Studium:Erste Wahl

Fachhochschulen und Universitäten gleichen sich immer weiter an. Doch nach wie vor gibt es grundlegende Unterschiede, auf die Schulabgänger bei der Studienentscheidung achten sollten.

Von Tobias Schormann/dpa

Fachhochschule und Universität - das waren mal zwei getrennte Welten. Heute sind die Grenzen etwas fließender geworden. Das fängt schon beim Namen an. Denn Fachhochschulen heißen heute nicht mehr Fachhochschulen. Viele nennen sich "Hochschule für angewandte Wissenschaften" oder gleich neudeutsch "University of Applied Sciences". Das macht die Sache für Schulabgänger bei der Studienwahl nicht einfacher. "Vielen Schülern ist nicht so klar, worin die Unterschiede liegen", sagt Astrid Schipper, Berufsberaterin von der Arbeitsagentur Berlin. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

Praxis oder Forschung. Traditionell galt der Grundsatz: An der Fachhochschule (FH) lernen die Praktiker, an der Uni die Theoretiker. Ganz so schwarz-weiß ist das Bild heute nicht mehr. Von der Tendenz her stimmt die Aussage aber immer noch. Wer lieber in die Forschung will, sei an der Uni richtig, die FH sei dagegen das passende Modell für Studenten, die mehr Anwendung wollen, erklärt Schipper, die Schüler zu akademischen Berufen berät. Angehende Ingenieure im Maschinenbau zum Beispiel müssten an der Uni anfangs viel Mathe pauken. "Da braucht man einen langen Atem. Und manchen geht da schnell die Puste aus." An der FH sei die Verknüpfung mit der Praxis oft gelungener. Dadurch sei Studenten häufig klarer, wofür sie lernen. Die Unterschiede seien aber kleiner geworden, ergänzt Cort-Denis Hachmeister vom Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh. Ein Grund sei die Bachelor-Umstellung: So gehöre der Anwendungsbezug nun auch an der Uni dazu, schließlich soll der Bachelor für den Beruf qualifizieren. Und Praktika seien auch im Uni-Studium oft vorgesehen. Ein ganzes Praxissemester sei aber nach wie vor ein typisches Merkmal der FH. Ein weiteres Kriterium sei, dass alle Professoren Berufspraxis mitbringen müssen.

Unis auf der Suche nach Spendern

Überfüllte Hörsäle: An den Unis klagt ungefähr jeder fünfte Student über Platzmangel, an den Fachhochschulen ist es nur jeder zehnte.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Studienangebot. An einer FH ist das Fächerspektrum deutlich kleiner. Traditionell hatte sie im Wesentlichen nur Betriebswirtschaftslehre (BWL), Ingenieurwissenschaften und Soziale Arbeit im Programm, erläutert Hachmeister. Auf der anderen Seite stand die Universität mit einer breiten Auswahl. Heute gebe es zum einen die Entwicklung, dass Unis sich verstärkt profilieren und sich auf eine Auswahl von Fächern beschränken. Zum anderen sind an Fachhochschulen neue Fächer wie Kommunikations- oder Pflegemanagement entstanden. Geisteswissenschaften sind aber weiterhin die Domäne der Unis, sagt Schipper. Germanistik etwa sucht man an der FH vergeblich.

Zulassung. Einen Unterschied gibt es weiter bei den Regeln für die Zulassung: Für ein FH-Studium reicht die Fachhochschulreife, Universitäten verlangen in der Regel das Abitur, sagt Hachmeister. An Universitäten gibt es dafür einen geringeren Anteil an zulassungsbeschränkten Studiengängen (40,1 Prozent) als an Fachhochschulen (45,8 Prozent), wie eine CHE-Auswertung für das Wintersemester 2016/17 zeigt.

Abschlüsse. Den Diplom-Ingenieur gibt es zwar vereinzelt noch - unter anderem an der HTW Dresden mit Zusatz "FH", an der TU Dresden ohne den Zusatz. In der Regel vergeben beide Hochschultypen heute aber den Bachelor und Master und sind damit gleichgestellt. Auch ein Wechsel von der FH zur Uni und umgekehrt ist im Prinzip möglich. "Die Anschlussfähigkeit ist formal gegeben", erklärt Hachmeister. Auch in der Wertigkeit der Abschlüsse gebe es keinen Unterschied mehr. In der Praxis kann es bei einem Wechsel zwar Hürden geben. Das liegt aber nicht unbedingt an Hochschulbarrieren, sondern auch daran, dass sich unterschiedliche Bachelor- und Masterprogramme nicht immer reibungslos verbinden lassen.

Zulauf zu den FHs

Die Zahl der FH-Studenten ist stark gestiegen: 957 511 gab es laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Wintersemester - damit hat sich der Wert in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt. Auch ihr Anteil an allen Studenten wächst stetig: Heute ist jeder dritte Student an der FH, zehn Jahre zuvor war es erst jeder Vierte. Zugleich sind die Studenten an den Unis weiter klar in der Mehrheit. Im vergangenen Wintersemester waren es fast 1,8 Millionen. Noch immer lernen also im Vergleich zur FH fast doppelt so viele Studenten an der Uni.

Doktortitel. Als erste Fachhochschule in Deutschland hat die Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Fulda im vergangenen Jahr das Promotionsrecht erhalten. Sie darf damit ihren Studenten einen Doktortitel verleihen. In der Regel ist das aber nach wie vor den Unis vorbehalten.

Zufriedenheit. An der Fachhochschule gibt es im Vergleich zur Uni etwas mehr Studenten, die insgesamt zufrieden mit den Bedingungen im Studium sind. Das hat das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) ermittelt. So schneidet die FH in dem Punkt etwas besser ab als die Uni (69 zu 64 Prozent). Überfüllte Hörsäle sind dabei an Unis ein größeres Problem als an der FH. Laut DZHW fühlt sich an der Uni rund jeder Fünfte dadurch beeinträchtigt, an der Fachhochschule ist es nur jeder Zehnte. Auch Klagen über Anonymität sind an der Uni verbreiteter. Berufsberaterin Schipper wundert das nicht: "Wenn Sie in einer Vorlesung über Algebra mit 300 anderen Leuten sitzen, da kann man sich schon verloren vorkommen." Für Studenten, die nicht so kontaktfreudig sind, bestehe daher gerade an großen Massenunis die Gefahr, dass sie sich einsam fühlen. An einer kleineren FH komme man schneller ins Gespräch. An der FH sei die Betreuung zudem häufig intensiver, und die Gruppen seien kleiner, sagt Schipper. Das spiegelt sich auch in den Werten des DZHW wider: So wird die FH leicht besser von Studenten bewertet als die Uni, wenn es etwa um Kontaktmöglichkeiten zu Lehrenden außerhalb von Sprechstunden geht (66 zu 64 Prozent).

Berufsvorbereitung. An Fachhochschulen fühlen sich Studenten besser für die Berufswelt gewappnet als an der Universität. Das zeigen Daten des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Demnach findet jeder Zweite (50 Prozent) an der FH, dass er eine gute Berufsvorbereitung erhält. An der Uni sagt das nur knapp jeder Dritte (31 Prozent). Auch für den Praxisbezug der Lehrveranstaltungen geben deutlich mehr Studenten an der Fachhochschule als an der Universität gute Noten (76 zu 49 Prozent).

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