Studie der Bertelsmann-Stiftung:Azubi mit Migrationshintergrund? Lieber nicht

Junge Ausländerin in Ausbildungswerkstatt

Eine junge Auszubildende aus Vietnam in einer Metallwerkstatt in Chemnitz

(Foto: dpa)
  • Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung haben fast 60 Prozent der ausbildenden Betriebe in Deutschland noch nie Azubis mit Migrationshintergrund beschäftigt.
  • Gründe seien die Sorge vor Sprachbarrieren und zu großen kulturellen Unterschieden.
  • Aktuell bilden 15 Prozent der Unternehmen Jugendliche mit Migrationshintergrund aus.

Verschenktes Potenzial

In vielen deutschen Unternehmen stoßen Bewerber mit ausländischen Wurzeln bei der Lehrstellensuche auf Vorbehalte. In einer Befragung der Bertelsmann-Stiftung gaben 58,9 Prozent der aktiven Ausbildungsbetriebe an, noch nie einem Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine Lehrstelle gegeben zu haben. Angesichts von Fachkräftemangel werde hier Potenzial verschenkt, kritisieren die Autoren der Studie.

Als Grund nannten 74,8 Prozent der Unternehmen ohne entsprechende Erfahrung, dass sie keine Bewerbungen von diesen Jugendlichen erhalten hätten. Diese Aussage halten die Studienautoren jedoch für wenig plausibel, da sich gerade junge Menschen mit Migrationshintergrund anderen Erhebungen zufolge bei vielen Betrieben bewerben würden. Ein Drittel der Abgänger mit mittlerem Schulabschluss und ausländischen Wurzeln finde keine Lehrstelle. "Mehr als ein Viertel der Jugendlichen hat heute ausländische Wurzeln. Ihnen den Zugang zu Ausbildung zu vereinfachen, ist wesentlich für gelingende Integration und Fachkräftesicherung", sagte Frank Frick, Bildungsexperte der Bertelsmann-Stiftung.

Bei 38 Prozent der Unternehmen spielt nach eigenen Angaben die Sorge vor Sprachbarrieren eine Rolle. 14,7 Prozent fürchten, kulturelle Unterschiede seien zu groß und könnten das Betriebsklima belasten. Fast genauso viele sahen ihren Betrieb auf solche Unterschiede nicht vorbereitet. Schlechtere Leistungen der Bewerber befürchten 9,1 Prozent.

Für andere Unternehmen sind Lehrlinge mit Migrationshintergrund Normalität

"Wer einen mittleren Schulabschluss hat, dürfte in der Regel keine großen Sprachprobleme mitbringen", sagte Claudia Burkard von der Bertelsmann-Stiftung. Die Autoren der Studie sehen es daher als wesentlich für gelingende Integration und Fachkräftesicherung an, den Zugang zu Ausbildung zu erleichtern.

Gleichzeitig zeigte die repräsentative Umfrage, für die im Frühjahr 2014 Daten von 1011 ausbildungsberechtigten Betrieben in Deutschland erhoben wurden, dass Azubis mit Migrationshintergrund für viele Ausbildungsbetriebe längst Normalität geworden sind. 41,1 Prozent der 450 000 Betriebe in Deutschland haben in den vergangenen fünf Jahren Erfahrungen mit Lehrlingen mit ausländischen Wurzeln gemacht. Aktuell bilden 15 Prozent der Unternehmen einen oder mehrere Jugendliche mit Migrationshintergrund aus.

Als bemerkenswert hebt die Studie hervor, dass drei Viertel dieser Betriebe keine besonderen Einstellungsgründe aufführt. Dies könne als Hinweis dafür interpretiert werden, dass für diese Unternehmen bei ihrer Entscheidung für einen Bewerber die Herkunft keine Rolle mehr spielt.

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