Sprachkenntnisse im Job:15,4 Millionen Menschen weltweit lernen Deutsch

Wer eine weitere Fremdsprache beherrsche, könne damit unter Umständen in Gehaltsverhandlungen punkten: "Aber nur, wenn damit ein konkreter Nutzen für das Unternehmen verbunden ist, zum Beispiel wenn jemand bei der deutschen Tochtergesellschaft eines französischen Unternehmens arbeitet." Feste Zuschläge wie bei der Uno gibt es in der Privatwirtschaft nicht. Auf der mittleren Qualifikationsebene könne man mit guten Englischkenntnissen immerhin noch positiv auffallen, meint Runge. "Das wirkt sich aber eher nicht auf das Gehalt aus."

Angesichts dieser Entwicklung wird mangelnde Fremdsprachenbegabung immer mehr zum Karrierehindernis. Das Niveau der Englischkenntnisse sei heute "ein wichtiges Entscheidungskriterium, ob jemand den Job kriegt oder nicht", sagt der Kienbaum-Berater. In den meisten Unternehmen wird die Fremdsprachenkompetenz schon im Auswahlverfahren geprüft. Ältere Führungskräfte, die nur schlecht Englisch können, sind in Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten. "Entlassungen oder harte Degradierungen sehe ich zwar so gut wie nie", sagt Runge. "Aber häufig stagniert dann die Karriere, während sich die Leute links und rechts weiterentwickeln."

Immerhin reicht Englisch in aller Regel aus: Nur wenige Deutsche brauchen Französisch, Spanisch oder Chinesisch in ihrem Job. Ebenso unwichtig ist die Rolle, die Deutsch als Fremdsprache in anderen Ländern spielt. Von etwa 570 Führungskräften internationaler Konzerne, die das britische Magazin Economist und ein Sprachreisen-Anbieter vor drei Jahren befragten, glaubte zwar die Mehrheit, dass bessere Fremdsprachenkenntnisse ihrer Beschäftigten zu mehr Umsatz, Gewinn und Produktivität führen würden. Zugleich bezeichnete aber nur ein Prozent Deutsch als "wichtige Sprache".

Ziel, in Deutschland zu studieren oder zu arbeiten

Trotzdem lernen laut einer aktuellen Datenerhebung des Auswärtigen Amtes weltweit 15,4 Millionen Menschen Deutsch. Fast zwei Drittel von ihnen sind Europäer. Spitzenreiter ist Polen mit knapp 2,3 Millionen Deutschlernern - was auch daran liegt, dass polnische Schüler zwei Fremdsprachen lernen müssen.

Besonders stark steigt das Interesse an der deutschen Sprache in Brasilien, Indien und China. So lernen heute fast 120 000 Chinesen Deutsch - mehr als doppelt so viele wie vor fünf Jahren. Die deutsche Literatur und Kultur ist dafür allerdings nicht das Hauptmotiv. Laut Erhebung haben die Deutschschüler im Ausland vor allem ihre berufliche Karriere im Auge - sei es im jeweiligen Heimatland oder weil sie das Ziel haben, in Deutschland zu studieren oder zu arbeiten.

Zwischen 2000 und 2010 war die Zahl der Deutschlernenden noch weltweit gesunken. "Es ist gelungen, den Rückgang zu stoppen", freut sich Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts. Neben einer stärkeren Förderung von Deutschunterricht an Schulen im Ausland sei diese Entwicklung vor allem der guten Wirtschaftslage zu verdanken: "Der Wirtschafts- und Studienstandort Deutschland ist attraktiv wie selten zuvor."

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