Start-ups:So studieren die Gründer der Zukunft

Elevated view of smiling coworkers working together at wooden table in office model released Symbolf

Wie man ein Start-up gründet, müssen die meisten Menschen erst lernen. Zur Ausbildung gehören Dialogführung und Teamarbeit.

(Foto: imago/Westend61)

Häufig beginnen Karrieren von Jungunternehmern in Entrepreneur-Studiengängen. Dort müssen sie sich eine Menge verschiedener Kompetenzen aneignen.

Von Bärbel Brockmann

Nicht jede unternehmerische Erfolgsstory fängt heutzutage durch Tüfteln in einer Garage an. Und nicht jeder erfolgreiche Gründer hat am Anfang die eine geniale Idee, die ihn schließlich in die Forbes-Liste der Superreichen katapultiert, so wie Microsoft-Gründer Bill Gates oder Steve Jobs von Apple. Heute entstehen Start-ups in der Regel weniger spektakulär, dafür aber umso häufiger.

Ein Weg zu einem eigenen Unternehmen sind Ausgründungen aus Hochschulen. Junge Leute arbeiten im Rahmen ihres Studiums an Entwicklungen, die sie später als selbständige Unternehmer zu einem marktfähigen Produkt oder einer Dienstleistung ausbauen - oft kommt der Impuls dazu von den Professoren der Hochschule selbst. Andere wiederum wissen vor allem eines: Sie wollen in ihrem Leben keine Karriere als Angestellte machen, sie wollen selbständig sein. Sie suchen Geschäftsideen, probieren sie aus, verwerfen sie, suchen neue. Gemeinsam ist beiden Gründertypen, dass sie meist wenig bis gar keine Ahnung davon haben, was man alles wissen muss, damit aus einer Idee eine Firma wird.

Wie schreibt man einen Business-Plan, wie lernt man, seine Kunden und damit den relevanten Markt zu definieren, wie kalkuliert man die Kosten, wie macht man eine Überschussvoranmeldung, wie findet man Investoren? Im klassischen Betriebswirtschaftsstudium lernt man das bestenfalls am Rande. Solche Kenntnisse vermitteln Hochschulen zunehmend in eigenen Entrepreneur-Studiengängen. 134 solcher Professuren hat der Förderkreis Gründungs-Forschung Anfang des vergangenen Jahres in Deutschland gezählt. Vor 20 Jahren war es gerade mal eine.

Gründer werden in Deutschland dringend gebraucht, vor allem solche, die innovative technologische Ideen umsetzen, da sind sich auch die politischen Akteure einig. Neue Start-ups sollen helfen, die Digitalisierung zu stemmen, damit man nicht bei jeder Anwendung auf Angebote internationaler Firmen, vor allem von solchen aus dem amerikanischen Silicon Valley angewiesen ist. Zu diesem Zweck hat das Bundeswirtschaftsministerium das Gründerförderprogramm Exist ins Leben gerufen: Seit 2010 fördert der Bund 21 Hochschulen dabei, eine ganzheitliche hochschulweite Strategie zu Gründungskultur und Unternehmergeist herauszubilden.

In den Bundesländern gibt es überdies viele Förderprogramme für Existenzgründer. Allerdings war die Zahl der Neugründungen in den unmittelbar vergangenen Jahren rückläufig. Experten begründen das unter anderem mit der Lage auf dem Arbeitsmarkt: Junge Menschen bekommen heute schon gleich nach der Ausbildung in der Regel sehr attraktive Jobangebote in der Wirtschaft. Das dämpft den Gründungswillen - Unternehmertum ist ja stets auch mit dem Risiko des Scheiterns verbunden. Daran ändern auch die Leuchtturm-Start-ups der vergangenen Jahre wie der Onlinehändler Zalando oder das Reiseunternehmen Flixbus nicht viel. 2018 ist Deutschland auf dem Global- Entrepreneurship-Index um einen Platz auf Rang 15 gesunken. Der Index vergleicht die Bedingungen für Gründer in verschiedenen Kategorien vom Zugang zum Breitbandanschluss bis zu Exportmöglichkeiten.

"Man wird nicht zum Gründer geboren"

Gründen kann man lernen. Davon sind viele Experten an Hochschulen und außerhalb überzeugt. Das Interesse muss zwar schon da sein - und eine vage Vorstellung, womit man sich selbständig machen möchte auch. Aber eine zündende Idee, die schon fix und fertig im Kopf ist, braucht man nicht. "Man wird nicht zum Gründer geboren, aber man kann die Einstellung dazu fördern", sagt Klaus Sailer, Professor an der Hochschule München und Geschäftsführer des an die Hochschule angegliederten Strascheg Center for Entrepreneurship. Das Zentrum bietet unterschiedliche Formate für Gründungswillige an, zum Beispiel Motivationsprogramme, Ringvorlesungen sowie Workshops.

In manchen Studiengängen der Hochschule ist ein Entrepreneurseminar bereits Teil des Curriculums. Die Studenten müssen also Punkte im Strascheg Center sammeln. Dort geht es aber nicht wie in normalen Seminaren zu. Pauken und abfragen ist dort nicht vorgesehen. "Bei Entrepreneurship sind andere Skills gefragt, deshalb muss man auch anders ausbilden. Man braucht einen Praxisbezug, man muss die Leute auch mal selbst etwas machen lassen, sie auch mal Enttäuschungen erleben lassen", beschreibt Sailer die Herangehensweise. Viele Studenten hätten damit aber zuerst einmal große Probleme.

Die Hochschule Bremerhaven bietet seit dem Wintersemester 2018/19 einen Bachelor-Studiengang "Gründung, Innovation, Führung" (GIF) an, der die klassische Vermittlung von Lerninhalten ebenfalls nicht berücksichtigt. Es wird dort keine Vorlesungen und keine Klausuren geben. Die tatsächliche Gründung eines Start-ups ist nicht unbedingt Ziel der Ausbildung, man soll vielmehr den Prozess einer Unternehmensgründung praktisch erlernen.

"Im Studiengang GIF steht nicht der Wissenserwerb im Vordergrund, sondern der Kompetenzerwerb in Bereichen wie selbstgesteuertes Lernen, Dialog, Reflexion, Teamarbeit, Kreativität und Verantwortung", sagt BWL-Professor Michael Vogel, der sich für diesen neuen Studiengang eingesetzt hat. In dem Studiengang gehe es weniger um die Gründung eines Start-ups, sondern darum, Menschen fit für die Zukunft zu machen. "Im Zeitalter von künstlicher Intelligenz werden Menschen bei wissensbasierten Aufgaben keine Chance gegen Maschinen haben. Warum sollte Bildung also weiter so wissensorientiert sein?", fragt sich Vogel.

Die private Wirtschaftshochschule WHU Otto Beisheim School of Management in Vallendar/Koblenz sowie in Düsseldorf hat dagegen in ihrer Ausbildung durchaus die Gründung von Start-ups im Auge. Zusätzlich zum Lehrstuhl für Entrepreneurship gibt es neuerdings ein eigenes Entrepreneurship-Center, und seit Kurzem kann man sich für einen Master in Entrepreneurship anmelden. "Man braucht keine fertige Idee, aber schon den Wunsch, eine eigene Firma zu gründen", sagt Monika Hauck, Leiterin des Entrepreneurship-Centers. Der Master soll an der WHU zwei Karrierewege ebnen: den für den späteren Gründer und den für Absolventen, die es in der Industrie mit Start-ups zu tun haben werden. "Zahlreiche Konzerne suchen agile Leute, die mit Ideen umgehen können, die verstehen, wie Start-ups ticken und wie man mit ihnen zusammenarbeitet", sagt Hauck.

Was aber ist, wenn man ohne den Weg über eine Hochschule die Gründung eines innovativen Unternehmens anstrebt? Grundsätzlich ist das natürlich möglich, Vorbilder gibt es da auch. Steve Jobs hat es nur kurze Zeit an der Universität gehalten. Aber solche Unternehmerkarrieren sind ebenso schillernd wie selten. "Ein Abschluss über eine Hochschule gibt einem einfach eine bessere Eintrittskarte und ganz andere berufliche Möglichkeiten", ist Sailer vom Strascheg-Center überzeugt.

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