Schweizer Elite-Internat:Drill und Disziplin

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Ausfahrten mit dem Bentley oder der Stretch-Limousine, strenge Disziplin und bei Verstößen eine Geldstrafe: Wie das Leben im Schweizer "Institut auf dem Rosenberg" funktioniert.

C. Demmer

Wie vermittelt man Kindern das Gefühl, sicher und geschützt zu sein, wenn der Papa Regierungschef ist, die Mama zum Jetset gehört und um die elterliche Villa Bodyguards patrouillieren? Wie bringt man Jugendlichen, die mit einem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen sind, Anstand und Verantwortung für Schwächere bei, wenn ihren Eltern der übliche Weg - viel Zeit und Zuwendung - versperrt ist? Weil sie nämlich rund um die Uhr damit beschäftigt sind, die goldenen Löffel zu verdienen. Wie motiviert man Kinder zu einem mustergültigen Abitur, die bereits mit zehn Jahren wissen, dass sie sich ihren Hochschulabschluss zur Not auch kaufen können?

Otto Gademann, in dritter Generation Chef des vornehmen Internats "Institut auf dem Rosenberg" im schweizerischen Sankt Gallen, wüsste viel dazu zu sagen. Aber solche Fragen stellen seine Kunden normalerweise nicht. Denn wer besuchsweise mit dem Sohn oder der Tochter in sein Zimmer tritt, weiß eigentlich schon alles, was es über den Rosenberg zu sagen gibt. Dass die hiesigen Abschlüsse von allen Universitäten der Welt akzeptiert werden und dass hier auf knapp zwei der insgesamt 360 Schüler ein Internats-Bediensteter kommt. Vielleicht haben sie sogar die umfangreiche Hausordnung gelesen: "6 Uhr 55: Wecken, Duschen, Betten zurückschlagen, Fenster öffnen." "Die Herren warten an der Mittagstafel, bis alle Damen Platz genommen haben." "Rauchen auf dem Schulgelände und private Computer sind verboten."

Die Tradition wahren

Wer sein Kind auf den Rosenberg schickt, weiß auch, dass er jeden Monat eine gepfefferte Rechnung für Unterricht, Kost und Logis erhalten wird, übers Jahr gesehen sind es 75.000 Franken. Dafür wird neben erstklassigem Unterricht und Sicherheit bis zum Nachteinschluss der Rundum-Sorglos-Service eines Fünf-Sterne-Hotels geboten. Die etwa 200 Mitarbeiter, Pädagogen, Erzieher, Sportlehrer, das Haus-, Küchen- und Verwaltungspersonal unterstehen Madame La Directrice Monika Schmid. Otto Gademann präsidiert nur noch als Vorsitzender des Verwaltungsrates. Aber sein Sohn und seine Tochter stehen bereits in den Startlöchern. Einer von beiden wird "O.G.", wie ihn die Schüler nennen, bald nachfolgen und ganz bestimmt die Tradition wahren.

Zum Beispiel bei der Erziehung. Da kennen die Gademanns kein Pardon: Wer sich daneben benimmt, wird ermahnt, gerügt, ultimativ verwarnt oder vom Internat ausgeschlossen. Oder zur Kasse gebeten. Kleinere Bußbeträge zieht die Schulleitung vom Taschengeld ab, größere stellt sie den Eltern in Rechnung. Mit 50 Franken vergleichsweise preiswert ist ein Verstoß gegen das Rauchverbot, ernsthaftere Delikte werden mit saftigeren Strafzetteln geahndet.

Angemessene Disziplin

Eine reine Geldpädagogik? "Nun ja", sagt Otto Gademann fein lächelnd, "wie sonst soll man diese Kinder und Jugendliche auf die Welt vorbereiten, in die sie eines Tages eintreten werden? Sie sind das von klein auf so gewohnt. Was meinen Sie, welchen Ärger die Schüler mit ihren Eltern bekommen, wenn die später die Strafen auf der Abrechnung entdecken. Geld diszipliniert diese Kinder viel mehr als alles andere."

Die Eltern der Zöglinge, die Kunden also, von denen viele selbst hier aufgewachsen sind, finden die vom Institut verlangte Disziplin für ihre eigenen Kinder angemessen. "Ohne konsequent eingeforderte Verhaltensregeln", betont Gademann, "ist kein Zusammenleben möglich". Er hält viel von den strategischen und philosophischen Überlegungen, wie sie der preußische General und Militärtheoretiker Carl von Clausewitz formulierte. "Eines meiner Steckenpferde", sagt er. Der Mann hat klare Vorstellungen von dem, was die Welt braucht und wie man es ihr geben könne. Immerhin ein paar tausend Menschen hat er im Geiste dieser Botschaft erzogen.

Auf der nächsten Seite: Stimmt es dass Sprösslinge reicher Oligarchen, Ölscheichs, Topmanager und der Herrscher über altes und vor allem neues Kapital hierher abgeschoben werden?

Multikulturelle Mischung

Und was ist mit dem Vorurteil, dass die Sprösslinge reicher Oligarchen, Ölscheichs, Topmanager und der Herrscher über altes und vor allem neues Kapital hierher abgeschoben würden, weil deren Eltern anderes zu tun hätten, als sich um den Nachwuchs zu kümmern? Die Antwort macht dem Juristen Gademann keine Mühe: "Der Aufenthalt in einem Internat ist für die Kinder sehr viel besser als in zu behütenden, bedrohten oder zerrütteten Elternhäusern aufzuwachsen." Weit mehr als die Hälfte der Schüler komme aus Deutschland, viele auch aus Italien, sagt der Hausherr. Ein Gang über das Gelände indes lässt eher auf eine multikulturelle Mischung osteuropäischer und asiatischer Nationen schließen: Achtjährige Jungen in Anzug und Krawatte, kichernde Teenager in Minirock und hochhackigen Schuhen, eine Lehrerin im seidenen Sari, ein Bodyguard mit Walkie-Talkie am Ohr.

Seit fast 120 Jahren sind die Bürger von St. Gallen mit dem Anblick der Rosenberg-Schüler vertraut. Man erkennt sie sofort: an der gepflegten Kleidung, an der Vorliebe für Kreditkarten und am mehrheitlich guten Benehmen. Denn auch das wird auf dem Rosenberg mit geldwerten Vorteilen sanktioniert. Für gute schulische Leistungen und Wohlverhalten öffnet sich der institutseigene Fuhrpark: Ausfahrten mit dem Bentley oder der Stretch-Limousine stehen bei den Schülern in hoher Gunst.

Aber wie lange hält der pädagogische Einfluss nach vollbrachter Reifeprüfung bei den Jugendlichen vor? Gademann schüttelt den Kopf: "Etwa fiftyfifty. Die einen behalten es ihr Leben lang, die anderen nicht." Es geht den Zöglingen also wie den Eltern: Manch einer mehrt das Familienvermögen, manch einer behält es nicht. Wessen Erzeuger einen Konkurs hinlegt, der verabschiedet sich still und unauffällig vom Rosenberg. Schließlich untersagt die Hausordnung die "Zurschaustellung persönlicher Gefühle".

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