Süddeutsche Zeitung

Skandal an der Uni Göttingen:Der Asta kassiert, das Geld ist futsch

Während der Fußball-WM im Sommer übertrug der Asta in Göttingen Spiele in den Hörsaal. Jetzt ist das Geld weg, und die Studentenvertreter stecken in einer Finanzaffäre.

Johann Osel

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika ist schon ein gutes halbes Jahr vorbei, doch für den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Uni Göttingen hat sie nun ein Nachspiel - in Form eines Finanzskandals. Von den Einnahmen, die der AStA bei der Übertragung von Spielen im zentralen Hörsaalgebäude erzielte, fehlen 18.000 Euro.

Das Geld sei offenbar gestohlen worden, heißt es bei der Studentenvertretung, die Staatsanwaltschaft Göttingen bestätigte den Eingang einer entsprechenden Strafanzeige. Etwa 12.000 Studenten hatten die Übertragungen besucht, Eintritt gezahlt und Getränke gekauft. Bei einer späteren Abrechnung sei dann der Fehlbetrag aufgefallen. Darüber habe man "unverzüglich" die Rechtsabteilung der Universität informiert, heißt es beim AStA.

Durch einen Prüfbericht der Revisionsabteilung der Hochschule wurde der Verdacht dann bestätigt. Mittlerweile wurden andere angebliche Ungenauigkeiten bekannt, bei der Getränke-Abrechnung einer Erasmus-Party zum Beispiel. Auch diese Fälle soll die Uni-Revision prüfen und im Januar einen Bericht vorlegen.

Die AStA-Vorsitzende Susanne Peter sagte, sie habe sich wegen grundsätzlicher Bedenken gegen das WM-Projekt aus der Organisation herausgehalten, gab aber eine Stellungnahme ab: Während der Veranstaltungen seien die Kassen regelmäßig geleert und das Geld in einen separaten Raum gebracht worden. Jedoch sei das Geld nicht nach jedem Termin eigens abgerechnet worden, kein verantwortlicher Referent habe laufend die Einzahlungen kontrolliert. Deshalb seien die Fehlbeträge erst so spät aufgefallen. Peter sieht auch bei sich die Schuld, nicht der ihr "obliegenden allgemeinen Aufsicht über die Durchführung der Projekte hinreichend nachgekommen zu sein", wie es in der Stellungnahme heißt.

Aus der Finanzaffäre wurde inzwischen ein Politikum: Der Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) bezichtigt die Vorsitzende Peter eines "intransparenten und kopflosen Führungsstils" und fordert deshalb ihren Rücktritt. Der AStA in Göttingen wird von der nach eigener Darstellung politisch neutralen Arbeitsgemeinschaft demokratischer Fachschaften (ADF) und vom konservativen RCDS gestellt.

Der Finanzreferent des AStA (ein RCDS-Mann) hat beim Präsidium des Studentenparlaments (Stupa), dem Kontrollgremium der Studentenvertretung, den Rücktritt eingereicht. Die ADF-RCDS-Koalition wurde bei einer Sitzung kurz vor Weihnachten spontan aufgekündigt. Tags darauf hieß es aber in Twitter-Meldungen, man wolle weiter koalieren. Bei besagter Sitzung war AStA-Chefin Peter durchgefallen, als sie sich zur studentischen Vertreterin im Vorstand des Studentenwerks wählen lassen wollte - auch Stimmen aus dem eigenen Lager fehlten ihr.

Die Juso-Hochschulgruppe und die Grünen fordern den geschlossenen Rücktritt des AStA. Isabell Redling, vom linken Basisdemokratischen Bündnis (BB), einer weiteren Stupa-Fraktion, sagt: "18.000 Euro sind kein Betrag, der durch einen einfachen Griff in die Kasse verschwindet." Hierfür müsse man das Geld "gleich Säckeweise wegschleppen". Es sei "offensichtlich, dass es sich um systematische Unterschlagung" durch Personen aus den AStA-Strukturen handele.

Letztlich erhoffen sich die linken Fraktionen im Parlament durch die Finanzaffäre wohl auch politisches Kapital: Der AStA sei in der Vergangenheit seinen Aufgaben nicht gerecht worden, lautet der Tenor. Er habe sich bei Studentenprotesten nicht genügend engagiert und, so der Vorwurf, etwa studentische Aktionen wie ein Festival gegen Rassismus zu torpedieren versucht. Ende Januar stehen Hochschulwahlen an.

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SZ vom 03.01.2011/holz
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