Überwachung am Arbeitsplatz:Wer kontrolliert wird, wird nicht kreativ

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Startup-Chef Christian Vollmann hält nichts von der Überwachung am Arbeitsplatz. Lieber lässt er Mitarbeiter im Netz rumdaddeln, als sie zu kontrollieren. (Foto: picture alliance / Tobias Hase/d)

Startup-Gründer Christian Vollmann hält nichts von Überwachung am Arbeitsplatz. Freiräume würden zunehmend zum Wettbewerbsvorteil.

Interview von Sebastian Jannasch

SZ: Chefs, die ihren Mitarbeitern verbieten, privat im Internet zu surfen. Wie klingt das in den Ohren eines Start-up-Gründers?

Christian Vollmann: Wie aus einer anderen Welt. Ich würde nicht in einem Unternehmen arbeiten, wo jeder Klick protokolliert wird. Das ist gruselig. Kreativ wird man da nicht. Ich kenne kein Start-up, das eine schriftliche Vereinbarung zur Internetnutzung unterschreiben lässt. Mit solchen Regeln wird die Arbeit nur unnötig kompliziert und bürokratisch. Dem liegt auch ein Konzept von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zugrunde, das wir nicht teilen.

Von welchem Konzept sprechen Sie?

Gemeint ist eine Arbeitswelt, in der Unternehmer auf der einen Seite stehen, die ihren Mitarbeitern nicht vertrauen, ihnen Vorschriften erteilen und sie überwachen. Auf der anderen Seite sind Arbeitnehmer, die eigentlich gar keine Lust auf ihre Arbeit haben und jede Minute ihrer Arbeitszeit zählen. Das ist schade. Leider verfahren immer noch zu viele nach dem Motto: Arbeit mit nach Hause nehmen, ist super, aber Privates hat am Arbeitsplatz nichts verloren.

Dann lassen Sie Ihren Mitarbeitern alle Freiheiten?

Ich bin einer der Gründer des sozialen Nachbarschaftsnetzwerks "Nebenan.de". Bei Online-Start-ups gehört es zum Job, auf Facebook unterwegs zu sein. Es kommt darauf an zu experimentieren, keine Angst vor Fehlern zu haben. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen, denn unsere Mitarbeiter sollen auf gute Ideen kommen. Führung bedeutet hier, dass man sicherstellt, dass alle Mitarbeiter wissen, für welches Ziel ein Unternehmen arbeitet und transparent ist, wie ihre Arbeit zum Erfolg beiträgt. Auf dem Weg dorthin sollen die Mitarbeiter sehr viel Eigenverantwortung übernehmen. Das erzeugt Motivation.

Schauen Sie Ihren Mitarbeitern nicht auch ab und zu über die Schulter?

Das geht oft gar nicht. Viele unserer Programmierer kommen gar nicht ins Büro, sondern arbeiten mit Kopfhörern auf den Ohren in ihrem Keller, um produktiv zu sein, nachts oder am Wochenende. Solange das Ergebnis stimmt, ist es mir egal, wann, wie und wo sie arbeiten.

Und wenn jemand die Freiheit missbraucht, etwa einen Zweitjob bedient?

Wenn jemand im Büro sitzt und dauerhaft an anderen Projekten arbeitet, wäre das ein Zeichen, dass er nicht die nötige Motivation hat. Das wäre schon ein Problem. Ich verstehe auch, dass bei der Polizei oder im Krankenhaus nicht jeder individuell entscheiden kann, wann er arbeitet, und was er nebenbei macht. Aber dort, wo man wissensbasiert am Computer arbeitet, werden Freiräume für die Mitarbeiter künftig immer stärker zu einem Wettbewerbsvorteil, weil die Mitarbeiter motivierter und produktiver sind. Gleichförmige Aufgaben machen künftig Roboter und künstliche Intelligenz. Das Wertvollste ist Kreativität.

© SZ vom 28.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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