TU München schafft 100 Professorenstellen:Karriere in der Lehre

Neues System an der TU München: Mit Geld aus der Exzellenz-Initiative will die Universität 100 neue Professuren einrichten - nach einem neuen System. Damit kann die Hochschule auch ein heikles Problem umschiffen.

Sebastian Krass

Zum 15. Juli gehen die Ausschreibungen raus: zehn Professorenstellen ohne fachliche Ausrichtung. "Es kann sich jeder bewerben, der sagt: Ich passe in das Profil dieser Universität", sagt Wolfgang Herrmann, Präsident der Technischen Universität (TU) München. Es soll der Start eines Paradigmenwechsels werden. Bis zum Jahr 2020 will die TU insgesamt 100 neuartige Professuren einrichten, 25 davon wird sie aus den Geldern der kürzlich entschiedenen zweiten Runde der Exzellenzinitiative finanzieren.

"Tenure Track" ist das Schlüsselwort für die künftige Gestaltung von Professorenkarrieren. Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) arbeitet schon seit 2006 mit diesem Modell und will es mit den Millionen aus der Exzellenzinitiative weiter ausbauen. Die TU München führt es nun ein.

Bisher ist das deutsche Berufungssystem vergleichsweise starr. Es dauert meist lang, bis man als Professor auf Lebenszeit angestellt wird und eigenständig forschen und lehren kann. Manche Professoren bleiben bis zum Ruhestand einem Lehrstuhlinhaber untergeordnet. Dieses System wolle man in ein "konsequent durchgängiges Karrieresystem" umwandeln, sagt TU-Chef Herrmann. Wer Professor wird, soll von Anfang an eigenständig forschen und lehren können und nach sechsjähriger Bewährungszeit die garantierte Chance auf eine Lebenszeit-Anstellung haben. "Es ist für den Nachwuchs einfach wichtig, früher zu wissen, ob sie eine Lebenszeitanstellung bekommen", sagt LMU-Präsident Bernd Huber.

Das Tenure-Track-Modell stammt aus Nordamerika. Demnach werden Professoren zunächst für sechs Jahre befristet eingestellt, als "assistant professor", wie das in den USA und Kanada heißt. Die LMU hat 79 dieser Stellen geschaffen. Nach sechs Jahren müssen sich die Professoren einer Begutachtung stellen. Dann entscheidet sich, ob sie eine Lebenszeitanstellung, den sogenannten "tenure", bekommen - oder ob sie gehen müssen.

Wenn sie bleiben dürfen, erreichen sie nach nordamerikanischem Vokabular den Status des "associate professor", die zweite Stufe des Professorendaseins. An der LMU haben sechs Professoren dieses Verfahren erfolgreich durchlaufen, drei weitere laufen gerade. Die dritte und höchste Stufe ist im Tenure-Track-Modell der Status als "full professor", der noch einmal mit einem Gehaltsaufschlag und besserer Ausstattung verbunden ist. Um diesen Punkt zu erreichen, muss ein "associate professor" ganz besondere Leistungen erbracht haben.

Mehrstufiges Verfahren

Mit dem neuen System können die bayerischen Unis auch das Verbot von sogenannten Hausberufungen umschiffen. Bisher war es nur in wenigen Ausnahmefällen möglich, einen Nachwuchswissenschaftler aus dem eigenen Hause erstmals zum Professor zu berufen. Wer Professor werden wollte, musste die Uni wechseln. Künftig ist eine Karriere von der Promotion bis zum "full professor" an einer Universität viel eher möglich.

Dafür wurde eigens das Bayerische Hochschulpersonalgesetz geändert. Bisher musste jede Stelle eines W3-Professors, also der höchsten Gehaltsgruppe, offen ausgeschrieben werden. Die TU will jedoch die Möglichkeit haben, Professoren von der ersten - noch befristeten - Anstellung direkt in die zweite - dauerhafte - Anstellung zu berufen und diesen Schritt zugleich mit W3-Besoldung zu honorieren.

Die Pflicht zur Ausschreibung von W3-Stellen entfällt künftig, wie eine Sprecherin von Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) erklärt. Allerdings, betont sie, brauche es dafür ein ausgefeiltes, vom Ministerium genehmigtes "Qualitätssicherungskonzept, das sicherstellt, dass die Person auch die richtige für die Position ist". Die TU sei mit der Erarbeitung dieses Konzepts schon besonders weit. Ihr Chef Herrmann sagt: "Das System funktioniert nur, wenn wir schon beim Eingang ganz hohe Standards haben." Und auch bei der Entscheidung über eine Anstellung auf Lebenszeit werde man strenge Maßstäbe anlegen und diese von externen Experten überwachen lassen.

Mit dem Tenure-Track-Modell wollen LMU und TU nicht nur jungen Wissenschaftlern bessere Perspektiven bieten. Sie wollen auch "attraktiver für internationale Talente" werden, wie beide Präsidenten nahezu unisono sagen. An der TU beispielsweise sollen von den 100 neuen Professorenstellen bis 2020 immerhin 40 Prozent aus dem Ausland besetzt werden.

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