Studienbedingungen:Angestauter Frust

Massenseminare ohne Praxisbezug: Der aktuelle "Studienqualitätsmonitor" fand heraus, dass viele Studenten mit den Bedingungen an ihrer Hochschule unzufrieden sind.

Tanjev Schultz

Es ist nicht so, dass Studenten nur meckern und mosern. Die wenigsten fällen ein negatives Urteil über die wissenschaftliche Qualität ihres Studiengangs (das wäre ja auch noch schöner, werden die Professoren sagen). Was viele aber nach wie vor nervt, sind überfüllte Seminare, schlechte Didaktik und organisatorisches Durcheinander.

Studienbedingungen: Mit vollen Hörsälen und schlechter Didaktik muss sich fast jeder Student herumschlagen, fand jetzt eine Studie heraus.

Mit vollen Hörsälen und schlechter Didaktik muss sich fast jeder Student herumschlagen, fand jetzt eine Studie heraus.

(Foto: Foto: dpa)

Dies zeigt der nun veröffentlichte "Studienqualitätsmonitor 2007", für den fast 22.000 Studenten an 150 deutschen Hochschulen befragt wurden. Die Umfrage, erstellt vom Hochschul-Informations-System (HIS) und der AG Hochschulforschung der Uni Konstanz, ist repräsentativ - und für Professoren und Hochschulpolitiker wenig schmeichelhaft.

Überfüllte Seminare an den Unis

Die Betreuung der Erstsemester hält mehr als jeder zweite Hochschüler für mittelmäßig bis sehr schlecht. Und jeder zweite Uni-Student (jedoch nur jeder fünfte FH-Student) klagt über Seminare, die überfüllt sind und in denen deshalb nur schlecht gelernt werden kann. Von einer "gedeihlichen und ertragreichen Lehre" könne in vielen Fällen nicht gesprochen werden, schreiben die Autoren der Studie.

Die meisten Studenten sind auch unzufrieden mit den Rückmeldungen, die sie von Professoren erhalten, und mit der didaktischen Qualität der Lehrveranstaltungen. Am ehesten werden die Studienbedingungen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften und in den neuen Bachelor-Studiengängen gelobt; düster sieht es in den Sozial- und Geisteswissenschaften und ganz besonders schlecht im Lehrerstudium aus.

Vernachlässigte Lehrer

Die Autoren der Studie sprechen von "ernüchternden" und "erschreckenden" Werten für die Lehrerausbildung. Die Hälfte der Lehramtsstudenten vermisst den Praxisbezug im Studium. Nur ein Viertel findet, im Studium werde fachübergreifendes Denken gefördert; groß ist der Unmut außerdem über Mängel in der Organisation des Studiums. "Im Lehramtsbereich scheint ein zeitlich geregeltes Studium kaum möglich", heißt es in der Studie. Politik und Öffentlichkeit nähmen bei der Ausbildung der Lehrer ein Massenstudium hin, in dem eine "förderliche Studienqualität" kaum erreichbar sei.

Die nun ebenfalls veröffentlichte neue Abbrecher-Statistik des HIS zeigt allerdings, dass die meisten Lehramtsstudenten sich trotzdem durchbeißen und nur acht Prozent ihr Studium abbrechen. Viel höher sind die Abbrecherquoten dagegen gerade in jenen Studiengängen, in denen die Hochschüler noch vergleichsweise gute Noten für die Lernbedingungen vergeben: in den Natur- und Ingenieurwissenschaften, an den Fachhochschulen und in den neuen, kürzeren Bachelor-Angeboten. Insgesamt beendet jeder Fünfte sein Studium ohne Abschluss, in den Ingenieurwissenschaften sogar jeder Vierte.

Hohe Abbrecherquoten lassen sich offenbar nicht allein den Studienbedingungen anlasten. Viele Studenten fühlen sich von den "harten" Wissenschaften einfach überfordert. Angehende Lehrer wiederum leiden zwar besonders stark unter der Massenuni, lassen sich dadurch aber nicht von ihrem Studienziel abbringen.

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