Studentenproteste:Kräfte sammeln und vernetzen

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Die Studentenproteste 2009 sind bereits Geschichte. Doch auch wenn die Hörsäle in Deutschland vorerst nicht mehr besetzt sind: Viele Studenten wollen auch im neuen Jahr demonstrieren.

Tanjev Schultz

Die Hörsäle sind wieder frei, die großen Studentendemos des vergangenen Jahres schon wieder Geschichte. Wenn Jörg Rostek vom bundesweiten Protestbündnis sagt, die Aktionen seien "schon fast historisch", meint er allerdings etwas anderes: Es waren die erfolgreichsten und spektakulärsten Proteste an deutschen Universitäten seit langer Zeit.

Die besetzten Hörsäle in Deutschland sind wieder frei, die protestierenden Studenten erschöpft. Doch die Aktionen sollen 2010 fortgesetzt werden. (Foto: Foto: ddp)

Bereits im Sommer 2009 waren mehr als 100.000 Schüler und Studenten auf die Straße gezogen. Im Herbst folgten dann die Hörsaalbesetzungen und weitere große Demonstrationen. Weder Politiker noch Rektoren können den Unmut der Studenten länger ignorieren. Und auch die Ruhe zu Beginn des neues Jahres ist voraussichtlich nur von kurzer Dauer.

In den vergangenen Jahren ebbten Studentenproteste meist nach einem Semester schnell wieder ab. Das könnte diesmal anders sein, auch wenn nun die meistem Studenten in den nächsten Wochen erst einmal mit ihren anstehenden Prüfungen und weniger mit der allgemeinen Bildungspolitik zu kämpfen haben.

Im Streikbündnis gibt es mittlerweile viele erfahrene, gut organisierte und noch immer entschlossene Aktivisten. "Es gibt jetzt eine Phase des Kräftesammelns", sagt Rostek, der in Münster Politik und Geschichte studiert. Schon bald werde es in Bielefeld ein "Vernetzungstreffen" geben, spätestens im März oder April seien erneut Protestaktionen geplant. Sie könnten auf neue Großdemonstrationen im Sommer vorbereiten.

Keine schlechte Film-Fortsetzung

"Es darf natürlich nicht so werden wie bei einer schlechten Film-Fortsetzung", sagt Rostek. Dass erneut Hörsäle besetzt werden, ist eher unwahrscheinlich; diese Form des Protests hat sich allmählich erschöpft. Der Unmut der Studenten richtet sich außerdem immer stärker auf die Finanzminister, die deutlich mehr Geld für eine bessere Betreuungssituation an den Hochschulen lockermachen müssten.

An bildungspolitisch bedeutsamen Terminen, an denen der Protest sich neu entzünden kann, wird es im neuen Jahr nicht mangeln. Ben Stotz vom linken Studentenverband SDS hat dabei nicht nur den "Bologna-Gipfel" zur Studienreform im Sinn, den Bundesbildungsministerin Annette Schavan und die Hochschulrektoren Mitte April gemeinsam mit Studentenvertretern abhalten wollen. Im Mai steht in Nordrhein-Westfalen eine wichtige Landtagswahl an; im Wahlkampf werden die Studiengebühren und das Bafög mit Sicherheit eine Rolle spielen.

Hoffen auf die Schüler

Und im Juni wollen Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder erneut zusammenkommen, um über die Finanzierung der versprochenen Mehrausgaben für Bildung zu verhandeln. Der "Bildungsgipfel" im Dezember hatte das Thema wieder einmal vertagt.

Die unzureichende Finanzierung der Schulen und Universitäten müsse noch stärker thematisiert werden, sagt Ben Stotz. Der Berliner Student hofft, dass sich auch vermehrt Schüler an den kommenden Protesten beteiligen werden.

© SZ vom 04.01.2010/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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