Schulreform in Großbritannien:Strenge Lehrer bevorzugt

"Der wichtigste Wert, den wir in die Klassen zurückbringen müssen, ist Strenge": Großbritanniens Premier David Cameron fordert mehr Disziplin in britischen Schulen - auch physische Maßregelungen durch Lehrer sollen möglich sein.

Christian Zaschke

Mit einer Grundsatzrede hat der britische Premier David Cameron am Freitag eine Schulreform eingeleitet. Cameron sprach in der Norwich Free School, einer von 24 sogenannten free schools, die in diesem Monat eröffnet werden. Diese Schulen werden vom Steuerzahler finanziert, aber privat geleitet. Sie sind heftig umstritten.

Schulreform Großbritannien David Cameron

An den neuen britischen free schools soll mehr Disziplin herrschen. Das fordert Premierminister David Cameron.

(Foto: REUTERS)

Die freien Schulen sind eines der bildungspolitischen Hauptanliegen der konservativ-liberalen Regierung. Bisher gab es staatliche, kirchliche und private Schulen. Staatliche Schulen nehmen nur Schüler aus der unmittelbaren Umgebung auf, kirchliche verlangen ein religiöses Bekenntnis, private sind sehr teuer.

Die neue Schulform geht auf ein schwedisches Vorbild zurück. Die Schulen können von Eltern und Lehrern aber auch von religiösen oder privaten Organisationen gegründet werden. Diese bestimmen den Lehrplan und suchen die Belegschaft aus. Sie dürfen jedoch keine Schüler ablehnen, es gilt wie bei staatlichen Schulen die Nachbarschaftsregel.

Umstritten sind die freien Schulen bei der Lehrergewerkschaft und der politischen Linken. Hauptsorge ist, dass sie lediglich der weißen Mittelschicht dienen und zudem Geld benötigen, das dann den bestehenden Schulen fehlt. Cameron hingegen sieht in ihnen die Lösung der britischen Bildungsmisere. Eine Studie des Weltwirtschaftsforums hat britische Schulen weltweit auf Rang 43 eingestuft; in der Einzelwertung für Mathematik und Naturwissenschaften liegt das Land hinter Albanien.

"Für die Zukunft der Wirtschaft und unserer Gesellschaft brauchen wir erstklassige Erziehung und Bildung", sagte Cameron in Norwich. "Seit Jahren sind wir in Debatten verstrickt, wie das zu erreichen ist. Standards oder Strukturen? Lernen durch Wiederholung oder durch Spiel? Elitismus oder eine Form, in der alle gewinnen?" Cameron führte aus: "Der wichtigste Wert, den wir in die Klassen zurückbringen müssen, ist Strenge."

Den 24 neuen Schulen werden viele folgen. Derzeit liegen landesweit 300 Anträge vor. Nach Camerons Willen werden die freien Schulen auf konservative Werte setzen. "Es ist klar, was funktioniert: Disziplin funktioniert. Strenge funktioniert. Freiheit für Schulen funktioniert." Diese Werte seien nötig, um eine "zerrissene Gesellschaft" zu heilen. Damit spielte Cameron auf die Unruhen an, die das Land im vergangenen Monat erschütterten.

Seine Vorstellungen von Disziplin und Strenge gehen weit. So sagte er, dass Lehrer das Recht haben müssen, Schüler auch physisch zu maßregeln. Gegner der freien Schulen finden sich auch in der Regierung. Verschiedene Mitglieder der Liberal Democrats befürchten, die Schulen werden eben doch elitär sein und die Gesellschaft eher trennen als zusammenführen. Cameron hielt dem entgegen: "Wir müssen ehrgeizig sein, wenn wir mit der Welt mithalten wollen."

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