Studie: DDR-Bild von Schülern:"Willy Brandt ist aus der DDR"

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Die Stasi war ein normaler Geheimdienst, die Alliierten bauten die Mauer: Heutige Schüler wissen nichts über den SED-Staat.

Tanjev Schultz

Deutsche Schüler wissen nur wenig über die DDR. Jugendliche, die kaum Kenntnisse über die historischen Fakten haben, neigen außerdem dazu, die DDR-Diktatur zu verharmlosen.

Eine Selbstschussanlage, vor einer DDR-Flagge. Die Sicht der heutigen Schüler auf die untergegangene Republik ist schwammig: Vor allem im Osten herrscht ein verklärtes Bild. (Foto: Foto: ddp)

Dies ist das Ergebnis einer am Freitag veröffentlichten Studie der Freien Universität Berlin, für die 5200 Schüler zwischen 15 und 17 Jahren in Bayern, Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen befragt wurden. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen in Ostdeutschland und etwa ein Drittel in Westdeutschland sehen in der DDR keine Diktatur.

Schüler beurteilen DDR positiv

Vor allem in Ostdeutschland sowie im Westen an den Haupt- und Realschulen beurteilen Jugendliche die DDR vergleichsweise positiv. In diesen Teilgruppen der Studie haben jeweils nur etwa 40 Prozent ein überwiegend negatives Gesamtbild. In den westdeutschen Regionen wird die DDR nicht nur kritischer bewertet, sie ist auch häufiger Thema im Schulunterricht.

"Wissen schützt vor Verklärung oder Verharmlosung", schreiben Klaus Schroeder und Monika Deutz-Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat in ihrem Buch "Soziales Paradies oder Stasi-Staat? Das DDR-Bild von Schülern'". Teilergebnisse der Untersuchung waren bereits vor einigen Wochen veröffentlicht worden.

Schüler in Bayern schneiden am besten ab

Die Schüler in Bayern sind der Studie zufolge noch vergleichsweise gut über die DDR informiert, 21 Prozent verfügen über ein "hohes oder sehr hohes Wissen". Brandenburger Gymnasiasten wissen weniger über die DDR als bayerische Hauptschüler, schreiben die Berliner Wissenschaftler.

Doch auch in Bayern höben Schüler, vor allem an den Hauptschulen, niedrige Mietpreise und sichere Arbeitsplätze als soziale Errungenschaften der DDR hervor.

Die Aussage "Die Staatssicherheit war ein normaler Geheimdienst, wie ihn jeder Staat hat" bewerteten nur 45 Prozent der Schüler in Brandenburg mit Nein. Die Schüler in Nordrhein-Westfalen verneinen den Satz zu 57 Prozent, in Bayern zu 62 Prozent. In Brandenburg wussten lediglich 17 Prozent der Schüler, dass es in der DDR die Todesstrafe gab.

Und über alle Regionen hinweg sieht jeder vierte Schüler im früheren Bundeskanzler Willy Brandt einen DDR-Politiker. Die meisten wussten auch nicht, wer 1961 die Mauer errichtet hat. Viele tippten auf die Bundesrepublik oder die Alliierten.

© SZ vom 26.7.2008/mei - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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