Sparzwang:Bayerns Universitäten werden neu geordnet

Viele Fakultäten sollen geschlossen oder zusammengelegt werden.

Von Christine Burtscheidt

Den bayerischen Universitäten steht der gravierendste Umbau in der Nachkriegszeit bevor. Etliche Fakultäten sollen in den nächsten Jahren Allianzen schmieden. Einzelne Standorte will man zusammenlegen. Das schlagen die elf Hochschul-Rektoren in ihrem Papier "Vision UniBay2010" vor.

Sie versprechen sich davon eine Bündelung der Kapazitäten, um mit weniger Geld international wettbewerbsfähig zu bleiben. Wissenschaftsminister Thomas Goppel begrüßte die Vorschläge als "exzellente Ausgangsbasis". Eine Kommission soll sie bewerten, dann wird die Politik entscheiden.

Weniger Standorte

Die elf bayerischen Universitäten haben bei ihrer Klausurtagung in Irsee ein "einzigartiges Richtungskonzept" für den Freistaat vorgelegt. "Es ist streng an Wissenschaft und Forschung orientiert", sagte der Sprecher der Rektoren, TU-Präsident Wolfgang Herrmann. Die 15 Eckpunkte dienten der Politik als Steilvorlage. Sie eröffneten einen "großen Handlungsspielraum". In nahezu allen Fächern - bis auf die Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften - wird vorgeschlagen, Ressourcen auf weniger Standorte zu konzentrieren, ohne jedoch einzelne Universitäten namentlich zu nennen. Das sei Sache der Politik, so Herrmann.

Ein "Effizienzproblem" gibt es nach Ansicht der Rektoren in den Naturwissenschaften. Sie empfehlen deshalb der Regierung die sechs Fakultäten für Chemie, die sieben für Physik und die sechs für Biologie "angesichts ihres hohen Resourcenbedarfs und der hohen Abbrecherquoten" zu reduzieren. Idee ist unter anderem, in Süd- und Nordbayern jeweils nur mehr eine Grundausbildung in jedem Fach anzubieten.

Kritik wird auch an den Geisteswissenschaften wegen ihrer "zersplitterten Struktur" geübt. Sie seien im internationalen Wettbewerb so nicht mehr überlebensfähig, sagte Herrmann. Um die Fortführung einzelner Orchideen-Fächer überhaupt noch zu gewährleisten, wird die Bildung kultur-, geistes- und sozialwissenschaftlicher Zentren vorgeschlagen.

Zur Theologie heißt es, sie dürfe "keinen Sonderstatus" einnehmen. Die Rektoren halten somit an ihrer Empfehlung des Frühjahrs fest, die Zahl der Fakultäten zu halbieren.

Bayerns Universitäten werden neu geordnet

Eine längst "überfällige Standortkonzentration" wird auch bei den Juristen gefordert. Sechs Fakultäten bayernweit sind nach Ansicht der Rektoren zu viel. Intern steht die Uni Augsburg im Feuer. Auch wird gefordert, die einseitige Staatsorientierung der Ausbildung aufzugeben.

Fusionen stehen zudem den Erdwissenschaften bevor. Statt vier Geografie-Standorten soll es nur mehr einer sein. Erlangen ist dafür im Gespräch.

Abspecken könnte des weiteren die Agrar- und Forstwirtschaft(Weihenstephan) sowie die Sportwissenschaft (TU München). Auch die Lehrerbildung müsse nicht mehr an jedem Uni-Standort in Bayern "beibehalten werden", heißt es.

Kein Tabu gibt es auch für die fünf Uni-Kliniken. Auch hier hält man eine "Konzentration der Standorte für unausweichlich". Damit ist insbesondere München gemeint. Dass die LMU mit einer Fakultät gleich zwei Standorte hält (Innenstadt und Großhadern) wird seit Jahren von den Rektoren bemängelt.

Mit ihrem Papier tragen die Hochschulen der Aufforderung von Wissenschaftsminister Thomas Goppel Rechnung, den Umbau-Prozess selbst zu gestalten. Allerdings erwarten sie im Gegenzug durch eine umfassende Reform "unternehmerische Handlungsfähigkeit" sowie Planungssicherheit. Einsparungen seien an den Hochschulen nur über einen längeren Zeitraum möglich, heißt es. "Wir sagen ja zu sinnvollem Sparen, nein aber zu isoliertem Kürzen", sagte Herrmann. Generell fordern die Rektoren einen Zuwachs angesichts steigender Studentenzahlen - bis 2011 um 30 Prozent bei einer schon heute vorhandenen Auslastung von 165 Prozent. "Erstklassigkeit mit weniger Geld, mit mehr Studenten und ohne mutige Strukturverbesserungen ist nicht möglich", heißt es.

Wissenschaftsminister Thomas Goppel begrüßte gestern das Papier: "Das ist eine ausgezeichnete Basis für unsere weitere Arbeit." Zwar rechnet er bei der Umsetzung mit Widerständen. "Das wird noch jede Menge Aufregung erzeugen." Doch setzt er auf konstruktive Gespräche mit dem Landtag.

Zunächst soll eine Kommission das Papier begutachten. Dann will die Politik entscheiden. Goppel versicherte, dass die "Gewinne" aus dem Strukturumbau bei den Hochschulen verbleiben werden. Unklar ist jedoch, ob die Universitäten bei der nächsten Sparrunde verschont werden. 2004 kürzte die Regierung den Uni-Etat um fünf Prozent.

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