Studienwahl:Drum prüfe, wer sich ewig schindet

Viele Unis bieten Selbsteinschätzungstests an, manche schreiben ihn sogar vor. Die Teilnahme hat allerdings nur Sinn, wenn die Bewerber ehrliche Antworten geben.

Der Schulabschluss ist geschafft, der Weg zum Studium ist frei. Doch das heißt noch lange nicht, dass Schulabgänger wissen, welches Fach wirklich zu ihnen passt. Immer mehr Hochschulen verlangen daher von ihren Bewerbern, dass sie an einem Self-Assessment-Test teilnehmen. In Baden-Württemberg etwa darf vom Jahr 2011 an nur studieren, wer an einem solchen Test mitgemacht hat. "Es geht darum, für Ratsuchende einen passenden Studiengang herauszufinden" sagt Benedikt Hell, der sich um die Auswahl- und Orientierungsverfahren an der Universität Konstanz kümmert. Die Tests zeigten Bewerbern zum einen, welche Anforderungen auf sie zukommen. Zum anderen sollen sie so erkennen, was sie besonders gut können.

Studienwahl: Self-Assessment-Test: Wenn herauskommt, dass das gewünschte Fach nicht das richtige ist, werden Bewerbern andere Fächer empfohlen.

Self-Assessment-Test: Wenn herauskommt, dass das gewünschte Fach nicht das richtige ist, werden Bewerbern andere Fächer empfohlen.

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"Self-Assessments überprüfen in der Regel mathematische, sprachliche und soziale Kompetenzen mit Hilfe von Elementen aus psychologischen Eignungstests", erklärt Studienberater Ludger Lampen von der Universität Bochum. "Sie helfen Abiturienten, ihre eigenen Stärken und Schwächen einzuschätzen." Allerdings sollten Bewerber nach einem Self-Assessment noch zu einem Studienberater gehen.

Mathe, Pflanzen, Fragebögen

Das gelte vor allem dann, wenn das Ergebnis zu keiner klaren Fächerwahl geführt hat. "Gerade Studienbewerber mit vielen Talenten und Fähigkeiten bekommen oft eine große Auswahl von mehr oder weniger passenden Studienangeboten präsentiert", sagt Lampen. "Diese müssen aber nicht mit den Interessen und Wünschen übereinstimmen."

Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Arten solcher Eignungsprüfungen: Ein allgemeiner Orientierungstest empfiehlt sich für Bewerber, die noch unentschieden sind und am Anfang ihrer Überlegungen stehen. "Er sollte spätestens in der elften Klasse gemacht werden", rät der Psychologe Daniel Putz von der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen. Daneben gebe es Tests, die fächerübergreifend und speziell auf die jeweilige Hochschule zugeschnitten sind.

Analyse und Vergleich

Als nächste Stufe folgen Aufgaben, die auf einzelne Studienfächer eingegrenzt sind. Solche Tests bestünden nicht nur aus einfachen Fragebögen, erläutert Putz. Bewerbern werde auch ein fachtypischer Text vorgesetzt, um zu prüfen, ob sie mit dem späteren Stoff klarkommen. Im Fach Informatik müssten zudem Matheaufgaben gelöst werden. Daneben wird auch die persönliche Neigung überprüft. Gefragt wird etwa, ob sich Bewerber gerne mit Pflanzen beschäftigen.

Wenn herauskommt, dass das gewünschte Fach nicht das richtige ist, werden Bewerbern in der Regel andere Fächer empfohlen. Im Test der RWTH wird zudem nicht nur das eigene Ergebnis analysiert - die Teilnehmer erfahren auch, wie andere abgeschnitten haben. "Damit man eine Idee bekommt, mit wem man später studiert", erklärt Putz. Denn bei der Studienwahl hilft auch, eine realistische Vorstellung davon zu haben, wie gut man in einem Fach im Vergleich zu den anderen abschneidet.

"War jemand in der Schule sehr gut in Mathematik, muss das nicht automatisch bedeuten, dass er auch im Studium zu den Besten gehören wird", erklärt die Psychologin Svea Vent von der Universität Marburg. Im Physikstudium etwa bekommt der Studienanfänger Mitstudenten, die in der Schule ebenfalls sehr gut in Mathe waren - und möglicherweise findet er sich dann nur noch im Mittelfeld oder sogar bei den Schlechten wieder.

Keine bösen Überraschungen

Nicht zu sorglos sein

Eine echte Hilfe sind Self-Assessments allerdings nur unter einer Bedingung: Bewerber müssen bei den Tests ehrlich sein. Das Ergebnis bekommen nur sie selbst zu sehen, sagt Hell, es habe keinen Einfluss auf die Zulassung. Die Hochschulen verlangten in der Regel nur ein Zertifikat über die Teilnahme. "Man muss sich dabei nichts beweisen, es ist schließlich eine rein freiwillige Hilfestellung", sagt Andreas Archut von der Universität Bonn. Mit den Tests sollen lediglich "böse Überraschungen" beim Studienstart vermieden und die Zahl der Abbrüche gesenkt werden.

"Viele sind zu sorglos bei der Studienwahl und gehen eher danach, was ihre Freunde machen oder was in ihrer Nähe angeboten wird", sagt Archut. "Hinterher heißt es dann: Hätte ich gewusst, wie das in dem Fach abläuft, hätte ich das nicht studiert." Auch fielen eine Reihe von Fächern durchs Raster, weil sie eher unbekannt sind - etwa die Vermessungslehre. "Auf ein Fach wie Geodäsie kommt man eben nicht gleich. Dabei eignet sich das durchaus für jemanden, der sich für Mathematik interessiert."

Zwei Durchläufe

Das Testergebnis sollten Schulabgänger aber immer noch einmal mit einem Studienberater besprechen, rät Archut. "Es hat keinen Absolutheitsanspruch." Wenn der Test besage, dass ein Bewerber den Anforderungen für sein Wunschfach noch nicht hundertprozentig genüge, müsse er sich seinen Studienwunsch nicht gleich abschminken. "Das wird dann am Anfang vielleicht hart, aber wenn man es unbedingt will - ja, bitte!"

Benedikt Hell empfiehlt zudem, den Test zweimal zu machen: Einmal mit dem Gedanken, ein bestimmtes Fach zu studieren und einmal, ohne sich vorher festzulegen. "Es ist durchaus erwünscht, mit dem Verfahren zu spielen."

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