Spätestens seit diesem Mittwoch steht fest: Kein Arbeitgeber kann es sich noch leisten, das Thema Frauenquote mit einem spöttischen Lächeln abzutun. Es ist ganz oben angelangt. Gleich vier Bundesminister trafen sich mit den Personalvorständen der 30 Dax-Konzerne. Sie wollten wissen, wieso es noch immer so wenig weibliche Führungskräfte gibt. Von den 187 Dax-Vorständen beispielsweise sind gerade mal fünf Frauen. Das will die Bundesregierung ändern - und kommt der Wirtschaft dabei weit entgegen.
Eine freiwillige Selbstverpflichtung, das ist es, worauf Bundesfamilienministerin Kristina Schröder jetzt setzt. Wenn sie damit bis 2013 keinen Erfolg erzielt, will sie die Konzerne zwingen, sich selbst eine Quote zu geben und diese zu veröffentlichen. Dass der Gesetzgeber für alle Unternehmen verbindlich ein starres Ziel vorschreibt, scheint damit vorerst vom Tisch zu sein. Eine solche Lösung hatte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen favorisiert. Sie wäre ein massiver Eingriff in die Vertragsfreiheit gewesen.
Die Quote im Blick behalten
Als Ultima Ratio sollte man sie dennoch weiter im Blick behalten. Schon allein, weil sie den Druck auf die Wirtschaft erhöht, endlich etwas zu tun. Das war bereits in den vergangenen Wochen zu erkennen, als die Diskussion um die Frauenquote immer lauter wurde. Kaum ein Verband, der sich nicht geäußert hat, wie er Mitarbeiterinnen in Zukunft fördern will. Alle bekunden hehre Absichten, wollen Arbeitszeiten flexibler gestalten oder Mentoring-Programme auflegen. Eine gesetzlich diktierte Quote aber lehnen die allermeisten Arbeitgeber ab - und das aus Gründen, die zunächst auch durchaus nachvollziehbar sind.
Angst vor Unvermögen
Der Bundesverband der Deutschen Industrie wendet beispielsweise ein, dass immer noch zu wenig Frauen technische Studienfächer belegen. In Unternehmen mit diesen Schwerpunkten würde sich daher eine Quote selbst bei größter Anstrengung nicht erfüllen lassen. Andere tragen vor, dass es bereits in unteren Ebenen zu wenig Frauen mit Führungserfahrung gibt. Wie soll man da genügend finden, die für den Vorstand geeignet sind?
Es ist also nicht etwa ein Mangel an gutem Willen, wenn ein Arbeitgeber sich gegen eine starre Quote ausspricht. Es ist vielmehr die Sorge, dass er künftig eine weniger qualifizierte Frau auf einen Posten setzen muss, für den er eigentlich einen besser qualifizierten Mann vorgesehen hat. Er fürchtet, die Geschicke seines Unternehmens in die Hände von Menschen geben zu müssen, die damit überfordert sind. Wenn das so käme, wäre das in der Tat verheerend. Es wäre nicht im Sinne der Wirtschaft und auch ganz sicher nicht im Sinne der Frauen - die sich damit ziemlich schnell den Ruf erarbeiten würden, für Führungspositionen ungeeignet zu sein.
Eine einheitliche Quote wäre realitätsfern
Allerdings ließen sich all diese Sorgen durch ein umsichtig formuliertes Gesetz ausräumen. So wäre es realitätsfern, eine einheitliche Quote für sämtliche Unternehmen vorzuschreiben. Natürlich muss man auf Branchen und Betriebsgrößen Rücksicht nehmen. Eine 30-Prozent-Quote für die Führungsetage würde einen Technologiekonzern vor eine weitaus größere Herausforderung stellen als ein Einzelhandelsunternehmen.
Auch darf eine Quote, überspitzt formuliert, nicht dazu führen, dass die Krankenschwester künftig die Operation leitet, nur weil es weit und breit ausschließlich männliche Chirurgen gibt. Natürlich muss die Frau für den Führungsposten geeignet sein. Eine Quote, die sinnvoll ist, dürfte also nur verlangen, dass bei gleicher Qualifikation so lange Frauen zu bevorzugen sind, bis das Ziel erfüllt ist.
Solche Vorgaben würden kein Unternehmen überfordern.
Vorerst hat sich die Bundesregierung dagegen entschieden und setzt auf Freiwilligkeit. Es ist jetzt Sache der Wirtschaft zu handeln. Denn in einem sollte man sich nicht täuschen: Das Thema Frauenquote wird von der Agenda nicht mehr verschwinden. Nicht, solange die Zustände so sind, wie sie sind.