Süddeutsche Zeitung

Steuererklärung:Doppelt sparen beim Heimbüro

  • Berufstätige Ehepaare und eingetragene Lebenspartner dürfen jetzt jeweils bis zu 1250 Euro als Werbungskosten für ein gemeinsames Büro absetzen.
  • Die Steuervorteile sind auch auf Wohngemeinschaften übertragbar, die sich ein Arbeitszimmer teilen.
  • Jeder Mitnutzer muss dem Finanzamt nachweisen können, dass er das Heimbüro beruflich benötigt und von dort aus arbeitet.

Von Berrit Gräber

Diese gute Nachricht lässt sich gleich in die Steuererklärung für 2016 mit einbauen: Teilen sich berufstätige Ehepaare und eingetragene Lebenspartner zu Hause ein Arbeitszimmer, dürfen jetzt beide jeweils bis zu 1250 Euro als Werbungskosten bei der Steuer absetzen. Die Höhe der abziehbaren Kosten hängt nicht mehr vom genutzten Raum, also vom Objekt selbst ab, sondern von der Zahl der Personen, die dort arbeiten, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in München entschied (Az. VI R 53/12).

Für ein Lehrerehepaar bedeutet das beispielsweise: Der Steuervorteil muss nicht mehr geteilt werden. Es bekommt ihn zwei Mal für ein einziges Büro daheim. Von der neuen Rechtsprechung können jetzt viele Steuerzahler profitieren, die zusammen leben und sich aus Platzgründen im gemeinsamen Arbeitszimmer abwechseln müssen. Die Rechtsprechung sei auch auf "WG-Konstellationen", also Wohngemeinschaften, übertragbar, erklärt Sigurd Warschkow vom Verein Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer in Gladbeck.

Was ist neu?

Die Entscheidung der höchsten Finanzrichter sorge für mehr Gerechtigkeit, sagt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Bundesverbands Lohnsteuerhilfevereine (BVL) in Berlin. Bislang begünstigte der Fiskus nur Steuerzahler, die ausreichend verdienten, um sich zwei Arbeitszimmer in einer großen Wohnung oder in einem Haus einzurichten. Jetzt sind auch Berufstätige im Vorteil, die mit schmalerem Geldbeutel in beengteren Wohnverhältnissen arbeiten müssen.

Aber: Der BFH setzte in einem zweiten Urteil gleich Schranken gegen Wildwuchs, wie Jurist Warschkow betont (Az. VI 86/13). Danach muss jeder Einzelne nachweisen können, dass er das Büro zu Hause auch tatsächlich beruflich nutzt - und nicht nur hat. "Die Nutzung, also wer wann welche Arbeiten am Schreibtisch erledigte, muss fürs Finanzamt plausibel sein, eventuell kann das neue Pflichten bedeuten wie beim Fahrtenbuchführen fürs Auto", erklärt Warschkow. Die neue BFH-Rechtsprechung dürfte die Staatskasse einiges kosten.

Was tun?

"Wir sind gespannt, wie die Finanzverwaltung auf die neue Situation reagiert", sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler in Berlin. Eventuell wenden die Finanzämter die BFH-Urteile noch nicht sofort an. Klockes Tipp: Wer sich - wie etwa das klassische Lehrerehepaar - ein Arbeitszimmer mit dem Partner teilt, sollte bei der anstehenden Steuererklärung für 2016 seine Kosten geltend machen - und dann aufmerksam den Bescheid studieren. Gesteht das Finanzamt nicht beiden den Abzugsbetrag von bis zu 1250 Euro zu, sollten Betroffene sofort Einspruch einlegen und auf das neue Urteil verweisen. Ist ein älterer Steuerbescheid noch offen, kann Einspruch nachgeschoben werden.

Welche Voraussetzungen sind zu beachten?

Wer Ausgaben bis 1250 Euro fürs Arbeitszimmer zu Hause anerkannt haben will, muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Er braucht es zum Erledigen seiner betrieblichen oder beruflichen Arbeit, weil es dafür woanders einfach keinen Arbeitsplatz gibt. Das gilt beispielsweise für viele Außendienstmitarbeiter, Versicherungsmakler und Freiberufler. Außerdem für die meisten Lehrer. Kaum einer außer dem Schulleiter hat ein eigenes Büro in der Schule.

Wer darf es außerdem absetzen?

Auch Steuerzahler, die in Aus- oder Fortbildung sind, ein Fernstudium oder sonstige Weiterbildungsmaßnahmen durchziehen, können ihren heimischen Arbeitsplatz geltend machen, so Rauhöft. Oder der Schlosser, der im Nebenberuf Versicherungen verkauft und daheim Papierkram erledigen muss, sowie Beschäftigte, die zu Hause nachweislich noch Aufsätze schreiben oder Bücher. Sein Home-Office absetzen kann auch, wer dort während der Elternzeit oder Arbeitslosigkeit für den künftigen Job lernt.

Wer darf unbegrenzt absetzen?

Ist das Heimbüro Dreh- und Angelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit, wird es vom Finanzamt garantiert voll anerkannt. Arbeitet etwa ein Selbständiger nur von zu Hause aus, kann er sein Arbeitszimmer in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten in die Steuererklärung hineinnehmen. Auch Hausfrauen und -männer können versuchen, alle ihre Kosten anzusetzen, wenn sie sich etwa mit dem Verkauf von Versicherungen, Kosmetik oder anderem etwas dazu verdienen. Ebenso Rentner mit Nebenjob, die Arbeiten für die frühere Firma daheim am Computer erledigen.

Was erkennt das Finanzamt an?

Der Abzugsbetrag von bis 1250 Euro muss immer belegt werden, betont Klocke. Eine Pauschale gibt es nicht. Die Kosten werden nach dem Verhältnis der Fläche des Arbeitszimmers zur gesamten Wohnfläche aufgeteilt. Auf diese Weise sind beispielsweise Miete oder Kreditzinsen anteilig absetzbar, Wasser- und Energiekosten, die Grundsteuer, Müll- und Schornsteinfegergebühren, Ausgaben für die Einrichtung, von Tapeten, Teppichen oder Lampen, bis zur Renovierung. Wichtig: Die Kosten müssen plausibel sein. Wer bei 48 Quadratmeter Wohnfläche ein 30 Quadratmeter großes Arbeitszimmer absetzen will, kommt damit nicht durch.

Was geht nicht?

Das Finanzamt sperrt sich immer dann, wenn ein Arbeitszimmer zu zehn Prozent oder mehr privat genutzt wird. Beruflich Notwendiges wie Schreibtisch, Stuhl, Regale, Bücherschrank sollte bei der Einrichtung dominieren - sonst ist es steuerlich betrachtet kein Arbeitszimmer. Heikel wird es, wenn ein Fernseher im Heimbüro steht, ein Gästebett, eine Klappcouch oder ein Kühlschrank. Eine Arbeitsecke wird garantiert abgelehnt. Auch dann, wenn der Schreibtisch per Raumteiler vom Wohnbereich abgetrennt ist.

Ein Arbeitszimmer muss für den Fiskus mit einer Tür abschließbar sein. Durchgangszimmer werden nicht akzeptiert. Kein Problem hat, wer ein Arbeitszimmer "außerhäuslich" angemietet hat, also um die Ecke oder in einer anderen Etage des Hauses. Dann wird das Finanzamt in der Regel alle Kosten akzeptieren.

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Quelle:
SZ vom 23.03.2017/lho
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