Süddeutsche Zeitung

Stipendienprogramm statt Bafög-Erhöhung:Kluge haben's leichter

Einkommensunabhängige Stipendien fördern nicht die Reichen, sondern entlasten die Fleißigen. Ein Ersatz für Bafög sind sie nicht. Der Staat muss auch leistungsschwache Studenten unterstützen.

Tanjev Schultz

Eine Stipendienkultur muss sich in Deutschland erst entwickeln, die Bundesregierung setzt dafür jetzt die richtigen Anreize. Auf jeden Euro, den die Hochschulen von Unternehmen einwerben, legt der Staat einen Euro drauf. Davon werden viele Studenten profitieren, die bisher allein mit Nebenjobs, Bafög oder dem Geld der Eltern auskommen mussten.

Stipendien sind ein Signal an die Studenten, dass sie als Erwachsene ernst genommen und für gute Leistungen belohnt werden. Die neuen Stipendien können auch Bafög-Empfängern zugute kommen, die sich im Studium auszeichnen. Es geht nicht um eine Förderung der Reichen. Es geht um eine Entlastung der Klugen und Fleißigen.

Besser wäre es dennoch gewesen, hätte man das Stipendiengesetz zeitgleich mit einer Erhöhung des Bafög beschlossen. Nun gehen die meisten Studenten erst einmal leer aus; die Stipendien sind für sie ja zunächst nur eine vage Option, kein sicherer Anspruch.

Ohne Bafög würden viele, die aus ärmeren Familien kommen, ein Studium gar nicht erst wagen. Das Bafög orientiert sich an der Bedürftigkeit der Familien; die neuen Stipendien sind nur eine Ergänzung, kein Ersatz. Nun werden die geplanten Verbesserungen beim Bafög durch den ewigen Finanz-Hickhack zwischen Bund und Ländern blockiert - obwohl es niemanden gibt, der die Bafög-Pläne inhaltlich für falsch hält.

Es ist gut, wenn sich in Zukunft mehr Unternehmen und Privatleute an der Finanzierung des Studiums beteiligen. Den Staat enthebt das jedoch nicht von seiner Verantwortung, auch denen zu helfen, die kein Stipendium abbekommen. Die neuen Stipendien dürfen nicht der Anfang vom Ende des Bafög sein.

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Quelle:
SZ vom 10.07.2010/holz
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