nun zeigt sich: Obwohl es mehr als genug Interessenten in den Jobcentern und Arbeitsagenturen gibt, wird die Zahl 5000 vorerst eine Luftnummer bleiben.

Die Nürnberger Bundesagentur hat jetzt eine neue Bilanz ihrer Aktion vorgelegt. Das Ergebnis, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, ist ernüchternd: Demnach erklärten sich bis zum September 6355 Arbeitslose mit mindestens Mittlerer Reife bereit, Erzieher zu werden. Mehr als die Hälfte von ihnen, gut 3600, sind Hartz-IV-Empfänger. Für viele wird sich der Traum aber zunächst nicht erfüllen. Nach Angaben der BA haben bis Ende September lediglich 813 angefangen, sich für den Beruf des Erziehers weiterzuqualifizieren. Bis Ende des Jahres rechnet die Behörde damit, dass ihre Zahl noch auf etwa 1400 steigt. Der überwiegende Teil der Interessenten ist bislang leer ausgegangen, weil in vielen Ländern die Voraussetzungen für das 5000er-Programm fehlen.

Laut der jüngsten Auswertung der Bundesagentur werden allein in neun der 16 Bundesländer um die 23.000 Erzieher bis zum Jahr 2016 gesucht. Für die anderen Länder gibt es noch keine Prognose, oder sie erwarten keinen Engpass. Die Zeit drängt: Von 1. August 2013 an hat in Deutschland jedes Kind vom ersten Lebensjahr an einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Betreuungseinrichtung.

Umso weniger versteht BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt, dass es bislang nicht überall vorangeht: "Dafür, dass der Problemdruck relativ groß ist, sind wir in einigen Bundesländern beim Thema Umschulungsmöglichkeiten für Arbeitslose noch keinen Schritt weiter", kritisiert er.

Derzeit klemmt es vor allem bei der nötigen Zertifizierung der Schulen für die Erzieherausbildung. Die war zunächst nur für private Anbieter vorgeschrieben. Diese fühlten sich dadurch benachteiligt. Deshalb müssen nun auch staatliche Schulen ein Zertifikat vorlegen, was sie einmalig 10.000 bis 15.000 Euro kosten kann. In den meisten Bundesländern sind diese Schulen jedoch noch nicht zertifiziert - folglich dürfen bislang arbeitslose Umschüler dort auch nicht zu lernen anfangen.

Hinzu kommen andere Probleme: Eine verkürzte Ausbildung, die allerdings heftig umstritten ist, erlauben bislang nur Hessen, Bremen und teilweise Sachsen. In mehr als der Hälfte der Bundesländer gibt es niemanden, der das dritte Ausbildungsjahr finanziert. Außerdem fehlen Praktika-Stellen in den Kitas. "Um sich für den Beruf entscheiden zu können, muss man Arbeitslosen die Möglichkeit geben, den Beruf im Vorfeld mal hautnah zu erleben und mit Erziehern ins Gespräch zu kommen", sagt Alt. Das könne auch dazu beitragen, "mit Vorurteilen auf beiden Seiten aufzuräumen". Der BA-Manager fordert einheitliche Standards. "Beim Thema Erzieherausbildung scheitern wir mit unseren Bemühungen an den unterschiedlichsten Regelungen der Länder."

So haben von den gut 800 Arbeitslosen, die die Chance bekommen haben, Erzieher zu werden, nur die wenigsten einen Platz auf einer Fachschule ergattert. Der überwiegende Teil bereitet sich in ein- bis zweijährigen Kursen auf die staatliche Erzieherprüfung vor. Das allerdings ist für sie ein Vabanquespiel: Viele fallen durch die sogenannte Nichtschülerprüfung durch. In Berlin und Brandenburg waren dies zuletzt 70 Prozent. Statt des sicheren Jobs in der Kindertagesstätte droht ihnen dann wieder Hartz IV.

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