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Scherze unter Kollegen:Warum mit Humor im Büro nicht zu spaßen ist

Humor im Büro kann für gute Stimmung sorgen - kann aber anstrengend sein. Mitarbeiter, die ständig Witze reißen, verscherzen es sich leicht mit den Kollegen - und manche Witze verkneifen sie sich am besten von Anfang an.

"Wer lacht, hat noch Reserven." Jedes Mal, wenn der Chef diesen Witz reißt, dürften die meisten Mitarbeiter nur noch müde lächeln. Denn was beim ersten Mal noch lustig war, nervt irgendwann nur noch. Doch von mäßigen Boss-Witzen abgesehen - Humor im Büro kann auch funktionieren. Im besten Fall fördert er die Kreativität im Team, baut Stress ab und löst angespannte Situationen auf.

Humor funktioniert in erster Linie über Perspektivwechsel, sagt Katrin Hansmeier vom Deutschen Institut für Humor. Dinge einmal anders tun als gewohnt, unlogisch denken und damit überraschen - das bringt uns zum Lachen. Gelingt das, kann es ein Team durchaus inspirieren. Und noch mehr: Wer miteinander lachen kann, der harmoniert.

Doch nicht jeder Witz kommt gleich gut an. Humor im Job sollte immer empathisch eingesetzt werden, sagt Hansmaier. Eine Grundregel sei: "Lasse dein Gegenüber gut dastehen." Wenn ein guter Draht besteht, könne auch mal eine Situation oder ein Verhalten des Kollegen liebevoll überhöht werden. Manche finden es etwa lustig, den anderen dann als "Held der Arbeit" oder "mein Ritter" zu bezeichnen. "Wenn ich auf einer Wellenlänge mit meinem Gegenüber bin, funktioniert das wunderbar."

Die Gefahr, dass Humor überhaupt nicht funktioniert, bestehe dagegen bei Sprüchen oder Zoten. Das gilt zumindest, wenn sich die Kollegen noch nicht gut kennen. Dann sollten Mitarbeiter genau überlegen, was der andere mag und was ihn zum Lachen bringt. Im Zweifel sei es dabei besser, sich auf die Zunge zu beißen, sagt Karriereberater René Gabriel. Denn sonst sei im Büro schnell dicke Luft.

Späße über persönliche Merkmale der Kollegen wie rote Haare oder Übergewicht gehen gar nicht. Denn Büro-Fieslinge wie der Serienstar Stromberg seien zwar im Fernsehen lustig, sagt Gabriel. In der Realität kann es jedoch die Hölle sein, mit solchen Sprücheklopfern zu arbeiten.

Mit abwertenden Sprüchen landen Berufstätige schnell im Fettnapf, glaubt auch Humor-Expertin Hansmeier. Sie empfiehlt, mit Sarkasmus, Spott und Zynismus sparsam umzugehen. Völlig tabu sind Anzüglichkeiten, warnt Humorcoach Margit Hertlein. Bei Scherzen sollte immer spürbar sein, dass der Humor von einer freundlichen Grundhaltung getragen ist und nicht unter die Gürtellinie geht, sagt Werner Schienle von CCC Creative Communication Consult in Stuttgart.

Soweit also die Theorie: Doch was macht ein Mitarbeiter, wenn der Kollege sich zum wiederholten Mal über ihn lustig macht? Am besten ist es, den Büronachbarn darauf hinzuweisen, sagt Schienle. Denn wer schweigt, laufe Gefahr, bald wieder zur Zielscheibe des Spotts zu werden. Und wenn man sich selbst einen Spruch lieber einmal verkniffen hätte? Dann sei es am besten, sich kurz beim Gegenüber zu entschuldigen.

Ansonsten gilt: Im Geschäftsalltag ist es oft besser, von Zeit zu Zeit lieber auf einen Witz zu verzichten. "Lustige Bilder in wichtigen Präsentationen wirken im Zweifel eher unseriös", sagt Margit Hertlein. Spaß-Emails seien zwar nett gemeint, aber oft ein Zeitkiller und nervig für den Arbeitsablauf. Dasselbe gilt Gabriel zufolge für Email-Links auf lustige Videos im Web. Klingt total nach Spaßbremse und langweiligem Alltag? Bei Humor kommt es eben vor allem auf den Kontext an.

Das gilt etwa für den Spruch "Hast du heute einen halben Tag Urlaub?", wenn jemand unter der Woche einmal früher in den Feierabend geht. Dem einen friert die Miene ein und er ist beleidigt, weil er es als Kritik oder indirekten Hinweis für Faulheit versteht, sagt Schienle. Der andere fängt an zu lachen und winkt den Kollegen zum Abschied fröhlich zu. Derselbe Scherz kommt eben bei unterschiedlichen Personen völlig anders an.

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