Studenten auf der Walz:Das Wandern ist des Designers Lust

Lesezeit: 3 min

Was Handwerker können, können Studenten schon lange: Zwei junge Designer trampen zehn Wochen lang auf der Walz durch Deutschland. Vor der Abreise erzählen sie, warum - und welche Situation sie lieber nicht erleben wollen.

Maria Holzmüller

Philipp Bertisch und Marcel Günthel gehen auf die Walz. Nicht als Zimmermänner, sondern als Studenten der Visuellen Kommunikation an der Bauhaus-Universität Weimar. Die beiden Designer schreiben ihre Diplomarbeit über eine zehnwöchige Reise durch Deutschland unter dem Motto: Wir gehen schon mal vor. Ihr Ziel: Unterwegs kleine Unternehmen durch kreative Unternehmensberatung zu unterstützen. Auf Facebook werden sie ihre Walz täglich dokumentieren. Im Interview erzählen sie, welche Vorbereitungen sie getroffen haben, welche Tracht sie auf der Walz tragen und was das Schlimmste ist, das ihnen passieren könnte.

Studenten auf der Walz: Marcel Günthel und Philipp Bertisch von der Bauhaus-Universität Weimar reisen zehn Wochen lang gemeinsam durch Deutschland. (Foto: "das Schmott")

sueddeutsche.de: Sie werden zehn Wochen lang gemeinsam auf Walz durch Deutschland reisen. Wie haben Sie sich vorbereitet?

Marcel Günthel: Wir haben jetzt erst einmal für den "Worst Case" eingekauft: Zelte, Decken, Luftmatratzen. So dass wir auch dann gut überleben, wenn uns niemand aufnimmt.

Philipp Bertisch: Und wir haben unsere Facebook-Seite eingerichtet, auf der wir jeden Tag über unsere Erfahrungen berichten werden.

sueddeutsche.de: Wie sieht der Plan für die zehn Wochen aus?

Bertisch: Wir werden trampen und immer in den Ort mitfahren, in den der Fahrer unterwegs ist. So hoffen wir, Kontakte zu Unternehmen vor Ort zu bekommen, wo wir arbeiten können. Unsere Route ist also dem Zufall überlassen.

Günthel: Von den Unternehmen wollen wir lediglich eine Unterkunft und Verpflegung für ein paar Tage, kein Gehalt. Schon ein Platz zum Zelten im Garten würde reichen. Im Idealfall geben wir also die gesamten zehn Wochen kein Geld aus - genau wie die Handwerker auf der Walz.

sueddeutsche.de: Wieso gehen Sie als Designer überhaupt auf die Walz?

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Von Maria Holzmüller

Günthel: Üblicherweise machen das Tischler und Zimmermänner, also Handwerker. Früher war die Walz die Voraussetzung für einen Gesellen, die Meisterprüfung zu machen. Als Designer werden wir oft als Handwerker gesehen. Zum Teil sind wir das auch. Wir arbeiten mit Farben und Schriften, fotografieren - aber das ist noch nicht alles.

Vorbild im Handwerk: Zwei Zimmerer auf der Walz wandern in ihrer Kluft eine Straße entlang. (Foto: ddp)

Bertisch: Wir greifen mit unserer Walz dieses Klischee auf - und wollen es verbinden mit der Idee der kreativen Unternehmensberatung.

sueddeutsche.de: Wie sind Sie im Design-Studium auf kreative Unternehmensberatung gekommen?

Günthel: Wir haben beide einige Praktika gemacht und ständig schwirrte in den Unternehmen das Schlagwort "kreative Unternehmensberatung" durch die Luft. Aber niemand macht es wirklich.

Bertisch: Allein in Weimar haben wir viele kleine Unternehmen gesehen, die Hilfe brauchen könnten. Da wollen wir jetzt einspringen.

sueddeutsche.de: Was hat das Design-Studium mit Unternehmensberatung zu tun?

Bertisch: Wir arbeiten bei all unseren Projekten konzeptionell.

Günthel: Als Designer müssen wir auch zuerst eine Idee haben, ein Konzept erarbeiten und dann den handwerklichen Teil vollbringen - beides muss ausgeglichen sein, um zu einem ausgewogenen Ergebnis zu kommen. Das haben wir mit Unternehmensberatern gemeinsam: Wir arbeiten immer ergebnisorientiert.

sueddeutsche.de: Wie wollen Sie konkret vorgehen?

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Günthel: Zunächst werden wir uns die Unternehmen ein bis zwei Tage anschauen und mit allen Leuten dort reden. So wollen wir herausfinden, was die Probleme und was die Stärken der Firma sind. Dann überlegen wir, wie unsere Lösung aussehen würde. Dabei beschäftigen wir uns natürlich nur mit Themen, die unserem Tätigkeitsfeld entsprechen und wollen den Unternehmen auch nichts überstülpen, das wäre nicht nachhaltig.

Bertisch: Über Facebook wollen wir auch unsere Community teilhaben lassen, auch sie können Tipps geben.

Günthel: Und falls uns über Facebook eine Firma zur Hilfe ruft, kommen wir gerne auch dorthin. Wir wissen nur nicht, wie lange es dauert, weil wir ja auf Mitfahrgelegenheiten angewiesen sind.

sueddeutsche.de: Handwerker auf der Walz haben ihre eigene Tracht. Werden Sie sich besonders kleiden?

Günthel: Wir haben uns von einem Weimarer Öko-Label ein großes Tuch machen lassen, das am Rand mit Nieten versehen ist, so dass wir es als Beutel oder als Decke benutzen können. Außerdem haben wir jeder eine große Ledertasche - das ist unsere Tracht.

sueddeutsche.de: Was sind Ihre Erwartungen für die kommenden zehn Wochen?

Bertisch: Wir hoffen, dass wir Unternehmen finden, die mit uns arbeiten. Und es wäre toll, wenn sie manche unserer Ideen auch umsetzen. Sie haben ja nichts zu verlieren, weil wir kostenlos arbeiten. Und wir sind einfach gespannt, wie die Leute unser Konzept aufnehmen und wie wir für diese Aufgabe im direkten Kontakt mit den Unternehmen überhaupt gewappnet sind.

Günthel: Wenn nach unserem Besuch jemand sagen würde: "Das hat mir wirklich etwas gebracht." Das wäre super. Und im schlimmsten Fall werden wir mit Mistgabeln aus dem Dorf gejagt.

sueddeutsche.de: Was sind Ihre Ziele?

Günthel: Wir wollen beweisen, dass kreative Unternehmensberatung auch in kleinen Unternehmen funktioniert.

Bertisch: Und für unsere Diplomarbeit werden wir unsere Reise in einem Buch verarbeiten, in dem jede Station ein Kapitel bekommt.

Günthel: Es wird auf jeden Fall auch ein großer Spaß. Die Frage ist nur, ob mehr für uns oder für die Leute, die unsere Walz auf Facebook verfolgen.

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