Studienbedingungen:Der überwachte Professor

Ein BWL-Prof verspricht seinen Studenten eine "Service-Garantie" - und riskiert dafür seinen Ruf.

Tanjev Schultz

Wenn Studenten solcher Massenfächer wie Jura, Germanistik oder Betriebswirtschaftslehre (BWL) anfangen, aus ihrem Uni-Alltag zu plaudern, wird es für manch einen Professor peinlich. Da sind die berüchtigten Di-Mi-Do-Wissenschaftler, die nur an drei Tagen in der Woche ihre Alma Mater betreten und selbst devot formulierte Bitten ihrer Studenten einfach ignorieren. Dass eine Abschlussarbeit erst Monate nach ihrer Abgabe korrigiert wird, wundert dann auch niemanden mehr.

Markus Voeth, BWL-Professor der Universität Hohenheim in Stuttgart

Marketing-Prof Markus Voeth schraubt eine Tafel mit seinen "Service-Versprechen" im Uni-Gebäude an.

(Foto: Foto: Uni Hohenheim)

Nun gibt es natürlich auch gute Beispiele und Vorbilder. Zu ihnen möchte Markus Voeth zählen. Die Lehre, sagt der BWL-Professor der Universität Hohenheim in Stuttgart, sei nicht etwa ein notwendiges Übel. Als Wissenschaftler sei sie ihm genauso wichtig wie die Forschung.

Seinen Studenten gibt Voeth "10 Service-Versprechen", die er am Mittwoch in einem feierlichen Akt der Selbstverpflichtung im Bürotrakt des Lehrstuhls an die Wand hängte. Was der 38-Jährige dort zusichert, werden Kollegen mit großem Respekt oder Neid betrachten: In nur vier Wochen will Voeth Klausuren und Diplomarbeiten korrigieren, Gutachten für Stipendien sogar innerhalb von 14 Tagen schreiben. Im Anschluss an Seminare und Prüfungen bietet er Studenten "persönliche Feedback-Gespräche", E-Mails würden binnen 24 Stunden beantwortet. Der Student soll als Kunde ernstgenommen werden, sagt der Spezialist für Marketing, der eigens betont, seine Aktion habe nichts zu tun mit "Publicity-Geilheit". Sie stehe für einen notwendigen Mentalitätswechsel.

Im kommenden Sommersemester müssen Studenten in Baden-Württemberg erstmals 500 Euro Studiengebühren zahlen, die Universitäten wollen ihnen dafür nun mehr Service bieten. Als Professor müsse man in "Vorleistung" gehen, sagt Voeth. In einem Restaurant zahle man ja auch nicht schon beim Eintreten, ohne überhaupt etwas gegessen zu haben. Einen Zahlungsaufschub kann der schlanke, jugendlich wirkende Professor, der in Münster studierte und sich bereits mit Anfang 30 habilitierte, seinen 300 Marketing-Studenten zwar nicht gewähren. Auf eine gute Betreuung sollen sie sich aber verlassen können.

Doch ist diese Selbstverpflichtung eines Professors nicht etwas einfach, um nicht zu sagen billig? "So einfach ist dat nicht", antwortet der gebürtige Westfale. Er riskiere nämlich etwas. Verstöße gegen die Service-Garantie können Betroffene an eine spezielle E-Mail-Adresse senden, sie werden im Internet dokumentiert und von einem "Kontrollrat" geprüft, in dem Studenten sitzen. Voeth hat nun mindestens einen Ruf zu verlieren.

Ganz allein könnte der Vater zweier kleiner Kinder seine Versprechen niemals einhalten. Voeth beschäftigt zehn studentische Hilfskräfte und sieben wissenschaftliche Mitarbeiter. Sie seien "hochmotiviert" und hätten ihn sogar gedrängt, die Garantien noch ehrgeiziger zu formulieren, sagt Voeth. Wie gut die Stimmung am Lehrstuhl ist, soll wohl auch ein Foto im Internet belegen, das ihn und seine Mitarbeiter ausgelassen bei einem Ski-Ausflug zeigt. Künftig werden sie bei solchen Gelegenheiten aufpassen müssen, dass sie keine Service-Frist versäumen.

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