Sicherheit im Job:Kündigungsschutz selbstgemacht

Jeder Zweite fürchtet um seinen Job. Doch auch in der Krise gibt es Wege, sich vor der Entlassung zu wappnen - die zehn besten Tipps.

Jörg Oberwittler

10 Bilder

Superman, ap

Quelle: SZ

1 / 10

Bankenkrise, Outsourcing, Wirtschaftsabschwung: Kein Job ist mehr hundertprozentig sicher, sagen Arbeitsmarktexperten. Gerade Berufsanfänger und junge Mitarbeiter müssen sich am Arbeitsplatz mühevoll hocharbeiten und sind oft als Erste von betriebsbedingten Kündigungen betroffen. Aber auch ältere Angestellte bangen um ihre Stelle. Wie eine Studie der R+V-Versicherung jüngst ergeben hat, fürchtet sich fast jeder Zweite vor Arbeitslosigkeit. Doch eine unerschöpfliche Bereitschaft zu Überstunden, Dauergrinsen und Ja-Sagerei reichen nicht aus, um sich beim Chef und Team unentbehrlich zu machen. Wie man zum Problemlöser wird, die Kontaktfähigkeit verbessert und sein Engagement zielgenau bündelt - zehn Tipps für den individuellen Kündigungsschutz.

1. Selbstbewusster auftreten

Wissenschaftliche Studien belegen: Wer im Berufsleben ein gesundes Selbstbewusstsein zeigt, kommt bei Vorgesetzen und Kollegen besser an. "In 60 Prozent aller Fälle entscheidet mehr die Persönlichkeit als die fachliche Kompetenz", sagt Steffen Westermann aus dem Berliner Büro für Berufsstrategie des Ratgeberduos Jürgen Hesse und Hans Christian Schrader.

Selbstsicheres Verhalten wirke auf Außenstehende nicht arrogant, sondern sympathisch. Selbstvertrauen in der Arbeitswelt sei das Fundament für Erfolg. "Nur wer sich selbst vertraut, dem wird eine Aufgabe zugetraut", so Hesse und Schrader in ihrem Buch "Die 10 Gebote der Jobsicherung". Dies gehe so weit, dass bei zwei Kollegen mit der gleichen Fachkompetenz der Sympathischere die wichtigeren Aufgaben bekommt.

Wer mehr Selbstbewusstsein anstrebt, sollte sich genau überlegen, wo die eigenen Stärken liegen: Was sind meine Kernkompetenzen? Was kann ich besser als die Kollegen? Wer sich seiner Fähigkeiten bewusst ist, kommt am einfachsten zu mehr Selbstbewusstsein.

Bild: ap

Meeting, iStock

Quelle: SZ

2 / 10

2. Zum Problemlöser werden

Die eigenen Fähigkeiten präsentieren - dafür eignen sich Meetings besonders gut. Wer ständig über Beschlüsse nörgelt oder sich wegduckt, wenn der Chef Aufgaben verteilt, macht sich am ehesten entbehrlich. Besser: Antworten statt Fragen formulieren. "Dies erreicht man über aktives Zuhören", sagt Steffen Westermann. "Das bedeutet, andere nicht mit einem Wortschwall zu überziehen, sondern sich auf die Argumente einzulassen und zuzuhören." Dies würden viele falsch machen.

Gleiches empfiehlt auch die Bestsellerautorin Susanne Reinker in ihrem Buch "Unkündbar". Wie man sich geschickt in Konferenzen einbringt, sei ganz einfach: über lösungsorientiertes Denken. "Ich überlege mir, welche Vorschläge das gerade besprochene Problem nach vorne bringen könnten." Wer sich in Konferenzen umschaut, werde feststellen, dass das lösungsorientierte Denken oft unter den Tisch fällt. "Wenn das einer zeigt, sind ihm Pluspunkte sicher", befindet Reinker. "Chefs wollen kein Couch-Potato-Verhalten, sondern Einsatz sehen."

Bild: iStock

Überstunde, iStock

Quelle: SZ

3 / 10

3. Ziele festlegen, Energien bündeln

Wer abends ständig als Letzter im Büro sitzt, während die Putzfrau durch die Gänge saugt, wird sich auf Dauer nur verausgaben. Was für Selbstständige ein Ding der Notwendigkeit ist, gilt auch für Angestellte: Prioritäten setzen. Das heißt: Morgens als Erstes Tagesaufgaben planen, sich Wochen- und Monatsziele überlegen und diese an den Interessen des Unternehmens ausrichten. Jens-Uwe Meyer, Autor des Buches "Fest im Sattel" und einst selbst Chef, der ein Viertel seiner Mitarbeiter entlassen musste, rät: "Entledigen Sie sich überflüssiger Aufgaben und übernehmen Sie ausschließlich produktive Fähigkeiten." So werde man wertvoller fürs Unternehmen.

"Die Kosten-Nutzen-Relation muss stimmen", sagt Steffen Westermann. Jeder Angestellte sei im Grunde ein Ein-Mann-Betrieb. Dazu gehöre ebenfalls, für sich selbst zu werben, in Verbände einzutreten und Verbindungen zu knüpfen. Gerade das Netzwerk werde immer wichtiger. "Damit sollte man nicht erst anfangen, wenn die Krise da ist." Gerade ein Netzwerk biete dann Kontakte, die weiterhelfen - zum Beispiel in Form neuer Stellen, von denen mehr als die Hälfte unter der Hand vergeben werden.

Bild: iStock

Golf Büro, dpa

Quelle: SZ

4 / 10

4. Den Chef besser kennenlernen

Wer im Berufsleben aufsteigen oder schlicht seinen Arbeitsplatz sicherer machen will, kommt am Chef nicht vorbei. Dazu gehört, sich dem Kommunikationsstil des Vorgesetzten anzupassen. Ist er eher der "Schreibchef", der Entscheidungen vorzugsweise per E-Mail klärt? Kommt er gern zum Pläuschchen an den Schreibtisch? Oder schweigt er in seinem Büro vor sich hin und verkündet Wichtiges im allerletzten Moment? Ein cleverer Mitarbeiter erkennt die Vorteile dieser Cheftypen und gleicht die Nachteile diskret aus.

"So habe ich über kurz oder lang ein Stein bei ihm im Brett", sagt Susanne Reinker. Einem chaotischen Chef, der ständig seine Unterlagen und Termine vergisst, kann man beispielsweise an einen wichtigen Geschäftstermin erinnern oder wichtige Papiere in der Konferenz dezent rüberschieben. "Auf diese Weise macht man sich fachlich und menschlich unentbehrlich."

Wer mit dem Chef nicht richtig warm wird, kann über Hobbys versuchen, ins Plaudern zu kommen. Wer redet nicht gern über seine Leidenschaften? Grundsätzlich gilt: Ich muss meinen Chef nicht lieben, sollte aber loyal sein. Diese Einstellung schafft eine gesunde innere Distanz - und sorgt dafür, dass man sich nicht zu sehr von cholerischen Anfällen aus dem Büro des Vorgesetzten stressen lässt.

Bild: dpa

Small Talk, iStock

Quelle: SZ

5 / 10

5. Bei Kollegen Sympathien gewinnen

Ein kleiner Plausch kann Großes bewirken. Gerade Frauen würden sich oft in Arbeit stürzen, sagt Susanne Reinker, und dabei versäumen, sich mal für ein Gespräch in der Küche fünf Minuten lang loszureißen. Ein angenehmes Wesen präge das Image jedoch nachhaltiger als bloße Erfolgsmeldungen von Eigenbrödlern.

Chefs wollen nicht nur Zuverlässigkeit, sondern auch, dass Ruhe im Laden herrscht. "Denn die Produktivität eines Teams hängt zu einem Drittel vom Betriebsklima ab", sagt Reinker. Störenfriede fliegen daher als Erstes raus. Nach Einschätzung von Hesse und Schrader werden mehr als 90 Prozent aller Arbeitsverhältnisse nicht primär wegen fachlicher Defizite, sondern wegen Unstimmigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich gekündigt.

Das Zauberwort lautet daher: Anpassung. Darf das Fenster im Winter auf sein? Wie wird mit Raucherpausen umgegangen? Erwarten die Kollegen zum Geburtstag einen Kuchen? Weitere Kollegen-Boni: Um Rat bitten, ein ehrliches Kompliment machen und bei Kritik fair bleiben. Dies bringt den zusätzlichen Effekt: Je mehr wohlgesinnte Kollegen, desto mehr Tipps, Informationen - und Schutz vor Intrigen. "Eine gute Verankerung unter Kollegen ist der einzige Schutz gegen Mobbing", meint Reinker. "Leute, die mich mögen, werden sich nicht an Mobbingattacken beteiligen."

Bild: iStock

Anzug, iStock

Quelle: SZ

6 / 10

6. Ins Sakko oder Business-Kostüm schlüpfen

Menschen, die besser angezogen sind, trauen wir auch mehr zu. Chefs beobachten, wie sich Mitarbeiter mit der Zeit verändern - und das wird auch am Äußerlichen festgemacht. "Wer es an Kleidung und Körperhygiene mangeln lässt, zeigt dem Chef damit 'Mir ist der Job wurscht'", sagt Steffen Westermann. Vor allem Berufsanfänger sollten hier aufpassen und nach der überstandenen Probezeit nicht anfangen, schlurfig ins Büro zu kommen. Zumal es auch für das Unternehmen Schaden bringt, wenn sich ein Mitarbeiter im Kundenkontakt negativ präsentiert.

Wenn innerhalb einer Firma über einen Führungsposten entschieden wird, sollten Mitarbeiter stattdessen bereits vorher gelegentlich zeigen, dass sie auch im Sakko oder Business-Kostüm eine passable Figur machen. Gute Gelegenheiten hierfür bieten Kundentermine, Geschäftsessen oder Betriebsfeiern.

Im Gegensatz zu angelsächsischen Ländern spiele Schönheit allerdings in Deutschland weniger eine Rolle für die Karriere, sagt Westermann. "Hier zählen eher sympathisches Auftreten und eine angemessene Kleidung."

Bild: iStock

Weinen, iStock

Quelle: SZ

7 / 10

7. Gefühle im Zaum halten

Schlechte Nachrichten für Choleriker und Zartbesaitete: Temperamentsausbrüche haben im Büro nichts zu suchen. "Die Zeugen stößt das völlig vor den Kopf", sagt Susanne Reinker. Die Erinnerung an die Entgleisung bleibe lange haften - und überschatte den positiven Eindruck, den man zuvor bei Chef und Kollegen mühevoll aufgebaut hat.

Wer nun mal ein Morgenmuffel ist, sollte seine schlechte Laune offen ansprechen. Sehr nützlich ist stets der Satz: 'Heute ist nicht mein Tag.' Das könne jeder nachvollziehen, meint Reinker.

Bestechende Ehrlichkeit zeugt allerdings nicht immer von Professionalität. Wenn Tränen kommen, Schweißtropfen perlen oder Wangen vor Zorn glühen, hilft nur noch eines: Flucht. "Jetzt sollte man jede Ausrede nutzen, um sich aus der Gefahrenzone zu bringen", sagt die Jobexpertin. Denn jeder Temperamentsausbruch werde im Business als Zeichen der Schwäche empfunden. Vor allem lässt er Zeugen unsicher werden, wie sie sich demnächst verhalten sollen. Wer nicht auf ewig als Sensibelchen oder Hitzkopf verschrien sein will, sucht dann am besten das Weite. Dafür eignen sich die Toilette, die Küche oder der Gang vor die Tür. So manche Mitarbeiterin hat auf der Toilette ein Not-Schminkset versteckt, um Tränenspuren zu beseitigen.

Bild: iStock

Kündigung, iStock

Quelle: SZ

8 / 10

8. Flexibel bleiben

Genauso wichtig wie der oft erwähnte Unique-Selling-Point (USP) ist Flexibilität als Schlüsselkompetenz in der modernen Arbeitswelt. Anforderungen ändern sich. Wer sich zu stark spezialisiert, dem droht als Erstes die Kündigung, wenn sich Arbeitsplatzbeschreibungen ändern. Sei es, weil der Chef nicht mehr zum Diktat bittet, sondern den Brief selbst per Spracherkennung in den Computer diktiert, oder eine ganze Abteilung geschlossen wird, weil der Aufgabenbereich nicht mehr rentabel erscheint.

Spezialisten sollten daher besonders über Zusatzfähigkeiten nachdenken, sich zum Beispiel auch mal darauf einlassen, Sonderaufgaben zu übernehmen, etwa an abteilungsübergreifenden Projekten teilzunehmen. Ältere Mitarbeiter kommen nicht darum herum, sich über neueste Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Weiterbildung, Sprachen, Managementtechniken - dies alles sind Zusatzkompetenzen im Lebenslauf, die einen im Falle einer Entlassungswelle für das Unternehmen attraktiver machen und die Chance auf eine Versetzung erhöhen.

Bild: iStock

Besprechung, iStock

Quelle: SZ

9 / 10

9. Speziell für Jobanfänger

Um die Probezeit sicher zu überstehen, sollten Jobanfänger Folgendes beherzigen: viele Notizen machen, den Chef auf dem Laufenden halten, viele Fragen stellen und mit Fehlern vernünftig umgehen. Susanne Reinker hat als Führungskraft in der Filmbranche selbst viele Assistenten eingearbeitet und sagt: "Viele kriegen im Überschwang nicht alles mit. Da ist es weise, in der ersten Zeit nur zu beobachten statt sofort Kollegen zu kritisieren."

Am wichtigsten sei es, alle sechs bis acht Wochen beim Chef für eine Manöverkritik vorbeizuschauen. Diese sollte man von sich aus anbieten. Das zeugt nicht nur von Eigeninitiative, sondern so hat man auch Zeit, rechtzeitig gegenzusteuern, wenn sich ein falscher Eindruck einschleicht. Eine halbe Stunde solle für dieses Zwischenfeedback-Gespräch ausreichen. Was ist gut, was ist schlecht seit dem ersten Arbeitstag gelaufen? "Fragen Sie immer nach beidem - das ist gut fürs Ego", sagt Reinker.

Bild: iStock

-

Quelle: SZ

10 / 10

10. Krisenradar einrichten

Horrorschlagzeilen im Wirtschaftsteil hin oder her; Jobexperten raten, sich nicht von Ängsten verrückt machen zu lassen. Hochschulabsolventen, so belegen Studien, sind noch immer am besten davor gefeit, bei Kündigungswellen den Job zu verlieren, sagt Steffen Westermann. Am ehesten treffe es die schlechter Ausgebildeten. In Gesprächen mit Personalern deute sich zudem die Trendwende an, dass auch Mitarbeiter jenseits der 50 durch Weiterbildungen weniger entbehrlich werden.

Eines sollte jedoch klar sein: In bestimmten Branchen kann es jeden treffen - trotz Weiterbildung. Autor Jens-Uwe Meyer gibt daher den Tipp, immer auch das Große im Blick zu behalten. Wer sich ein persönliches Krisenradar einrichtet und auf schwache Signale achtet, kann frühzeitig reagieren.

Dennoch: In den USA hören Highschool-Schüler, dass sie durchschnittlich sieben bis acht Mal den Arbeitsplatz wechseln werden, erzählt Steffen Westermann. Das komme auch auf Deutschland zu. Doch wer gut gearbeitet hat, bekommt in diesem Fall auch ein gutes Zeugnis. Wer also selbstbewusst auftritt, Zusatzqualifikationen vorweisen kann und über ein gutes Netzwerk verfügt, sichert nicht nur seinen Job - sondern erhöht auch die Chancen, schnell einen neuen zu finden.

Bild: dpa (sueddeutsche.de/bön)

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: