Rhetorik im Beruf:Quatschen, quatschen - und Karriere machen

Hauptsache, es hört sich gut an: Wenn es darum geht, den Chef mit Worten zu umgarnen, liegen Männer klar im Vorteil. Sie können Smalltalk.

Maria Holzmüller

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, der erste Eindruck mehr als zwei Stunden Vortrag? Vor Präsentationen im Job oder wichtigen Verhandlungen mit dem Chef sorgen wir uns regelmäßig um unser Auftreten, studieren Ratgeber der Körpersprache - und vergessen mitunter, dass am Ende doch der Inhalt zählt. Genau das bestätigte der Wissenschaftler Marcus Maurer vom Institut für Publizistik der Universität Mainz unlängst in einem Experiment.

Rhetorik Erfolg Buchstabensupper

Wer um jeden einzelnen Buchstaben ringt, schadet damit mitunter seiner Karriere. Rhetorikkünste sind oft wichtiger als angenommen.

(Foto: Foto: iStock)

30 optische Sekunden

Maurer zeigte drei Gruppen von Probanden jeweils eine Fernsehdiskussion zwischen Lokalpolitikern. Einmal nur das Bild, einmal nur der Ton und ein drittes Mal Bild und Ton.

Das Ergebnis: Verbale Informationen beeinflussten das Meinungsbild der Zuschauer stärker als visuelle. Die Politiker mit den solideren Argumenten überzeugten weit mehr als ihre Gegner - außer natürlich in dem Fall, in dem nur das Bild gezeigt wurde. Auffallend bei den Zuschauern, die sowohl Bild und Ton hatten: Lediglich die ersten 30 Sekunden waren von optischen Eindrücken bestimmt, danach überwog das gesprochene Wort.

Trotz dieses Ergebnisses kommt es bei Präsentationen und Gesprächen nicht nur auf den Inhalt an, sondern darauf, wie dieser vermittelt wird. Wie erfolgreich wir im Beruf sind, hängt auch von unserer Rhetorik ab, sagt Rhetorik-Trainierin Cornelia Topf aus Augsburg. "Wer seine Gehaltsforderungen gut formulieren kann und die Kunst des Smalltalks beherrscht, ist klar im Vorteil."

Denkstil beeinflusst Sprachstil

Zugute kommt das vor allem Männern. "Sie drücken sich klarer, deutlicher und auch aggressiver aus als Frauen", sagt Topf. Die gleiche Beobachtung macht auch Professor Helmut Ebert, Kommunikationstrainer an der Akademie für Management-Kommunikation und Redenschreiben (AMAKOR) in Bonn. "Hier beeinflusst der Denkstil den Sprachstil. Männer sind generell eher instrumentell, Frauen eher sozial, sie nehmen mehr Rücksicht auf ihre Zuhörer."

Geht es darum, im Unternehmen aufzusteigen, ziehen Frauen nicht zuletzt aufgrund ihrer Sprache oftmals den Kürzeren. "Frauen sind in ihrer Ausdrucksweise sehr viel bescheidener. Das Problem ist, dass Männer diese Bescheidenheit oftmals als Akt der Unterwerfung interpretieren", sagt Ebert. Beobachten Frauen, dass ihre Ausdrucksweise wiederholt falsch ausgelegt wird, sollten sie an ihrer Rhetorik arbeiten, rät er.

Frauen sind zu vorsichtig

Das fordert auch Rhetorik-Trainerin Topf, die in speziellen Seminaren und in ihrem Ratgeber "Rhetorik für Frauen" typische weibliche Rhetorik-Fehler ausmerzen möchte. "Mit 'ich hätte eigentlich gerne' kommen Frauen nicht weiter, sie machen sich oft selbst kleiner als sie sind, äußern sich zu vorsichtig und werden deshalb auch anders wahrgenommen", sagt sie.

Diese Erfahrung bestätigt Kommunikationsforscher Ebert. "Es kommt vor, dass eine Frau im Meeting einen Vorschlag macht, der dann untergeht. Eine Woche später übernimmt ein männlicher Kollege den gleichen Vorschlag - bei ihm wird er sofort aufgegriffen."

"Morgenstund hat Blei im Arsch"

Frauen, die Karriere machen wollen, sollten demnach lernen, sich klarer auszudrücken, wie Topf rät. "Sie dürfen keine Angst haben, zu dominant zu klingen, man muss auch mal Gesprächspartner unterbrechen, wenn man seine Ziele erreichen will", sagt sie.

Krampfhafte Witze funktionieren nicht

Doch trotz aller guten Ratschläge, verbiegen sollte sich niemand. "Um wirklich gut auf die Zuhörer zu wirken, muss man sich selbst treu bleiben. Wer eher der trockene Typ ist, sollte nicht krampfhaft versuchen, einen Witz nach dem anderen zu reißen. Es muss noch immer natürlich wirken", rät Kommunikationsforscher Ebert. Auch Rhetorik-Trainerin Topf rät davon ab, sich zu sehr unter Druck zu setzen. "Es hilft schon, sich zu beobachten und schrittweise Änderungen anzustreben. Hin und wieder vor dem Spiegel üben und sich Rückmeldungen von Kollegen holen. Und bei allem Ehrgeiz, immer humorvoll mit sich selbst umgehen."

Aber die weibliche Art zu kommunizieren hat auch ihre positiven Seiten, wie Topf betont. "Frauen haben in der Regel einen größeren Wortschatz, sie sind empathischer, können sich besser auf ihre Hörerschaft einstellen und an den Vorredner anknüpfen und haben keine Angst, auch mal Fragen zu stellen. Das sind Dinge, die Männer oftmals lernen müssen."

"Einfallslose Präsenz"

Denn wer mit seiner Sprache Erfolge will, muss sich auf das jeweilige Publikum einlassen. Es gehe darum, Sachverhalte einfach zu erklären und sich nicht in einem Expertentum zu verlieren. "Oft vergessen Redner neben allen floskelhaften Fremdwörtern, die vermeintlich Kompetenz vermitteln sollen, auch Aspekte der eigenen Persönlichkeit einfließen zu lassen. Genau das vermissen die Zuhörer dann oft", beobachtet Ebert.

Alleine durch "einfallslose Präsenz", wie er es nennt, überzeugt niemand. "Rhetorik wirkt auf drei Ebenen", erklärt Ebert. "Zuerst gestaltet sie die Beziehung zu den Zuhörern, sie muss Respekt ausdrücken. Danach kommt die Darlegung der Sachverhalte. Die müssen klar und präzise auf den Punkt gebracht werden, am besten in wenigen Kernsätzen. Und Rhetorik muss die eigene Persönlichkeit widerspiegeln."

Erfrischende Verblüffung beim Chef

Eine Prise Humor ist immer hilfreich. Und egal wie zurückhaltend man im Büro auch ist, Rhetorik-Trainerin Topf ist davon überzeugt, dass jeder schlagfertig sein kann. "Es geht gar nicht daraum, möglichst auf alles eine originelle Antwort zu haben. Meistens reichen ein paar Standardsätze, um den Gesprächspartner aus dem Konzept zu bringen. Die kann man sogar auswendig lernen. Morgenstund hat Blei im Arsch beispielsweise oder Wenn dir das Wasser bis zum Hals steht, dann lass den Kopf nicht hängen. Richtig eingesetzt sorgen diese Sätze für erfrischende Verblüffung."

Und Verblüffung sorgt für Aufmerksamkeit - auch beim Chef.

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