Studentenverbindungen:Bund fürs Leben

Sie bieten günstige Zimmer und gute Kontakte: Verbindungen sind bei Studenten eine beliebte Anlaufstelle. Was steckt hinter den Verbänden?

Julia Bönisch

Kai Diekmann ist einer, Markus Söder gehört dazu, Christoph Metzelder auch. Sie sind Mitglieder einer Studentenverbindung, tragen bunte Schärpen und pflegen alte Traditionen.

Burschenschafter

Ehrengarde aus Burschenschaftern in Eisenach.

(Foto: Foto: ap)

Trotz des angestaubten Images haben Studentenverbindungen weiterhin Zulauf. Mehr als 1000 verschiedene gibt es allein im deutschsprachigen Raum, unter ihnen sind christliche Gemeinschaften ebenso wie solche nur für Frauen oder Turner. Ist man dort einmal Mitglied, bleibt man es meist ein Leben lang.

Die Szene ist für Außenstehende nur schwer zu durchschauen: Studentenverbindungen sind nicht das Gleiche wie Burschenschaften, trotzdem prägen Letztere das Bild in der Öffentlichkeit. Sie haben eine andere Entstehungsgeschichte und, so erklärt der Politologe Stephan Peters, vertreten heute einen anderen politischen Standpunkt. "Die Deutsche Burschenschaft hat tatsächlich noch einen völkischen Vaterlandsbegriff."

Wertkonservativ oder rechtsradikal?

"Im Prinzip geht es dem Verband bei seinen Mitgliedern darum, dass sie deutsches Blut in sich haben. Das kann man schon als rechtsradikal bezeichnen." Die meisten anderen Studentenverbindungen seien dagegen wertkonservativ, ohne gleich am rechten Rand zu stehen. "Aber auch die pflegen häufig eine Denkweise, die nicht mehr ganz zeitgemäß ist. Das Frauenbild der Verbindungen etwa kann man schlicht als sexistisch bezeichnen", so der Eliteforscher.

Die insgesamt etwa 157.000 Mitglieder kommen oft durch Zufall in eine Verbindung, so wie Christoph J. Der Student an der FH Karlsruhe war eigentlich auf der Suche nach einer günstigen Unterkunft. Die Arminia Karlsruhe hatte eines frei.

"Ich habe den Aushang an der Uni gesehen und dachte, das schau ich mir mal an", erzählt der Student. Nur 130 Euro kosten die Verbindungszimmer, ein Schnäppchen auf dem Karlsruher Wohnungsmarkt. Ein Jahr durfte Christoph dort auf Probe wohnen, danach musste er sich für eine Mitgliedschaft oder den Auszug entscheiden. Er wählte die Gemeinschaft.

Immobilien in bester Lage

"Das Leben hier ist im Prinzip wie in einer größeren Jungs-WG", sagt Christoph. Etwas komfortabler ist es schon, die Burschenschafter bekommen immerhin ihre eigene Putzfrau gestellt. Außerdem erlaubt die finanzielle Unterstützung der sogenannten Alten Herren - Mitglieder, die ihr Studium bereits beendet haben - ein Programm, das ein normales Wohnheim nicht im Angebot hat. Seminare über freies Sprechen etwa oder Bewerbungstrainings.

"In so einem Haus sind für Neulinge erst mal lauter nette Kumpels", bestätigt Politologe Peters. "Man hat schnell einen neuen Freundeskreis, abends ist immer was los." Und schick ist es auch: Die finanzkräftigen Verbindungen verfügen oft über Immobilien in bester Lage.

Studentenverbindungen - Netzwerke, die Türen öffnen? Lesen Sie mehr.

Bund fürs Leben

Zu Beginn sei nur schwer zu durchschauen, so Peters, was wirklich hinter dem strengen Regelwerk steckt. "Wenn da die Nationalhymne in allen drei Strophen geschmettert wird, schieben das Unbedarfte vielleicht auf den übermäßigen Alkoholkonsum."

Selbst dafür gibt es eigene Vorschriften, den sogenannten Biercomment. Er schreibt bis in alle Einzelheiten vor, wie sich der Burschenschafter gepflegt zu betrinken hat. Für den Fall der Fälle steht dann eine Schüssel, der sogenannte Bierpapst, auf dem Tisch, in den man sich bei Übelkeit erleichtern kann.

Ein Netzwerk, das Türen öffnet

Nicht nur Trinkspiele, auch die Seilschaft der Alten Herren sind für viele Studienanfänger ein Anreiz, Burschenschafter zu werden. Sie versprechen sich von der Verbindung ein Netzwerk, das ihnen später Türen öffnet. "Es ist schon so, dass ein Alter Herr eine Telefonnummer weitergibt und sagt, ruf da mal an", bestätigt Christoph. "Dann hat man den Job zwar nicht sicher, aber ist auf jeden Fall in der engeren Auswahl."

Soll die Studentenverbindung wirklich bei der Karriere helfen, muss man sich den Verband sehr sorgfältig auswählen. Einige Burschenschaften sind bekannt als Kaderschmiede für Faschisten und zählen NPD-Landtagsabgeordnete zu ihren Mitgliedern. "Wenn man sich auf ein solches Netzwerk beruft, ist das mit Sicherheit keine Hilfe auf dem Arbeitsmarkt - außer, man strebt eine Karriere in den rechten Parteien an", sagt Peters.

Sucht man sich dagegen eine der großen, wertkonservativen Verbindungen, wie etwa den Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), ist das durchaus von Vorteil für das berufliche Fortkommen. Die Verbindung wirbt auf ihren Internetseiten explizit mit ihren guten Kontakten in Wirtschaft und Politik. "Die Corps bieten ein zuverlässiges Netzwerk, welches sich bereits seit Jahrhunderten bewährt hat", heißt es dort. Die Alten Herren "fördern durch ihre Beziehungen im Beruf und später im Ruhestand die Interessen der einzelnen Mitglieder. Durch eine Mitgliederzahl von über 25.000 Personen wird ein internationales Netz an Mitgliedern gewährleistet, welche über den ganzen Globus verteilt untereinander Kontakte pflegen."

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