Süddeutsche Zeitung

Ständige Erreichbarkeit macht krank:Schlaflos nach Feierabend

Die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verschwimmen immer mehr. Eine Studie zeigt jetzt, dass die ständige Erreichbarkeit viele Arbeitnehmer krank macht. Häufiges Anzeichen: Schlafstörungen.

Trennung zwischen Arbeit und Privatleben? Gibt es nicht mehr. Die Grenzen verschwimmen immer mehr: Über Handy, Mail und Festnetztelefon sind inzwischen 84 Prozent der Berufstätigen außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit für Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte erreichbar. Die Hälfte davon (51 Prozent) ist sogar jederzeit "stand-by", wie eine Umfrage im Auftrag des BKK Bundesverbandes zeigt.

Befragt wurden 2322 Berufstätige zwischen 18 und 65 Jahren. Die Studie zeigt außerdem, dass in Deutschland rund die Hälfte der Befragten (46 Prozent) keiner regulären Fünf-Tage-Woche nachgeht. Sie arbeiten regelmäßig an Samstagen, Sonn- und Feiertagen, im Schicht-, Nacht- oder Bereitschaftsdienst.

Jeder zweite Befragte ist von Schlafproblemen betroffen, und zwar sowohl an Arbeitstagen als auch an freien Tagen. Dabei leidet mehr als jeder Zehnte (13 Prozent) fast jede Nacht an Schlafproblemen. Als häufigsten Grund gaben die Befragten allgemeinen Stress an, knapp gefolgt von beruflichem Stress beziehungsweise Überforderung, dem "Nichtabschalten können von der Arbeit" sowie privaten Sorgen und familiären Problemen.

Jedem Siebten (14 Prozent) macht die ständige Erreichbarkeit für berufliche Belange zu schaffen. BKK-Geschäftsführer Heinz Kaltenbach sagte zu der Studie: "Dass die Hälfte der Berufstätigen Schlafprobleme hat und sich deshalb nicht ausgeruht fühlt, beobachten wir mit Sorge. Denn ständige Abgeschlagenheit kann ein Warnzeichen für seelische 'Ausgebranntheit' sein. Unser Gesundheitsreport zeigt, dass sich in den letzten fünf Jahren die Zahl der Krankentage, die nach ärztlichen Verordnungsdaten auf das sogenannte Burnout-Syndrom zurückgehen, verzehnfacht hat."

Unter Schlafmangel leiden laut der Umfrage vor allem "Viel-Arbeiter", die mehr als 50 Stunden in der Woche arbeiten. Sie schlafen im Durchschnitt nur 6,5 Stunden pro Nacht. Jeder Dritte dieser Gruppe arbeitet außerdem regelmäßig an Sonn- und Feiertagen. Es sind überdurchschnittlich häufig Selbstständige, leitende Angestellte sowie Personen mit einem Haushalts-Nettoeinkommen von mindestens 2.500 Euro. Bei Berufstätigen, die in Schicht-, Nacht- oder Bereitschaftsdiensten arbeiten, ist die Nachtruhe ebenfalls im Schnitt nach 6,5 Stunden vorbei. Sie liegen damit unter der durchschnittlichen Schlafdauer aller Befragten von 6,7 Stunden. Sieben Stunden Schlaf gönnen sich Teilzeitkräfte, die weniger als 30 Wochenstunden arbeiten.

Mehr als die Hälfte aller Befragten schläft mindestens sieben Stunden pro Nacht. Jeder vierte Befragte kommt sogar auf acht und mehr Stunden. Jeder Fünfte geht kurz vor dem Schlafengehen berufsbezogenen Tätigkeiten nach, so werden dienstliche E-Mails und SMS geprüft oder etwas für die Arbeit erledigt. "Inzwischen fällt vielen die Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben auch durch die ständige Erreichbarkeit schwer. Sie sollten kritisch überprüfen, ob es wirklich notwendig ist, jederzeit erreichbar zu sein", sagte Kaltenbach.

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