Tag der Arbeit:Ein verschenkter Feiertag

Der Tag der Arbeit fällt dieses Jahr auf einen Sonntag - und niemanden stört es. Das ist im Ausland anders. Dort fällt ein Feiertag nicht einfach so aus. Schon gar nicht der Tag der Arbeitnehmer.

Michael Kuntz

Es ist ihr Feiertag, aber in diesem Jahr haben sie wenig davon. Der Tag der Arbeit fällt auf einen Sonntag - ausgerechnet. So läuft am 1. Mai für die Arbeitnehmer in Deutschland alles wie an einem gewöhnlichen Wochenende. Das ist nicht überall so. In vielen Staaten hat der Gesetzgeber Vorkehrungen getroffen, damit der Tag der Arbeit auch wirklich ein zusätzlicher freier Tag für die abhängig Beschäftigten wird.

So kann es in den USA überhaupt nicht passieren, dass der Tag der Arbeit als arbeitsfreier Feiertag ausfällt. Denn er findet immer an einem Montag statt und zwar dem ersten im Oktober. In Großbritannien, Spanien oder Belgien werden Feiertage, wenn sie auf einen Sonntag fallen, automatisch am folgenden Montag nachgeholt. Die Briten hatten dies in den siebziger Jahren eigens eingeführt. So hält es übrigens auch Thailand mit dem Geburtstag seines Königs.

Russland und Japan verbinden gleich mehrere Feiertage zu Freizeit-Blöcken. Die Japaner nutzen ihre "Goldene Woche" Anfang Mai nach Erdbeben und Tsunami dieses Mal für viele Hilfsaktionen in den betroffenen Gebieten.

Eine sehr spezielle Regelung gibt es in Luxemburg: Fällt ein gesetzlicher Feiertag auf einen Sonntag, so kann stattdessen ein anderer Tag frei genommen werden. Das muss innerhalb von drei Monaten nach dem Feiertag geschehen. Aus einem Tag der Arbeit werden auf diese Art viele Tage der Freizeit. Die historische Solidarität der Arbeiterbewegung an diesem Tag bleibt auf der Strecke.

Der Tag der Arbeit an einem Sonntag - der ausgefallene Feiertag ist in Deutschland nicht mal für die Gewerkschaften ein Thema. Keineswegs alle Nationen nehmen das so klaglos hin. Die Griechen riefen sogar einen Generalstreik aus, als die Regierung im Jahr 2005 den 1. Mai nicht nachholen wollte, obwohl er auf den Ostersonntag gefallen war.

Feiertage? Nichts als Kosten.

In Deutschland bleibt es wie gehabt: Viele Feiertage fallen auf fixe Daten. Sie verschieben sich jedes Jahr um einen Wochentag, in jedem vierten Jahr ("Schaltjahr") sogar um zwei. Dabei ist es keineswegs so, wie gelegentlich suggeriert wird, dass Arbeitnehmer in Deutschland leicht auf einen Feiertag verzichten können, weil sie schon viele besitzen. So ist es nämlich nicht. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit bundesweit zehn Feiertagen im Mittelfeld. Je 15 oder 16 Festtage gefeiert werden in Indien, Japan, Zypern, Slowakei und Südkorea.

Biergarten - Saison in Bayern eroeffnet

Den Tag der Arbeit ist als freier Tag bei vielen Bürgern beliebt - da lässt sich zum Beispiel ein Biergarten besuchen. Fällt der 1. Mai auf einen Sonntag, kann man in Luxemburg sogar an einem anderen Tag freinehmen.

(Foto: ddp)

Wenn der 1. Mai ein Sonntag ist, arbeiten deutsche Arbeitnehmer mehr für das gleiche Geld. So ist es in diesem Jahr und so war es im vergangenen Jahr, als der 1.Mai auf einen Samstag fiel. Es gab ebenfalls keine Extra-Freizeit. Die volkswirtschaftliche Wirkung eines quasi ausgefallenen Tages der Arbeit hängt von der Perspektive des Betrachters ab. Aus Sicht der Unternehmer ist jeder Feiertag an einem Wochentag ein Arbeitstag weniger, an dem sich Geld verdienen lässt. Die Bundesbank hat einmal die Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt mit einer Milliarde Euro geschätzt.

Da Löhne monatlich gezahlt werden, unabhängig von der Zahl der tatsächlichen Arbeitstage, ist ein Feiertag für die Unternehmen mit zusätzlichen Kosten verbunden. Fällt der Feiertag auf ein Wochenende und fällt die zusätzliche Freizeit somit aus, dann ist das aus Sicht des Arbeitnehmers wie ein Geschenk für seinen Arbeitgeber. Doch nicht immer ist diese Einordnung so einfach möglich.

Das gilt etwa für ein Land, in dem der Tourismus eine größere Rolle spielt als die Industrie. Findet ein Feiertag nicht statt, gehen weniger Menschen in Schwimmbäder, Freizeitparks und Biergärten. Es kommt zu Einnahmeverlusten in Gastronomie und Tourismus. Die sind dann unter Umständen größer als die Ausfälle für die Industrie am Feiertag.

Die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung geht nicht zu den Demonstrationen der Gewerkschaften. Für viele ist ein Feiertag Anfang Mai mit einem Ausflug ins Grüne verbunden. Das ist gut für die Tourismuswirtschaft. Für den Spaß der Freizeitgenießer müssen allerdings andere Menschen auf ihren Feiertag verzichten - und am Tag der Arbeit arbeiten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: