Auch so mancher in der Regierungskoalition ärgert sich beim Gedanken an den saarländischen Sonderweg. Fünf Jahre, das ist ein politischer Kompromiss, den die Grünen nach der Wahl aushandelten. Sie konnten damals fast alle ihre Ideen im Koalitionsvertrag unterbringen, schließlich hatten sie als einzige Partei zwei Regierungsbündnisse zur Auswahl. CDU und FDP sind ihnen weit entgegengekommen. Nun hoffen konservative Abgeordnete offenbar insgeheim, dass die Reform scheitert. Denn um das Schulsystem zu ändern, ist im Saarland eine Änderung der Verfassung nötig, und das geht nur mit Hilfe der Opposition. In der SPD erzählt man sich vergnügt, wie manch Parlamentarier aus dem Regierungslager nun auf den Fluren angeblich bittet: "Ihr werdet so einem Quatsch doch wohl nicht zustimmen?"
Der saarländische Sonderweg in der Schulpolitik hat viele Gegner.
(Foto: dpa)Das mag man glauben oder nicht, Ministerpräsident Müller jedenfalls sagt, er vertraue auf "die Kraft der Argumente". In vielen Gesprächen will die Regierung "die Menschen mitnehmen", sowohl die skeptischen Eltern und Lehrer, wie auch die eigenen Anhänger. "Einfach wird das nicht", sagt ein einflussreiches CDU-Mitglied. Schließlich handele es sich bei der Schulrefom um ein sehr emotionales Thema, mit einigen Verletzungen aus der Vergangenheit. Nicht jeder in der CDU hat dem heutigen Bildungsminster Kessler schon vergessen, dass er bis vor kurzem als Chef der Gewerkschaft GEW noch hart gegen die Schulpolitik der Christdemokraten auftrat.
Der Grünen-Mann muss sich nun daran gewöhnen, dass jedes seiner Worte und jede seiner Gesten penibel registriert werden. Manche halten ihm mangelhafte Kommunikation vor, was er lebhaft abstreitet. Für ihn ist die Reform ein Lebenswerk, die einmalige Chance, nicht mehr nur Konzepte zu schreiben, sondern sie umzusetzen.
Schon im nächsten Schuljahr soll an 20 Grundschulen und 60 Kindergärten oder Kitas das gemeinsame "Kooperationsjahr" starten. Bis zum fünften Grundschuljahr wird es zwei Jahre länger dauern - vorausgesetzt, die Verfassungsänderung gelingt. Trotz aller Kritik will sich die SPD Gesprächen nicht verschließen. Sie stellt der Regierung sogar einen "Schulfrieden" in Aussicht: eine gemeinsame Reform, nach der dann viele Jahre Ruhe herrschen soll.