Serie "Arbeiten nach Corona":Pepper, übernehmen Sie!

Lesezeit: 2 Min.

Der humanoide Roboter mit dem Namen "Pepper" steht in einem Supermarkt in Ahrensburg vor den Kassen. (Foto: dpa)

Ob im Pflegeheim, im Krankenhaus oder im Supermarkt: Roboter halten Distanz und stecken niemanden an. Die Hersteller hoffen auf den großen Durchbruch. Aber erst einmal hat die Krise auch sie voll erwischt.

Von Viktoria Spinrad, München

Es ist die Zeit des Lockdowns. In Tunesien geht eine Frau eine verwaiste Einkaufsstraße hinab, die Ladengitter sind heruntergezogen. Doch ganz allein ist sie nicht. Ein gepanzerter Wagen, etwa halb so groß wie sie, dreht sich nach ihr um. "He, Madame!", schallt es aus dem Roboter, der nun die Frau mit einer Art Fernglas ins Visier nimmt. Die Frau bleibt erschrocken stehen, der Roboter rollt auf sie zu. Aus ihm dringt die Stimme eines Sicherheitsbeamten aus dem Einsatzzentrum - Straßenkontrolle aus der Distanz: Ob sie eine Erlaubnis habe, unterwegs zu sein? Die Frau kramt in ihrer Tasche, hält ein Papier in die Kamera - und darf wieder ihres Weges gehen.

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Auf Youtube findet man Videos des Roboters aus Tunesien. Und dieser ist nur eines von unzähligen Beispielen der vergangenen Monate. Eine dänische Firma produziert Desinfektionsroboter, die mittlerweile vor allem in chinesischen Krankenhäusern im Einsatz sind. In Seniorenheimen schaltet ein Roboter namens James die isolierten Bewohner mit ihren Liebsten digital zusammen, auch in einer Einrichtung in Unterfranken ist er im Einsatz. Oder etwa Pepper, ein 1,20 Meter großer Roboter, der die Kunden in einem schleswig-holsteinischen Supermarkt auf die Abstandsregeln hinweist. So mancher Hersteller berichtet von einer nie dagewesenen Nachfrage; bei UVD Robots, dem Produzenten der Desinfektionsroboter, hat sie sich nach eigenen Angaben mehr als verdoppelt. Übernehmen nun die Maschinen?

Tatsächlich sind die vergangenen Monate für viele Hersteller zunächst einmal ein Dämpfer gewesen. Die Autoindustrie als traditionell größter Kunde musste zurückfahren. Und weil in der Krise viele Zulieferer ausfielen, konnten die Tüftler oft nicht so bauen, wie sie es gern getan hätten. Für 2020 rechnet der VDMA, der Branchenverband der deutschen Maschinenbauer, mit einem Umsatzrückgang von mindestens 20 Prozent im Bereich Robotik und Automation. Und doch sieht man sich dank der öffentlichkeitswirksamen Robotereinsätze in Krankenhäusern und Supermärkten langfristig im Aufwind. Social Distancing als Treiber der Automatisierung - darauf setzt man in der Szene.

Zum Beispiel in Berlin. "Viele Firmen erkennen jetzt den Handlungsbedarf", sagt Thomas Staufenbiel von Gestalt Robotics, einer Firma, die Maschinen für die Industrieautomatisierung herstellt. Ähnlich sieht es Oliver Stahl vom Münchner Start-up Robotise. Der Bedarf an ansteckungsfreier Assistenz "beflügelt uns schon", so Stahl. Dessen prämierter Roboter Jeeves war bisher als rollende Minibar in Hotels unterwegs. Nun cruist Jeeves durch die Quarantänestationen in fünf Krankenhäusern, unter anderem in München, und bringt Infusionen und Fertigspritzen von A nach B.

VDMA-Geschäftsführer Patrick Schwarzkopf sieht in der Automatisierung auch eine Chance für Firmen, ihre Herstellung unabhängiger vom Weltgeschehen zu machen. "Die Krise könnte langfristig auch zu einer lokaleren Produktion führen", sagt er - Roboter vor Ort statt Zulieferer aus aller Welt sozusagen. Doch während Roboter in Asien der letzte Schrei sind, blickt man hierzulande oft mit Skepsis auf automatisierte Greifarme in Fabriken. Wird der Mensch überflüssig? Schwarzkopf glaubt das nicht: "Was für den Menschen schwer ist, ist für den Roboter leicht - und umgekehrt."

© SZ vom 21.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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