Wissen, Ehrgeiz, Engagement und gute Noten - all das sollte man als Jobneuling mitbringen. Ebenso wichtig aber ist die Gabe zu plaudern. Dabei fürchten sich manche regelrecht vor typischen Small Talk-Situationen wie Geschäftsessen oder Aufzugfahrten. Susanne Watzke-Otte, Trainerin und Beraterin für Kommunikation aus der Nähe von Paderborn, sagt, wie man gekonnt kurzschwatzt.
SZ: Frau Watzke-Otte, wie ist denn bei Ihnen in Ostwestfalen das Wetter heute?
Susanne Watzke-Otte: Ganz fürchterlich, ziemlich grau, ich nehme an, bei Ihnen in München ist es nicht anders.
SZ: War das jetzt gut als Einstieg in einen telefonischen Small Talk - oder abgedroschen?
Watzke-Otte: Gut. Sie haben eine offene Frage gewählt, das heißt, ich konnte nicht einfach nur mit Ja oder Nein antworten, und es ist eine Frage, die jeder beantworten kann.
SZ: Wetter geht also immer.
Watzke-Otte: Wetter geht immer. Es ist kein konfliktträchtiges Thema, und es überfordert nicht intellektuell.
SZ: Die Deutschen gelten als Small Talk- Muffel. Warum fällt uns das unverbindliche Plaudern so viel schwerer als zum Beispiel Briten oder Amerikanern?
Watzke-Otte: Bei uns gibt es immer noch die Auffassung, Kommunikation müsse streng zielorientiert sein, sich um wirklich wichtige Inhalte drehen, ansonsten sagt man besser nichts. Das höre ich auch immer in meinen Seminaren: Wer hat denn für so was Zeit, das bringt doch nichts! Bei Geschäftskontakten mit ausländischen Partnern kann so eine Haltung Probleme machen, denn die legen Wert auf Small Talk.
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SZ: Kann man Small Talk überhaupt lernen, ist das nicht ein angeborenes oder anerzogenes Talent?
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Watzke-Otte: Anerzogen auf jeden Fall, erlernbar auch. Small Talk machen ist denkbar einfach: Es wird eigentlich nur erwartet, dass Sie zuhören, ein paar nette Fragen stellen, am anderen interessiert sind. Wer dazu grundsätzlich nicht bereit ist, der wird es auch nicht lernen.
SZ: Und wer von Natur aus schüchtern ist?
Watzke-Otte: Es gibt zwei Gruppen, die sich mit Small Talk schwertun: die, die immer nur bedeutungsschwangere Gespräche führen wollen, denen das alles zu flach ist, und diejenigen, die gehemmt sind, fremde Leute anzusprechen. In beiden Fällen sollte man sich klarmachen: Small Talk dient der Kontaktpflege, gibt die Möglichkeit, andere kennenzulernen. Die Erfahrung zeigt: Wenn die Leute sich überwunden haben und merken, das tut nicht weh, es kommt auch eine nette Reaktion, dann wird es von Mal zu Mal leichter.
SZ: Frauen und Männer haben ja unterschiedliche Themenvorlieben. Was heißt das für den Small Talk?
Watzke-Otte: Für einen Mann, der mit einer Frau smalltalkt, ist es nicht unbedingt sinnvoll, Bundesliga-Ergebnisse zu besprechen, es sei denn, er weiß, sie ist ein Fußballfan. Man sollte geschlechtsneutrale Themen wählen, damit sind wir wieder beim Wetter oder beim Urlaub oder bei der Anreise. Man merkt schnell, ob der andere gelangweilt ist: Wenn er den Blickkontakt nicht mehr hält, die Antworten geistesabwesend kommen oder nur als "Ähä-Ähä".
SZ: Ich komme neu in ein Team. Was sollte ich beim Small Talk beachten?
Watzke-Otte: Erst mal genau zuhören, damit ich die geltenden Regeln rausfinde. Spricht man über Privates, oder ist das gar tabu? Ist Humor angesagt oder nur unter Gleichgestellten üblich? So etwas sollte man in den ersten Wochen erspüren. Und natürlich sollte ich konfliktträchtige Themen, Aufschneiderei oder Ironie vermeiden.
SZ: Manche haben Hemmungen, überhaupt mit Vorgesetzten zu plaudern, aus Angst, kumpelhaft, jovial zu wirken.
Watzke-Otte: Es hängt vom Vorgesetzten ab. Ist es jemand, der die drei Ks im Führungsstil bevorzugt - kommandieren, kritisieren, kontrollieren - dann wird er nicht wollen, dass ein 25-Jähriger mit ihm übers Wetter spricht. Dafür haben Mitarbeiter aber meist ein gutes Gespür. Dem Vorgesetzten Themen aufzwingen, die ihm unangenehm sind, geht natürlich gar nicht.
SZ: Nehmen wir an, das Schicksal verschlägt mich mit meinem Vorgesetzter in den Aufzug. Tags zuvor hat er mich runtergebürstet. Vor uns liegen 20 endlose Stockwerke. Worüber rede ich?
Watzke-Otte: Bei 20 Stockwerken muss ich irgendwann was sagen, denn ab dem dritten Stockwerk wird's peinlich. Vielleicht hat der Chef etwas Gutes angestoßen: ,Ich habe gehört, Sie haben jetzt neue Seminare für die Mitarbeiter, das finde ich spannend.' Oder man sagt: ,Sie haben vielleicht schon gehört, wir haben jetzt in unserer Abteilung das Projekt X, es ist gut gelaufen, wir waren sehr zufrieden.' Also Themen ansprechen, die positiv sind, die einen beruflichen Kontext haben, vielleicht sogar ein verpacktes Kompliment für den Chef, für die Abteilung.