SZ-Jobcoach:Darf mein Chef vorschreiben, wie schnell ich fahre?

Lesezeit: 2 Min.

Regelmäßig beantworten die SZ-Jobcoaches Fragen aus dem Berufsleben. (Foto: Jessy Asmus)

Maximal 160 Stundenkilometer dürfen Mitarbeiter einer Firma mit ihrem Dienstwagen fahren. Aber dürfen Vorgesetzte dabei überhaupt mitreden?

SZ-Leser Martin S. fragt:

Mein Arbeitgeber hat vor Kurzem eine interne Anweisung zur Benutzung der Firmenfahrzeuge gegeben. Darin werden wir angehalten, nicht schneller als 160 Kilometer pro Stunde zu fahren, auch wenn auf Autobahnen keine Geschwindigkeitsbegrenzung gilt - und sie derzeit ohnehin leer sind. Darf der Chef so etwas vorschreiben? Und muss ich mich daran halten? Die Frage klingt zwar wie ein Luxusproblem, aber angesichts von Termindruck oder späten Heimfahrten nach einem anstrengenden Arbeitstag ist sie nicht trivial.

Ina Reinsch antwortet:

Lieber Herr S., ein Firmenwagen gehört zu den begehrtesten Zusatzleistungen, die sich Arbeitnehmer wünschen. Allein im Jahr 2019 wurden 2,36 Millionen gewerblich genutzte Pkw neu zugelassen. Sie dienen nicht nur dazu, dass Mitarbeitende für ihren Job von A nach B kommen. Da sie häufig unentgeltlich privat genutzt werden dürfen, sind sie auch Vergütungsbestandteil und wichtiges Statussymbol.

Der Anspruch auf einen Dienstwagen und die Nutzungsmodalitäten ergeben sich in der Regel aus dem Arbeitsvertrag und einer Dienstwagenvereinbarung. Letztere ist meistens sehr detailreich. Sie regelt etwa, welches Fabrikat und welche Ausstattung der Arbeitgeber schuldet, ob Mitarbeiter das Fahrzeug auch während des Urlaubs oder des Mutterschutzes fahren dürfen und was im Falle einer Kündigung, vor allem während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses mit dem Dienstwagen passieren soll.

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Wichtig ist auch die Frage, ob Dritte wie Lebenspartner oder Familienmitglieder das Auto benutzen dürfen. Arbeitgeber dürfen selbst entscheiden, ob sie ihren Mitarbeitern dieses Recht gewähren. Dabei verpflichten sie sie meist, selbst zu überprüfen, ob das jeweilige Familienmitglied eine gültige Fahrerlaubnis besitzt. Denn Halter des Dienstwagens ist in der Regel der Arbeitgeber, er haftet in dieser Eigenschaft auch für Unfälle und ist für die Verkehrssicherheit verantwortlich. Daher überträgt er auch die entsprechenden Verpflichtungen meist auf den Arbeitnehmer. Dazu zählen etwa die turnusmäßige TÜV-Untersuchung, notwendige Reparaturen oder der rechtzeitige Wechsel von Sommer- auf Winterreifen.

Wie Sie sehen, kann der Arbeitgeber beim Dienstwagen also relativ viel nach seiner Vorstellung regeln. Darf er auch die Geschwindigkeit bestimmen, mit der das Fahrzeug maximal gefahren werden darf? Ein allgemeines Recht, schnell zu fahren, gibt es in Deutschland nicht, auch wenn manche Autofahrer vom Gegenteil überzeugt sind. Es ist kein Geheimnis, dass mit höherer Geschwindigkeit auch das Risiko schwerer Unfälle steigt. Allein im Jahr 2019 waren rund 41 000 Unfälle mit Personenschaden auf zu hohe Geschwindigkeit im Straßenverkehr zurückzuführen. Aus seiner Fürsorgepflicht, Arbeitnehmer vor möglichen Schäden zu bewahren, darf der Arbeitgeber deshalb auch festlegen, wie schnell Mitarbeitende mit dem Firmenwagen auf dienstlichen Fahrten höchstens fahren sollen.

Doch es gibt noch einen anderen Grund, warum der Arbeitgeber hier ein Wort mitzureden hat, und das sind die Haftungsfolgen. Denn wenn der Mitarbeiter mit dem Auto betrieblich unterwegs ist, gelten die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung. Das bedeutet: Handelt der Arbeitnehmer grob fahrlässig oder vorsätzlich, muss er allein für den Schaden aufkommen. Doch schon bei normaler Fahrlässigkeit ändert sich das, es kommt zu einer Teilung des Schadens zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ist dem Mitarbeiter nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen, haftet er gar nicht, sondern ausschließlich der Arbeitgeber. Wie gesagt: Je höher die Geschwindigkeit, desto größer die Risiken. Vielleicht können Sie der betrieblichen Empfehlung daher auch etwas Positives abgewinnen: Sie kommen entspannter und sicherer beim Kunden, Geschäftspartner oder bei Ihren Lieben zu Hause an.

Ina Reinsch ist Rechtsanwältin, Buchautorin und Referentin in München. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Arbeitsrecht.

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