Steigende Studienanfängerzahl:Ungleichgewicht zwischen Ingenieuren und Facharbeitern

Beruflich qualifizierte Facharbeiter und akademisch ausgebildete Hochschulabsolventen - auf dieses Zusammenspiel sind deutsche Unternehmen angewiesen. Eine Studie sieht dieses Gleichgewicht nun allerdings gefährdet, weil immer mehr junge Leute an die Unis drängen.

Die deutsche Wirtschaft ist stolz auf ihr Innovationspotenzial, das sie vor allem ihren Mitarbeitern verdankt: Hochschulabsolventen und ausgebildete Fachkräfte sorgen gemeinsam dafür, dass in Firmen Abläufe und Produkte verbessert und noch immer unter dem Werbe-Slogan "deutsche Wertarbeit" vermarktet werden.

Einer aktuellen Studie (hier als PDF) des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und des Soziologischen Forschungsinstituts der Georg-August-Universität Göttingen (SOFI) zufolge könnte dieses Erfolgsmodell allerdings in naher Zukunft gefährdet werden: Der Anteil an Jugendlichen, die eine Ausbildung zum Facharbeiter beginnen, sinkt im Vergleich zu dem Anteil an Studienanfängern. So könnte in wenigen Jahren ein Mangel an beruflich qualifizierten Facharbeiter drohen. Der demographische Wandel trägt dazu bei, ebenso die Neigung der deutschen Abiturienten, sich nach dem Abitur ins Studentenleben statt in eine Berufsausbildung zu stürzen.

Die Experten, die die Studie erstellt haben, schätzen, dass durch den demographischen Wandel die Zahl der Personen im bildungsrelevanten Alter (unter 30 Jahre) von knapp 25 Millionen im Jahr 2010 auf 19,5 Millionen im Jahr 2035 sinkt - ein Minus von knapp 22 Prozent. Gleichzeitig stellen sie fest, dass in den Jahren zwischen 1995 und 2011 nicht nur der Anteil der Studienberechtigten von 36 Prozent auf über 50 Prozent gestiegen ist, sondern gleichzeitig auch die Übergangsquote der Abiturienten in ein Studium sowohl nach der Fachhochschulreife (etwa 42 Prozent) als auch nach dem Gymnasium (etwa 81 Prozent) auf hohem Niveau bleibt.

Die duale Berufsausbildung, die der Studie zufolge jahrzehntelang für Schulabgänger attraktiver war als ein Studium, hat offenbar an Reiz verloren. Im Jahr 2011 lag zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik die Zahl der Studienanfänger gleich hoch wie die der Jugendlichen, die eine duale Ausbildung begonnen haben.

Mit Studium winkt besseres Einkommen

Bezogen auf die altersgleiche Bevölkerung hat inzwischen also jeder zweite junge Mensch mit seinem Schulabschluss die Option, ein Studium aufzunehmen, so der Bericht. Die Experten gehen davon aus, dass dieser Anteil künftig noch etwas steigen wird.

Einen Grund dafür, dass der Anteil der Studienanfänger stetig steigt, sehen sie darin, dass viele Jugendliche von einem Studium bessere Karrierechancen, ein höheres Einkommen und auch einen langfristigen Schutz vor Arbeitslosigkeit erwarten.

Diese Erwartungen werden offenbar erfüllt: Tatsächlich zeigt die Studie, dass Personen mit einem Studium nach 20 Jahren beim Einkommen und der beruflichen Stellung besser abschneiden als solche, die nach dem Abitur eine berufliche Ausbildung begonnen haben.

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