Schule:Koran nach Lehrplan

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Späte Pionierarbeit: In Erlangen sammeln Schulen erste Erfahrungen mit Islamunterricht.

Roland Preuß

Beim Thema Dschihad sei den bayerischen Ministerialen nicht wohl gewesen, sagt Remzi Güneysu. Das islamische Prinzip der Glaubenverbreitung, das gerne als "heiliger Krieg" übersetzt wird, wollte das Kultusministerium nicht im Unterricht behandelt haben. Damit kann Güneysu gut leben: Er ist kein Gotteskrieger, sondern der Vorsitzende der Islamischen Religionsgemeinschaft Erlangen (IRE), der als integrationsfreundlich gilt. "Das Kultusministerium mischt sich sonst nicht ein - besser geht's nicht", sagt er.

Güneysus Verein hat einen Modellversuch mit angestoßen, bei dem etwa 70 Schüler in einer Grundschule und einer Hauptschule in Erlangen Islamunterricht erhalten - auf Deutsch und mit staatlich geprüftem Lehrplan. Der Unterricht vermittle den Jugendlichen das Gefühl, jetzt auch dazuzugehören, sagt Professor Harry Behr von der Universität Erlangen-Nürnberg, der das Projekt zusammen mit Güneysu geplant hat. Zudem soll nach Vorstellung des Staates möglichen Hetzreden und steinzeitlichen Lesarten des Koran in Hinterhofschulen die Lehre universitär ausgebildeter Lehrer entgegengestellt werden. Kurz gesagt: Die Muslime sollen besser integriert werden. Die Religion bietet sich schon deshalb an, weil Studien zufolge der Islam unter den Einwanderern mehr Zuspruch findet.

Falsche Gerüchte, gute Erfahrungen

Angesichts von 101.000 muslimischen Schülern in Bayern mutet das Erlanger Modell winzig an - doch es wächst. Vor kurzem haben sich auch in Nürnberg 20 Eltern zusammengefunden und den Islamunterricht beim Kultusminister beantragt. Etwa 60 Schüler der 7. bis 9. Klassen werden an der Geschwister-Scholl-Realschule voraussichtlich von September an ebenfalls den Koran im Unterricht durchnehmen. Wo der Unterricht angeboten werde, nähmen fast alle Muslime daran teil, sagt Günysu. Allerdings gäbe es Reibereien mit dem türkischen Religionsamt, das selbst eine Religionskunde an bayerischen Schulen anbietet. Aus deren Kreisen werde das falsche Gerücht gestreut, die Muslime sollten so germanisiert werden, sagt Güneysu.

Bisher kommt der Unterricht auch bei den Schulen gut an. "Wir haben keinerlei schlechte Erfahrung gemacht", sagt Lenz Winkelmann, Vizedirektor an der Eichendorff-Hauptschule in Erlangen, wo der Modellversuch seit September läuft.

Winkelmann dämpft aber auch die Erwartungen an den Islamunterricht. So sei der Islamlehrer zu selten da, um die gewünschte Brückenfunktion zwischen den muslimischen und den übrigen Schülern einzunehmen. Das Kultusministerium zeigt sich zufrieden. "Es gibt im Detail aber auch Kritik", sagt der Sprecher. Deshalb will sein Haus nächstes Schuljahr die Modellversuche überprüfen und erst dann über eine Ausweitung entscheiden. In Nürnberg haben schon weitere Eltern Interesse bekundet: an zwei Realschulen und einem Gymnasium.

© SZ vom 29.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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